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Arbeitsschutz 4. Januar 2024

Bedrohungsmanagement bewahrt vor Eskalation

Mit einem Bedrohungsmanagement lassen sich potenziell gefährliche Situationen rechtzeitig aufdecken, bevor es zu einer physischen Eskalation kommt.

Die physische Eskalation ist mittlerweile leider ein alltägliches Problem in vielen Berufsgruppen geworden. Ein individuelles Bedrohungsmanagement schützt Mitarbeiter. https://www.protector.de/gewalt-am-arbeitsplatz-eine-herausforderung
Die physische Eskalation ist mittlerweile leider ein alltägliches Problem in vielen Berufsgruppen geworden. Ein individuelles Bedrohungsmanagement schützt Mitarbeiter. https://www.protector.de/gewalt-am-arbeitsplatz-eine-herausforderung

Gewalt am Arbeitsplatz, die physische Eskalation, ist mittlerweile leider ein alltägliches Problem geworden. Studien haben ergeben, dass in der Wirtschaft bis zu einem Drittel aller Arbeitnehmer bereits einmal Ziel von bedrohlichem Verhalten am Arbeitsplatz geworden sind. Und auch im Öffentlichen Dienst ist die Zahl an Übergriffen auf Angestellte im Gesundheitswesen, in der Verwaltung sowie Rettungs- und Polizeikräfte in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Bestimmte Arbeitsplätze und Berufe sind zudem mit einem höheren Risiko behaftet, Gewalt zu erfahren, als andere. Zu diesen zählen unter anderem solche mit Umgang mit Waren, Bargeld und Wertsachen, Einzelarbeitsplätze, Alleinarbeit und Hausbesuche, der Kontakt zu Kunden oder Patienten, die ein Krankheitsbild aufweisen, das mit Aggressionen einhergeht, Kontakt zu Menschen die unter Einfluss von Alkohol oder Drogen stehen, sowie schlecht organisierte Unternehmen, Behörden und Organisationen. Die Auswirkungen auf die Arbeitsleistung Betroffener können mitunter gravierend sein: psychische Probleme, Leistungsabfall und daraus resultierende Krankmeldungen.

Eskalationen vermeiden

Die Eskalation einer Lage bis hin zur Androhung oder Ausübung physischer (oder auch psychischer) Gewalt geschieht allerdings nicht im luftleeren Raum. In den allermeisten Fällen entwickeln sich solche Situationen über einen Zeitraum hinweg und ließen sich – bei rechtzeitigem Erkennen – frühzeitig entschärfen. Doch damit eben dieses Erkennen möglich ist, muss es einen Prozess geben, der Mitarbeiter und Führungskräfte einbindet und dieses Problem angeht. Denn viel zu oft werden niedrigstufe Eskalationen nicht gemeldet oder ihnen wird nicht ausreichend von Vorgesetzten Gehör geschenkt. Das Bedrohungsmanagement setzt hier an, um Unternehmen, Organisationen und Behörden Instrumente an die Hand zu geben, präventiv zu handeln, bevor es zur Gewalt kommt.

Bedrohungsmanagement als Arbeitsplatzfürsorge

Da der Arbeitgeber eine gesetzliche Fürsorgepflicht gegenüber seinen Arbeitnehmern hat, empfiehlt es sich schon aus diesem Gesichtspunkt heraus, ein effektives System zur Früherkennung zu unterhalten. Beim Bedrohungsmanagement stehen die Identifizierung, Bewertung und Deeskalation von aufkommenden oder bereits bestehenden Konflikten zwischen Mitarbeitern im Fokus. In einem Unternehmen sind klare Kommunikationsstrukturen und geregelte Prozesse erforderlich, um angemessen mit erkannten oder wahrgenommenen Konflikten umzugehen, die das Potenzial zur Eskalation bergen könnten. Dies ist von entscheidender Bedeutung für die Mitarbeiter, damit sie sich nicht allein gelassen fühlen, wenn sie solche Konflikte beobachten oder selbst erleben. Zudem ist es wichtig, dass sie wissen, dass das Unternehmen sich mit diesem Thema auseinandersetzt und es nicht „aussitzt“. Bei „roten Flaggen", die auf eine Eskalation aufgrund eines bestimmten Verhaltensmusters hindeuten könnten, muss das Bedrohungsmanagement einschreiten, um vor allem zielgerichtete Gewalt zu verhindern. Hierzu gilt es, die entsprechenden Warnsignale wahrzunehmen, zu bewerten und darauf abgestimmt zu handeln. Es gibt verschiedene Instrumente, mit deren Hilfe sich strukturiert Risiken am Arbeitsplatz erfassen lassen. Mit dem Dynamischen-Risiko-Analyse-Systems (Dyrias), dass es in verschiedenen Modulen gibt, können online verhaltensorientierte Warnsignale von Personen, hinsichtlich ihres Risikopotentials, eine schwere Gewalttat am Arbeitsplatz zu verüben. Dyrias kommt dann zum Einsatz, wenn die zu analysierende Person durch ein entsprechendes Verhalten bereits auffällig geworden ist.

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Gewalt am Arbeitsplatz – eine Herausforderung
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Das Bedrohungsmanagement kann auch nach einer (gewalttätigen) Krise erneut aktiv werden. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn es darum geht, die Ursachen des Ereignisses zu analysieren oder zu verfolgen, um eine Wiederholung zu verhindern. Ein effektives Bedrohungsmanagement erfordert stets die Unterstützung der Führungskräfte und Verantwortlichen innerhalb der Organisation, um die Wichtigkeit für das Thema und damit auch für die Mitarbeiter zu betonen. Die Umsetzung eines solchen Managements darf aber bei den Beschäftigten weder Ängste noch Unruhe schüren. Und sollte daher sensibel und mit kommunikativen Skills umgesetzt werden. Die Mitarbeiter müssen wissen, dass sie sich jederzeit an das Bedrohungsmanagement wenden können, um in Gesprächen herauszufinden, ob es sich tatsächlich um eine sich abzeichnende Eskalation handeln könnte. Hierfür ist es wichtig, dass die Mitarbeiter gut geschult sind, einschließlich regelmäßiger Fortbildungen und Supervisionen.

Manuel Heinemann ist Bedrohungsmanagementexperte beim Institut für Psychologie und Bedrohungsmanagement

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