Direkt zum Inhalt
Die Quadratur des Kraiss 8. April 2013

Unendlich weit entfernt

Dieser Tage trafen sich wieder einige Experten der Sicherheits-branche zu einem regelmäßigen Forum. Am Mittagstisch ließ ich den Blick in die Runde schweifen und stellte laut fest: „Bei uns hat die Quotenregelung offensichtlich noch nicht Fuß gefasst, wieder nur Männer am Tisch, keine Frau weit und breit.“

Erschreckend wurde wieder einmal deutlich, wie wenig Frauen auf Seiten der Hersteller, Errichter, Sicherheitsberater und Planer tätig sind.

Auf Seiten der Auftraggeber oder der begleitenden Berufe hat sich das Bild spürbar gewandelt. Im Bereich des Projektmanagements, des Facilitymanagements, im Bau- und Planungsbereich sowie im IT- und TK-Bereich, hat die Frauenquote bereits gegriffen. Mit Ausnahme der Sicherheitsdienstleister und einiger anderer Einzelfälle – als Paradebeispiel ist Katharina Geutebrück zu nennen – befindet sich die Sicherheitsbranche noch unendlich weit davon entfernt.

Nicht besser, aber anders

Fast jeder kennt die klischeebehaftete Frage: „Sind Frauen die besseren Verkäufer?“ Manch Einer lässt sich sogar zur Behauptung verleiten: „Frauen sind die besseren Verkäufer“. Wie dem auch sei, eines steht jedenfalls fest: Frauen verkaufen nicht unbedingt besser, sie verkaufen auf jeden Fall anders! Vertriebsarbeit in der Sicherheitsbranche ist gleichbedeutend mit dem Vertrieb erklärungsbedürftiger Produkte und damit landen wir automatisch beim Mann. Technik wird gleichgesetzt mit Fachkompetenz, Logik, Fakten, Zahlen und Rationalität. Verkaufen ist aber weit mehr, verkaufen bedeutet auch Kommunikationstalent, emotionale und soziale Fähigkeiten, Empathie und aktives Zuhören. Und da wären wir bei der Frau, der man diese Fähigkeiten zuspricht.

Bereits in den 90er Jahren haben Wissenschaftler dem Überheblichkeitsdenken der Männer so manchen Dämpfer verpasst indem sie feststellten, dass die genetischen Unterschiede zwischen Mann und Frau zwar erheblich sind, aber bei weitem nicht immer zu Gunsten des Mannes. Das unseren Vorfahren zugesprochene Klischee: Männer gehen auf die Jagd während Frauen am Lagerfeuer sitzen, soziale Kontakte pflegen und Kinder großziehen, hat die mentalen Fähigkeiten von Männern und Frauen nachhaltig unterschiedlich geprägt.

Anzeige

Deutlich wird es beim – für das Verkaufsgespräch wichtigen – Sprachverhalten. Bei Männern sind fast ausschließlich die für rationales und logisches Denken zuständigen Zentren der linken Gehirnhälfte aktiv. Dagegen sind bei Frauen die Zentren beider Gehirnhälften aktiv. Sie verbinden Logik und Rationalität mit Empathie, Kommunikationsvermögen und aktivem Zuhören. Wir wissen alle: Sicherheitstechnik und Sicherheitsdienstleistungen verkaufen sich nicht nur über technische Leistungsmerkmale und Preis. Vielfach sind Nutzen, Wertschöpfung und Nachhaltigkeit ausschlaggebende Argumente. Wer mag also bestreiten, dass die richtige Kombination von Sachargumenten, gepaart mit Überzeugungskraft, Sympathie, dem Willen zum Erfolg und die notwendige Abschlusssicherheit, mit den Fähigkeiten einer Frau einhergehen.

Es kommt auf die Mischung an

Frauen im Vertrieb sind sicher kein Ersatz, Frauen im Vertrieb sind eine wohltuende und erfolgversprechende Ergänzung. Sie sorgen in der Domäne der Männer für eine spürbare Abwechslung. Sie erweitern den Facettenreichtum in der Argumentationskette und ermöglichen mit dem notwendigen Biss, dem Willen zum Erfolg, ihrer Einsatzbereitschaft und ihrem Engagement oft bessere und mehr Abschlüsse. Sicher, Vertriebstätigkeit steht auf der Liste berufstätiger Frauen nicht auf der ersten Seite. Wenn sich eine Frau also darauf einlässt, kann man erwarten, dass sie es bewusst tut und alles dafür einsetzt, erfolgreich zu sein.

Wenn Frauen im Wettbewerb zu männlichen Kollegen stehen oder etwas Bestimmtes unbedingt wollen, kann man davon ausgehen, dass sie alle Register ihrer Fähigkeiten mobilisieren. Und weil das so ist, sind Frauen in der Regel dem Durchschnitt ihrer männlichen Kollegen oft überlegen. Ich kann nur sagen: Haltet gezielt nach weiblichen Verkäufern Ausschau und stärkt auf diesem Weg den Vertrieb nachhaltig. In Zeiten des demografischen Wandels und einer sich verändernden Arbeitswelt sollte auch die Sicherheitsbranche neue Wege gehen. Es ist also eine kluge Entscheidung, den Vertrieb frühzeitig mit weiblicher High-Performance zu stärken, denn mehr Frauen im Vertrieb bedeutet mehr Erfolg und damit Zukunftssicherheit. Frauen sind nicht besser, Frauen sind ganz einfach anders und gerade darin liegt die Chance.

Hinweis: Einige Passagen greifen Ideen aus Veröffentlichungen der Trainerin Ulrike Knauer auf.

Volker Kraiss, Senior Security Consultant bei Kraiss & Wilke - Security Consult

Passend zu diesem Artikel