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BDSW: Sicherheitswirtschaft für Herausforderungen gerüstet

Der neue Hauptgeschäftsführer von BDSW und BDGW, Dr. Peter Schwark, ist jetzt seit rund 100 Tagen im Amt. Anlass für PROTECTOR, nach den Herausforderungen für die Sicherheitswirtschaft zu fragen.

Die Fußball EM in Deutschland wirft ihre Schatten voraus – die Sicherheitswirtschaft bereitet sich intensiv auf diese Herausforderung vor.
Die Fußball EM in Deutschland wirft ihre Schatten voraus – die Sicherheitswirtschaft bereitet sich intensiv auf diese Herausforderung vor.

Die Fußball Europameisterschaft ist nur eine von vielen Herausforderungen, die in diesem Jahr auf die Sicherheitswirtschaft zukommt; Dr. Peter Schwark, der neue Hauptgeschäftsführer von BDSW und BDGW, skizziert die Schwerpunkte , die er in Zukunft für die Branche erwartet. 

Sie sind schon seit vielen Jahren bei Verbänden tätig. Wie ist Ihr erster Eindruck vom BDSW?

Ich kenne viele Dachverbände und Unternehmensverbände unterschiedlicher Größenordnungen. Der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft ist eine fachlich wie politisch gut und kompakt aufgestellte Organisation mit überwiegend mittelständisch und familiär geführten Unternehmen, die mit Leidenschaft bei der Sache sind. Besonders ist, dass sich im BDSW die Lobbyfunktion eines Wirtschaftsverbandes mit der Funktion als Sozial- und Tarifpartner als Arbeitgeberverband vereinigt.

Sie kommen ja vom GDV, da sind Ihnen Begriffe wie Cybersicherheit, Naturkatastrophen und Risikomanagement nicht fremd. Haben Sie eine Affinität zum Thema Sicherheit?

Auf jeden Fall, sehr stark sogar! Der Begriff der Sicherheit prägt die letzten beiden Dekaden meiner Tätigkeit. Viele Dinge ergänzen sich: Die finanzielle Sicherheit im Schadensfall durch Versicherer und der Schutz durch moderne und zweckmäßige Sicherheitsdienstleistungen davor, dass ein Sicherheitsereignis oder Schadensfall überhaupt eintritt. Zudem erfordert die Sicherheit gegen vielfältige Risiken aus dem Netz auch den physischen Schutz der IT-Infrastruktur.

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Neue und alte Herausforderungen für die Sicherheitswirtschaft

Viele Krisen, die uns schon in den vergangenen Jahren beschäftigt haben, werden uns auch in diesem Jahr erhalten bleiben - Stichwort Ukraine-Krieg, Lieferkettenunterbrechungen -, neue kommen hinzu. Wie kann die Sicherheitswirtschaft insgesamt zur Bewältigung dieser Krisen beitragen?

Was wir haben, ist ein zunehmendes Gefühl von Verunsicherung in der Gesellschaft. Verunsicherung, die uns nicht lähmen darf. Alles, was wieder Sicherheit gibt, und da gehören die Leistungen unserer Mitglieder ganz vorne mit dazu, ist ein Beitrag zu Vertrauen und Stabilität und damit auch Voraussetzung zur Überwindung von Krisen. Ein latentes Gefühl von Überforderung der öffentlichen Hand macht es umso wichtiger, mit Sicherheitspartnerschaften die Verbindungen und Effizienz des Zusammenspiels zwischen öffentlicher Hand und privater Sicherheitswirtschaft zu verbessern.

Der BDSW fordert verbesserte Ausschreibungen und angepasste Sicherheitskonzepte, um Flüchtlingsunterkünfte besser zu schützen.
Flüchtlingsunterkünfte besser schützen
Der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft BDSW spricht sich für eine Verbesserung der Ausschreibungen und der Sicherheitskonzepte beim Schutz von Flüchtlingsunterkünften aus.

Ihr Vorgänger war nur ein gutes Jahr in dieser Funktion. Er konnte nicht alle „Baustellen“ abarbeiten. Wo sehen Sie den dringlichsten Handlungsbedarf?

Genauso wenig wie auf den Straßen, etwa hier in Berlin, so wenig wird es im Verband je gelingen, alle Baustellen abzuräumen. Die Entwicklung des Sektors, politische Entscheidungen in Berlin oder Initiativen aus Brüssel sorgen für eine sich stets wieder füllende „Pipeline“ an Themen und Baustellen. Was mich aktuell sehr beschäftigt, ist das Sicherheitsgewerbegesetz, das neue Stammgesetz der Branche, Kritis und die resiliente Aufstellung der Bargeldinfrastruktur. 

Welche weiteren Herausforderungen sehen Sie?

Wir sind durch unsere Präsenz ein relevanter Faktor für die Sicherheit in Deutschland. Trotzdem ist die öffentliche Wahrnehmung nicht an jeder Stelle so, wie sie sein sollte. Wir setzen uns im Verband mit unseren Mitgliedern Tag für Tag dafür ein, dass wir das in uns gesetzte Vertrauen nicht enttäuschen, sondern wie die Polizei in den Augen der Bürger als Partner in Sachen Sicherheit angesehen werden. 

Fußballfreunde freuen sich auf die EM 2024 im eigenen Land. Bringt Sie dieses Großevent schon um den Schlaf?

Ich freue mich wie viele Millionen Menschen schon darauf. Und ich glaube, wir können und werden das miteinander so gut meistern wie die WM 2006. Aber dafür ist ein guter Dialog wichtig, gute Kommunikation und eine Struktur in der Zusammenarbeit, die Probleme frühzeitig gemeinsam erkennen und rechtzeitig gemeinsam bewältigen lässt.

Jetzt ist die Mitarbeiterzahl der Sicherheitswirtschaft zwar in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Dennoch ist die Branche auch vom Arbeitskräftemangel betroffen. Wie ist da eine EM zu stemmen?

Wer, wenn nicht wir, kann ich da nur sagen. Wir bewältigen regelmäßig alle Herausforderungen, die sich im Veranstaltungsordnungsdienst und bei Sicherheitsdiensten in Stadien und im Umfeld stellen. Natürlich wird das eine große Kraftanstrengung. Wichtig ist, dass uns die quantitativen Anforderungen jeweils rechtzeitig bekannt sind und dass die Arbeit an einem Standort möglichst aus einer Hand koordiniert und umgesetzt wird.

BDSW mahnt Kosten für Zuverlässigkeitsüberprüfung an

Der Bearbeitungsstau der Zuverlässigkeitsüberprüfung bei den Gewerbebehörden ist auch nicht gerade beruhigend …

Die Erfahrungen unserer Mitglieder sind höchst unterschiedlich. Während in einigen Behörden eine positive Tendenz zu erkennen ist, vergeht in vielen anderen Fällen eine unerträglich lange Zeit, bis Mitarbeiter freigegeben werden. Diese teilweise überlangen Bearbeitungszeiten führen dazu, dass sich schon fest eingeplante Mitarbeiter umorientieren und sich anderen Branchen zuwenden. Dies ist nicht verwunderlich, wenn sie über mehrere Monate nicht eingesetzt werden können. Hier muss dringend bei der Qualifikation sowie der technischen und personellen Aufstellung der Behörden nachgesteuert werden.

Ein anderer Punkt ist die nicht mehr nachvollziehbare Kostenstruktur. Die Kosten für die Anmeldung und Überprüfung unterscheiden sich stark, jede Kommune legt ihre eigenen Gebühren fest. Diese haben sich nicht nur deutlich erhöht, sie variieren auch von 25 bis 500 €. Hier muss dringend für Transparenz und Einheitlichkeit gesorgt werden.

Welche längerfristigen Maßnahmen sehen Sie hier überhaupt? Wie kann das Berufsbild aufgewertet werden, um für Arbeitskräfte interessanter zu werden?

Wir brauchen eine gute Mischung unterschiedlicher Qualifikationen. Wichtig ist in dem Zusammenhang, dass die Auftraggeber bereit sind, die Qualität auch zu bezahlen. Unsere europäischen Nachbarn sind da teilweise schon weiter, wenn in Ausschreibungen nicht allein oder dominant der Preis, sondern auch Qualitätskriterien eine gewichtige Rolle spielen - Stichwort Bestbieterprinzip.

Ist die Digitalisierung vielleicht die Lösung des Problems? Werden Roboter und KI den Menschen hier ersetzen?

Es wird nicht die eine Lösung geben, Roboter und IT werden den Menschen nie ersetzen. Aber sie können ihm helfen, produktiver zu werden. KI-gestützte Analysetools etwa bei der Bildauswertung oder Roboter- und Drohnenunterstützung bei der Überwachung umfriedeter Gelände helfen den Menschen, sich auf das Wichtige zu konzentrieren. Das kann dem Sektor helfen, sein stetes Wachstum zu bewältigen. Deshalb werden wir trotz mehr Technologie kaum weniger Menschen benötigen. Die Qualifikation der Beschäftigten wird sich dieser neuen Situation anpassen müssen – dies bringt wieder neue Herausforderungen, aber auch Chancen mit sich.

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