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Salto Systems 28. September 2016

Den eigenen Stärken bewusst

Die Entwicklung von Salto Systems kennt seit der Gründung im Jahr 2000 nur eine Richtung: nach oben. 2016 werden erstmals über 100 Millionen Euro Umsatz erzielt, IHS führt das Unternehmen inzwischen als zweitgrößten Hersteller elektronischer Zutrittssysteme in Europa.

Haben allen Grund zu lachen (von links): Axel Schmidt, Geschäftsführer Salto Systems Deutschland, Marc Handels, Chief Marketing and Sales Officer, und Michael Unger, Vice President Products and Marketing.
Haben allen Grund zu lachen (von links): Axel Schmidt, Geschäftsführer Salto Systems Deutschland, Marc Handels, Chief Marketing and Sales Officer, und Michael Unger, Vice President Products and Marketing.

Anfang Juli folgte PROTECTOR & WIK der Einladung zum Hauptsitz ins baskische Oiartzun bei San Sebastian und bekam Einblick in die Historie und Verständnis für die Gründe des kometenhaften Aufstiegs von Salto Systems. Die Fahrt vom Flughafen Bilbao nach Oiartzun dauert gut eine Stunde. Gepflegte Bauernhäuser und grüne Wiesen prägen die hügelige Landschaft entlang der Autobahn. Wäre auf der anderen Seite nicht das Meer zu sehen, man wähnte sich eher in der Schweiz als in Spanien. Angekommen am Salto-Hauptsitz, weist eine Treppe vom Eingangsbereich den Weg hinauf in den zweiten Stock. Hier lässt sich im Ausstellungsraum und in der Ideenschmiede die Entwicklung von Salto Systems der letzten 15 Jahre nachvollziehen. An der Wand hängen chronologisch sortiert unter anderem alle Varianten der so genannten XS4 Beschläge.

Nach wie vor werden alle Produkte hier, in Oiartzun, produziert. 85 Prozent der Materialien liefern Unternehmen aus der Region zu. Andererseits ist das Unternehmen längst weltweit aktiv. Exportiert wird inzwischen in 90 Länder, in 26 davon gibt es eigene Niederlassungen. Mitgründer Marc Handels, Vorstand Vertrieb und Marketing, und Salto Deutschland-Geschäftsführer Axel Schmidt sitzen entspannt am Konferenztisch und strahlen. Sie haben allen Grund dazu.

PROTECTOR & WIK: Schön haben Sie es hier. Wie kam es zur Gründung von Salto Systems und warum hier, im Baskenland, in Oiartzun?

Marc Handels: Diese Gegend kann man ein bisschen vergleichen mit der deutschen Schlüsselregion in Velbert. Auch in Oiartzun hat es immer viele Schlosshersteller gegeben und viele dieser Unternehmen gibt es auch heute noch. Einige meiner Kollegen und ich haben in den 90er Jahren hier in der Schlossbranche gearbeitet. Zu dieser Zeit kamen die ersten elektronischen Schlösser auf den Markt, hauptsächlich zur Anwendung in Hotels.

Um die Jahrtausendwende haben wir darüber nachgedacht, dass es doch eigentlich auch möglich sein müsste, elektronische Schließsysteme für Objekte zu entwickeln, die keine Hotels sind. So hat es eigentlich angefangen: wir haben uns in einem kleinen Appartement hier in Oiartzun zusammengesetzt und die ersten Prototypen entwickelt. Bald waren wir fast 14 Leute in diesem Apartment, es wurde eng, und wir haben dann eine kleine Fabrik gemietet. Im Juni 2001 ist es dann richtig losgegangen.

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Und seitdem geht es rasant bergauf?

Absolut, 2001 waren wir 14 Mitarbeiter mit null Umsatz, heute sind wir um die 430 Leute und haben letztes Jahr 98 Millionen Euro Umsatz gemacht. 2016 werden es 105 bis 107 Millionen sein. Wir haben aktuell Niederlassungen in 26 Ländern, verkaufen unsere Produkte in 90 Länder weltweit. Und diese Entwicklung innerhalb von 15 Jahren – es ist schon alles ziemlich schnell gegangen.

Begonnen hat also alles in Spanien. Welche Märkte kamen dann als nächste dazu?

Axel Schmidt: Auf einen Schlag eigentlich Zentraleuropa, von Spanien bis Polen. Der zentraleuropäische Markt ist anbieterseitig mit Abstand aber auch der fragmentierteste. In England hat man drei, vier Wettbewerber, in Frankreich fünf, in Holland, wenn es hochkommt, zehn. In Deutschland hat man dagegen die ganze Palette, da gibt es 50 Unternehmen, die alle Zutrittskontrolle machen, die alle sagen, dass sie alles können. Erst wenn man hinter die Fassaden guckt, sieht man, was sie wirklich können und was nicht. Wir haben in Deutschland seit 2010, als ich angefangen habe mit der deutschen Niederlassung, bis heute den Umsatz nahezu verachtfacht.

Das ist schon gewaltig. Gut, wir haben auch die Anzahl der Mitarbeiter mehr als verachtfacht, von einem Mitarbeiter, der ich damals war. Wir landen mit Salto Systems Deutschland dieses Jahr bei 27 oder 28 Mitarbeitern, gegenüber letztem Jahr nochmal eine deutliche Steigerung. Es wächst halt, ich kann es nicht verhindern.

Marc Handels: Die Weiterentwicklung der Produktpalette ist natürlich auch einer der Gründe für unser Wachstum. Wir passen uns an neue Märkte an. Das heißt, dass wir uns nicht nur in der Breite immer weiter entwickeln, sondern auch in der Tiefe mit kundenspezifischen Lösungen. Wir verkaufen elektronische Beschläge und Zylinder an immer mehr Kundentypen. Selbst der Wohnungsbaumarkt fängt jetzt an, für elektronische Zutrittslösungen interessant zu werden. Natürlich haben wir es gut gemacht, aber es ist auch so, dass dieser Markt ein Wachstumsmarkt ist.

Sie integrieren ja auch immer mehr, zuletzt etwa die elektronischen XS4 Beschläge und XS4 Geo Zylinder, in das Sicherheits-managementsystem der Tyco-Marke Software House. Sind solche Kooperationen heute notwendig, um weiteres Wachstum zu sichern?

Axel Schmidt: Wir machen die Integration mit Anbietern von Managementsystemen vor allem deshalb, weil die Anforderungen der Kunden das verlangen. Sie haben beispielsweise eine Karte, mit dieser wollen Sie aber nicht nur Zutritt organisieren, Sie wollen damit auch den Parkplatz und den Kaffeeautomaten steuern. Dann ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass der Kunde davon profitiert, wenn er Salto nutzt, weil die Applikation Salto vielleicht an dieser Zeiterfassungs- oder Zutrittskontrollsoftware mit dranhängt und der Kunde nicht zehn verschiedene Softwares bedienen will. Wenn Sie heute auf Ihr Smartphone gucken, dann haben Sie 100 Apps drauf. Wäre es nicht schöner, wenn man Sachen, die zusammengehören, in einer App bündeln würde?

Die Themen Sicherheit, Zutritt, Zeiterfassung, Alarmmanagement unter einen Hut zu bringen, macht einfach Sinn. Wir integrieren uns aber auch deshalb in die Systeme von Siemens oder auch Honeywell, weil diese Anbieter Komplettlösungen verkaufen und unser Produkt diese ideal ergänzt. Und da ist es aus meiner Sicht nur logisch, dass sie eines der besten Systeme der Welt dafür wählen.

Marc Handels: Das Geschäft mit elektronischer Zutrittskontrolle ist auch ein sehr kompliziertes Geschäft. Denn auf der Liste der Dinge, über die eine Person im Laufe eines Tages nachdenkt, sind Türen und Schlösser höchstwahrscheinlich irgendwo an letzter Stelle. Eine Tür muss funktionieren, und erst, wenn sie das nicht tut, fangen die Probleme an. Diese Unternehmen, von denen Axel geredet hat, sind sehr spezialisiert, das ist hauptsächlich alles IT. Aber das Schöne an unserem Geschäft ist, auch wenn man all diese IT hat, letztendlich muss auch immer physisch eine Tür geöffnet und geschlossen werden. Wer ein kompliziertes System, etwa für die Hausautomation braucht, dem können wir das zusammen mit diesen Unternehmen auch anbieten. Wir machen das, worin wir stark sind, und versuchen nicht, wirklich alles selbst zu machen, denn wenn man das versucht, ist man auch nicht mehr so stark. Das ist meine Überzeugung.

Axel Schmidt: Wir betonen ja immer unsere Vielseitigkeit. Das betrifft einerseits natürlich die Vielzahl an Integrationen, z.B. auch mit Anbietern von Raummanagementsystemen oder Hotel-PMS-Anbietern, andererseits aber auch ein breit gefächertes Produktportfolio mit einem extremen Variantenreichtum. Dazu ein Beispiel: Eines der ersten Projekte, die wir in Deutschland vor der Brust hatten, war die Ausstattung einer Kaserne, die aber eben nicht mit deutschen Streitkräften belegt war und entsprechend mit Schlössern und Beschlägen ausgestattet war, die auf dem amerikanischen Markt üblich sind. Wenn man sich da im Wettbewerbsumfeld umguckt, hätte man eigentlich auch nur ein amerikanisches Unternehmen wählen können.

Wir als Salto haben aber amerikanische Schlösser, wir haben skandinavische Schlösser, wir haben englische Schlösser, wir haben australische, deutsche und schweizerische Schlösser. Wir realisieren gerade ein großes Projekt in Afrika, einen militärischen Stützpunkt. Mir wurden Bilder von Türen geschickt, die ich in die Salto-Welt weiter geleitet und gefragt habe: Kennt einer diese Türen und wie sind sie ausgestattet? Da war dann mal die Türklinke rechts und der Zylinder direkt daneben. Dann kam die Antwort aus Dubai: ja, das Schloss kennen wir, das ist von der und der Firma, dafür brauchst du diesen und jenen Beschlag. Somit haben wir ein Sammelsurium an internationalen Produkten aus dem Salto-Portfolio zusammengepackt, um einen Standort mit 500 Türen auszustatten. Das ist kein DIN, das ist kein amerikanischer oder englischer Standard, aber alles, was dort an Türen vorhanden war, lässt sich mit dem Salto-Produktportfolio ausstatten. Das ist glaube ich etwas, das außer uns keiner kann.

Wenn Sie in die Zukunft blicken, welche Trends sehen Sie für die nächsten Jahre?

Axel Schmidt: Klar ist, dass das Mobiltelefon eine tragende Rolle spielen wird. Die Karten werden nicht zurückgehen, definitiv nicht, aber das Mobiltelefon ist mit Sicherheit ein Treiber auch in den nächsten Jahren.

Marc Handels: Auch wenn das in Deutschland mit gemischten Gefühlen gesehen wird, aber ein entscheidender Trend ist die Cloud. Für den Moment würde ich sagen, für die kleineren Projekte, und für das mittelgroße Geschäft, also überall dort, wo es vielleicht keinen Sicherheitsverantwortlichen und keinen IT-Verantwortlichen gibt. Es wird wohl noch eine Weile dauern, denn wir reden hier schließlich über Sicherheit. Da sehe ich viele Fragen, die wir als Hersteller beantworten müssen: Wie privat sind die Daten? Wie sicher sind die Daten? Das sind wichtige Punkte, aber der Trend Richtung Cloud ist eindeutig.

Und auch nicht aufzuhalten, obwohl das Damoklesschwert IT-Sicherheit der Systeme immer mitschwingt?

Es gibt Sektoren, über die wir jetzt gar nicht geredet haben, und an die man vielleicht im ersten Moment auch nicht denken würde, in denen wirklich langfristig und strategisch mit cloudbasierten Systemen geplant wird. Die wollen in Richtung Cloud, das ist nicht aufzuhalten und wird auch uns massiv beeinflussen. AA

Andreas Albrecht

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