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Zündende Idee

Über 30 Prozent aller Industriebrände führen zu Sachschäden. Dennoch verzichten viele Unternehmen auf geeignete, präventive Sicherheitsmaßnahmen. Mit Wärmebildkameras ausgestattete Brandfrüherkennungssysteme, die Gefahrensituationen rechtzeitig erkennen und automatisiert Gegenmaßnahmen einleiten, schützen sowohl Material als auch Mensch.

Anlagen und Prozesse beispielsweise in der Stahlindustrie müssen rund um die Uhr überwacht werden.
Anlagen und Prozesse beispielsweise in der Stahlindustrie müssen rund um die Uhr überwacht werden.

Ein bekanntes Sprichwort lautet: „Feuer fängt mit Funken an“. Für den industriellen Brandschutz ist dies aber noch nicht weit genug gedacht, denn hier fängt das Brandszenario bereits mit kleinsten Temperaturanstiegen an. Deshalb entwickeln Anbieter industrieller Video- und Sicherheitssysteme Wärmebildsysteme für die Überwachung und Früherkennung von Gefahren durch Feuer. Der Brandschutz mit Hilfe von Wärmebildkameras ist eine der wichtigsten Maßnahmen, um irreparable Schäden zu verhindern. Dabei werden Anlagen und Prozesse in der Industrie, die mit hochentzündlichen Materialien und in hohen Temperaturbereichen agieren, wie in der Öl- und Gasproduktion, in der Stahlindustrie, in Chemieanlagen oder Müllbunkern, rund um die Uhr beobachtet. Infrarotkameras können dabei bereits kleinste Temperaturverschiebungen und damit potentielle Risiken aufzeigen, vorbeugen und so Sicherheit wiederherstellen.

Anspruchsvolle Arbeitsorte

Aber wie funktionieren Kameras, die Wärme erkennen und so besser zur Prävention geeignet sind, als das menschliche Auge? Sämtliche Materialien, die wärmer als der absolute Nullpunkt (0 Kelvin oder -273°C) sind, geben eine Wärmestrahlung ab. Diese „Infrarotstrahlung“ hat gegenüber dem sichtbaren Licht eine größere Wellenlänge von fünf bis zehn Mikrometer, so dass auch Rauch oder Nebel besser durchdrungen werden können. Herkömmliche Kamerasysteme und das menschliche Auge können in solchen Umgebungen nahezu nichts mehr erkennen. Die Sensoren einer kalibrierten Wärmebildkamera absorbieren die Wärmestrahlung, die wiederum eine Änderung des elektrischen Widerstands, der Spannung und der Stromstärke erwirkt.

So werden Temperaturunterschiede für jeden einzelnen Pixel auf dem Sensor erkannt und für das menschliche Auge aufbereitet. Zusätzlich bestehen die Objektivlinsen der Kamera aus Germanium, das die Wärmestrahlung komplett passieren lässt. Je nach Einsatzgebiet sind die Kameras mit unterschiedlichen räumlichen und thermischen Auflösungen, Spektral- und Temperaturbereichen sowie verschiedenen Gehäusevarianten ausgestattet. Mittels Ethernet-Schnittstelle können die Infrarotkameras dann in bestehende Netzwerke mit Analyse- und Videomanagementsoftware integriert werden, die das System kontrollieren und die Daten auswerten.

Zugrunde liegen dabei ausgefeilte Algorithmen, die auffällige Anstiege und hohe Temperaturen aufspüren. So werden Alarmsignale ausgelöst und Gegenmaßnahmen eingeleitet, bevor das Feuer ausbrechen kann. Konventionelle Feueralarme, Rauchmelder oder andere optische Sensoren, die erst Alarm schlagen, wenn es zu spät ist, können eine Sicherheitsgesamtlösung mit Wärmebildkameras – insbesondere in sensiblen Bereichen – somit nicht ersetzen

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Einsatz in der Stahlindustrie

Bei hohen Umgebungstemperaturen, in der Stahlindustrie von bis zu 2.000 Grad Celsius, befinden sich die im Brandschutzsystem genutzten Kameras in einem Schutzgehäuse mit Luftspülung, Wasserkühlung und Schutzfenster. Weitere Sicherheit vor Hitze, Schmutz und Staub schaffen Sonderbeschichtungen wie Edelstahl, Titan oder andere Speziallegierungen. Zum Einsatz kommt die hoch entwickelte Technik, wie der Ladle Check der Moog Pieper GmbH, zum Beispiel bei der Überwachung von Gießpfannen, um vorbeugend den Ausbruch flüssigen Stahls zu verhindern, der hohe Kosten durch Reparaturen, Einnahmeausfälle, Produktionsverzögerungen sowie die komplette Zerstörung von Ausrüstungen verursachen kann.

Zudem besteht hohe Verletzungsgefahr bis hin zum Todesfallrisiko für Mitarbeiter. Um dem entgegenzuwirken, wird der Zustand der Feuerfestauskleidung, der sich bei jedem Kontakt mit flüssigem Metall verschlechtert, mit Hilfe eines Wärmebildsystems überwacht und ausgewertet. So werden rechtzeitig verstärkte Abnutzungen erkannt und die Lebensdauer der Auskleidung maximiert. Vier bis fünf Kameras überwachen dabei vollautomatisch und ununterbrochen die Temperaturverteilung auf der Außenfläche der Gießpfannen während des laufenden Betriebs. Im Anschluss an die Messung werden die thermischen Daten analysiert und dem Kranführer übermittelt, der sich während der Messung wie gewohnt auf seine Arbeit konzentrieren kann. Auf der Grundlage gespeicherter Daten früherer Messungen wird die Temperatur zur Betriebsdauer der Gießpfanne in Beziehung gesetzt.

So weist ein plötzlicher Anstieg im Temperaturverlauf auf eine potenzielle Störung der Feuerfestauskleidung und löst Alarm aus. Der Schweregrad eines möglichen Problems wird durch Alarmfarben an den Stellen vorzeitiger Abnutzung sofort erkannt und gespeichert, so dass Langzeitanalysen durchgeführt und Instandhaltungsmaßnahmen aufgrund von Verschleißerscheinungen präzise geplant werden können. Neben der Sicherheit für Personal und Produktion kommt es durch eine zuverlässige Einschätzung der verbleibenden Lebensdauer der Feuerfestauskleidung zudem zu einer Senkung der Produktionskosten.

Brandfrüherkennung in der Mülllagerung

Bei Bränden in Müllbunkern sind die entstehenden Kosten und damit riesige finanzielle Einbußen für das Unternehmen nicht das einzige Problem. Durch Selbstentzündung kommt es bei den großen Mengen brennbaren Materials und extremer Rauchentwicklung zu hohem Personal- und Materialaufwand bei den Löscharbeiten. Diese können sich über Tage, Wochen oder sogar Monate hinziehen. Wurde das Brandgut nicht auseinandergezogen und nachhaltig gelöscht, ist nicht klar, ob weiterhin Schwelbrände im Inneren der Müllberge bestehen. So können erneut Brände und damit zusätzlich langfristige Umweltverschmutzungen entstehen. Vorsorge und Schutz leisten auch hier, wie in der Stahlindustrie, Brandfrüherkennungssysteme durch Wärmebildkameras.

Die Anzahl der Überwachungskameras richtet sich dabei nach der Größe des Bunkers. Eingesetzt werden visuelle Kameras mit optischer Zoomfunktion sowie Thermalkameras zur Brandfrüherkennung, die die komplette Bunkeroberfläche rund um die Uhr im Auge behalten. Aufgrund der oftmals staubigen Umgebung müssen Luftvorhalterungen an den Gehäusen sowie Scheibenwischersysteme installiert werden. Eine exakte Kalibrierung der Thermalkameras lässt die genaue Auswertung und Anzeige der Realtemperaturen zu. Zuvor definierte Schwellwertüberschreitungen in der Temperatur werden dann von einer Software erkannt, die einen Alarm und vorher definierte Gegenmaßnahmen, wie Voralarme für die Bediener oder Aktivierung der Löschkanonen, automatisiert auslöst.

Andreas Fieberg, Gebietsleiter Süd/A/CH / Leiter Marketing der Moog Pieper GmbH

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