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Öffentliche Sicherheit 28. Februar 2022

Risikobewertung für Hochwasser und Starkregen

Kann man als Betriebs- oder Gebäudebesitzer etwas tun, um Hochwasser und Starkregen vorzubeugen? Der erste Schritt ist eine Risikobewertung.

Wenn Hochwasser oder Starkregen drohen: Zunächst müssen Unternehmen im Rahmen eines Sicherheitskonzepts eine Risikobewertung vornehmen. 
Wenn Hochwasser oder Starkregen drohen: Zunächst müssen Unternehmen im Rahmen eines Sicherheitskonzepts eine Risikobewertung vornehmen. 

Um die individuellen Schutzmöglichkeiten vor Hochwasser und Starkregen auszuloten, braucht es zunächst eine Risikobewertung.

Das Hochwasserereignis im Sommer 2021 rief in ganz Deutschland und auch weltweit Bestürzung hervor. Viele Menschenleben sind zu beklagen, und auch heute leiden viele der betroffenen Personen immer noch mental unter den Folgen des Ereignisses. Die wirtschaftlichen Folgen sind ebenso verheerend: Das Wetterphänomen hat 8,2 Mrd. € an versicherten Schäden verursacht. Davon entfallen ca. 7,7 Mrd. € auf Wohngebäude, Hausrat und Betriebe. Im Artikel des GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft) werden die Schäden durch Naturgefahren im Detail beleuchtet.

Risikobewertung für das Unternehmen durchführen

Kann man als Betriebs- oder Gebäudebesitzer etwas tun, um diesen Schäden vorzubeugen oder eine Schadensminderung zu erreichen? Ja, man kann vieles tun. Als ersten Schritt nimmt man eine Einschätzung der Risikosituation insbesondere für die Gefahren Hochwasser und Starkregen gebäudegenau vor. Als deutschlandweites Portal gibt es für die Versicherungsunternehmen die Software Zürs. Identische Informationen für Betriebs- oder Gebäudebesitzer sind über die Software Geoveris verfügbar.

Mit Eingabe einer Adresse oder auch einer Geokoordinate auf dieser Website werden für den angegebenen Standort Gefahrenklassen für Hochwasser und Starkregen ermittelt. Das von GDV im Jahr 2001 geschaffene Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen weist vier Zonen beziehungsweise Gefährdungsklassen aus, die sich auf die statistische Häufigkeit von solchen Ereignissen beziehen – zum Beispiel Klasse 3 statistisch einmal in zehn bis 100 Jahren ein Hochwasser. Die Hochwasserdaten, die in dieser Software verwendet werden, basieren fast überall auf den amtlichen Daten der Wasserwirtschaft. Neu seit 2021 ist in der Software die Einschätzung der Starkregengefährdung. Diese Daten lehnen sich hauptsächlich an die Abflusswege im Gelände an: Das heißt, auf Kuppen gibt es eine geringe Starkregengefährdung, und in Senken oder in der Nähe zu Bächen ist die Starkregengefährdung am größten.

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Informationen zu Hochwasser und Starkregen

Weiterhin gibt es auch viele örtliche begrenzte Angebote insbesondere zu amtlichen Hochwasserinformationen wie z.B. „Elwas“ in Nordrhein-Westfalen. Hier sind für Nordrhein-Westfalen alle amtlichen Hochwasserdaten wie zum Beispiel Gefahren- oder Risikokarten dargestellt. Das bundesweite Portal für amtliche Hochwasserinformationen der Bundesanstalt für Gewässerkunde ist ebenfalls erreichbar .

Mit einer so erstellten Risikoeinschätzung erhalten Betriebs- und Gebäudebesitzer Informationen über die durch Hochwasser oder Starkregen verursachten Gefahren. Was kann man weiterhin neben der Gefahreneinschätzung des Standortes tun?

Wenn man sich der Gefährdung bewusst ist, kann man eine Risikobewertung durch Experten vor Ort mit Empfehlungen für Risikominderungsmaßnahmen durchführen lassen. Dies kann für kleinere Gebäude zum Beispiel durch den Hochwasserpass dokumentiert werden. Dies ist ein Dokument zur Standortanalyse, Bewertung und Maßnahmenempfehlung für bestehende oder geplante Privat- und Gewerbeimmobilien gegenüber den Wassergefahren. Für komplexere Gebäude oder größere Betriebe kann dies durch einen Risikobericht angelehnt an den Hochwasserpass erfolgen.

Was wird beim Hochwasserpass gemacht?

Untersucht werden vor Ort alle Möglichkeiten des Eindringens von Hochwasser, Grundhochwasser, Starkregen und Kanalrückstau. Zusammen mit der vorab aus den Karten ermittelten Gefährdungen werden die Schwachstellen gegen Wassereintritt analysiert und Maßnahmenempfehlungen gegeben. Die Maßnahmen werden unterschieden zwischen „dem Hochwasser weichen“ und „Gebäude abdichten und das Hochwasser zulassen“.

  • Dem Hochwasser weichen: Es wird geprüft, ob es zum Beispiel alternative Standorte für Neubauten gibt.
  • Gegen das Hochwasser abdichten oder es zulassen: Es wird geprüft, ob man die Gebäudeöffnungen wie Türen, Fenster, Kellerschächte oder Tore abdichten kann. Weiterhin werden die verbauten Materialien auf Abdichtungsmöglichkeiten geprüft wie zum Beispiel die Wandaufbauten.

Eine mit wenig Aufwand durchführbare Maßnahme ist ein Notfallplan, der den Betroffenen im Gefahrenfall die Übersicht über alle zu treffenden Vorbereitungen gibt. Ein Musternotfallplan ist im Rahmen der Broschüre „Schutz vor Überschwemmungen, Leitfaden für Schutzkonzepte und Schutzmaßnahmen bei Industrie- und Gewerbeunternehmen“ verfügbar.

Jeder kann also für sich und sein Unternehmen Eigenvorsorge betreiben: Instrumente wie zum Beispiel die Software zur Einschätzung der Gefahrenlage und der daraus folgenden Maßnahmen wie beispielsweise die Erstellung eines Hochwasserpasses gibt es seit vielen Jahren. Wichtig ist es, zuerst das Bewusstsein für das Thema zu schaffen - Möglichkeiten zur Umsetzung gibt es viele.

Bettina Falkenhagen, stellv. Abteilungsleiterin Konzeptentwicklung und Geoexpertise bei der VdS Schadenverhütung GmbH

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