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Historische Gebäude 4. April 2013

Denkmalschutz kombiniert mit Sicherheit

Wenn in einem historischen Gebäude moderne Einbruch-, Brandmelde- und Fluchtwegkonzepte integriert werden, grenzt dies oft an einen Spagat. So müssen die Vorschriften der Versammlungsstättenverordnung und zugleich die Anforderungen des Denkmalschutzes unter einen Hut gebracht werden.

Das Schloss Broich in Mülheim an der Ruhr.
Das Schloss Broich in Mülheim an der Ruhr.

Genau hiervon können Prokuristin Heike Blaeser-Metzger und Gebäudetechniker Marc Christian Huster von der Mülheimer Stadtmarketing und Tourismus GmbH (MST) berichten. Der Sitz des Mülheimer Stadtmarketings befindet sich seit einigen Jahren in den altehrwürdigen Mauern von Schloss Broich. Das Schloss nahe der Ruhr beheimatet heute zudem repräsentative Räume der Stadt, die einerseits zu Empfängen genutzt, aber zugleich auch für Feierlichkeiten an Privatpersonen vermietet werden. Außerdem sind direkt im Schloss das Historische Museum und eine Gastronomie angesiedelt.

1.100 Jahre Geschichte

Die Ursprünge von Schloss Broich, einem einstigen Fort und einer Wehrburg, reichen bis etwa ins Jahr 883 zurück. Damit zählt Schloss Broich zur ältesten karolingischen Wehrburg im deutschen Sprachraum. Die Burg beziehungsweise das spätere Schloss ging in den nachfolgenden Jahrhunderten immer wieder an neue Eigentümer über. So weilte Ende des 18. Jahrhunderts die spätere preußische Königin Luise in ihrer Jugend häufiger auf Schloss Broich und löste damit einen wahren Luisenkult aus. Erst 1938 schließlich erwarb die Stadt Mülheim das Gebäude und die angrenzenden Anlagen.

Heute haben 16 Beschäftigte des Mülheimer Stadtmarketings ihre Büros im historischen Schlossgebäude. Etliche Veranstaltungen und Feiern finden jedes Jahr in den Räumlichkeiten des Schlosses sowie im angrenzenden Park statt. Die Säle und Gewölbe sind für etwa 350 Gäste konzipiert.

Elektronische Zylinder

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Am Schloss und an den alten Außenmauern wird zwar regelmäßig gebaut und ausgebessert, doch vor knapp vier Jahren erst standen umfangreiche Renovierungs- und Umbaumaßnahmen im Innenbereich an, die letztlich auch den Umzug des Stadtmarketings ermöglichten. Im Rahmen dieser Umbauten wurden auch eine elektronische Schließanlage sowie eine moderne Brand- und Einbruchmeldetechnik installiert.

Etwa 40 Türen im Gebäude inklusive der Außentüren sind heute mit elektronischen Schließzylindern von Simonsvoss versehen. Alle andere Türen, so auch die Zwischentüren, haben noch mechanische Zylinder. Im Schloss und den gleichzeitig mit verwalteten Räumlichkeiten wie der historischen Stadthalle, der Camera Obscura und dem Schloss-Museum befinden sich aufgrund der unterschiedlichen Bauphasen Produkte verschiedener Anbieter.

Bewegungsmelder im Raum

Die Innentüren im Schloss sind in der Regel schon viele Jahre alt und verfügen über entsprechende mechanische Schließelemente. Diese Schließtechnik mit zu integrieren und an den Türen möglichst wenig Substanz zu zerstören, um unsichtbar die moderne elektronische Technik mit der nötigen Energieversorgung unterzubringen, war ebenfalls eine Herausforderung für die Techniker und den externen Errichter vor Ort.

Weiter sind zur Sicherheit in einigen Räumen zusätzlich noch Bewegungsmelder angebracht, die über eine EMA von Daitem im Einbruchsfall Alarm auslösen und diesen zu einem Dienstleister weiterleiten. Die Notruf-Leitstelle schließlich ruft im Alarmfall – egal zu welcher Uhrzeit – eine zuständige Kontaktperson der Schloss-Verwaltung an. Diese entscheidet dann, ob jemand zum Objekt hinausfahren muss oder nicht.

Zum Glück gab es in den vergangenen Jahren bisher nur einen einzigen Einbruchversuch. Ein Täter drang dabei durch ein Fenster im Erdgeschoss ins Gebäude, und der Bewegungsmelder im Raum löste sofort Alarm aus. Der Täter verschwand auf dem gleichen Weg, auf dem er ins Haus drang, ohne großen Schaden anzurichten oder etwas zu entwenden.

Funktechnik trotzt dicken Mauern

Eine besondere Herausforderung an die Technik stellen die dicken und massiven Mauern des Schlosses dar. Moderne Kabelkanäle dürfen hier meist nicht angebracht werden, so dass Leitungen oft nur eingeschränkt verlegt werden können. Von den rund 100 im Schloss installierten Rauchmeldern arbeiten 40 über Funk.

Ebenso die Funk-Signalgeber von Esser, die mit den Meldern kommunizieren und zur BMZ weitergeschaltet sind. Falls die Feuerwehr im Brandfall anrücken muss, findet sie außen in die Schlossmauer eingelassen ein Feuerwehrschlüsseldepot mit dem Generalschlüssel zum Schloss. Auch hier mussten die hohen Anforderungen des Denkmalschutzes erfüllt werden, die nur ein kostenintensives „Versenken“ des Schlüsseldepots direkt ins Mauerwerk zuließen. Ähnlich verhielt es sich mit der vorgeschriebenen grünen Feuerwehr-Blitzleuchte, die auf den ersten Blick sehr unscheinbar an der Gebäudemauer angebracht wurde und zur Straße hin blinkt. „Allein für die Wahl des passenden Anbringungsortes waren drei Außentermine mit allen Verantwortlichen nötig. Damit soll deutlich gemacht werden, wie anspruchsvoll und herausfordernd dieses Thema ist“, beschreibt Heike Blaeser-Metzger.

Intensive Planungsarbeit

Für die gesamte Planung der neueren Sicherheitstechnik zeichnet Heike Blaeser-Metzger verantwortlich. Sie erteilt heute auch die Zugangsberechtigungen für die Schließzylinder und sperrt Transponder, wenn mal einer verloren geht. Die Mitarbeiter der Verwaltung haben alle Transponder, allerdings hat nicht jeder Zugang zu jedem Raum. Auch die Gastronomieverwaltung verfügt über entsprechende eigene Transponder, die den Beschäftigten einen unbeschränkten Zugang zu allen relevanten Räumen ermöglichen. „Hier müssen wir sehr pragmatisch vorgehen: das Reinigungs- und Gastronomiepersonal hat permanent Zugang zum Haus. Dies ist auch notwendig, denn durch die vielen Veranstaltungen gibt es immer wieder neue Zeitfenster zur Erledigung dieser Aufgaben“, führt Heike Blaeser-Metzger aus.

Auf die Installation einer Videoüberwachung wurde im und am Schloss übrigens verzichtet, denn hier wären aus Gründen des Denkmalschutzes nur sehr kostenintensive Lösungen realisierbar gewesen. Anders aber bei der etwas abgelegenen Camera Obscura – die in einem ehemaligen Wasserturm untergebracht ist – sowie der Stadthalle. An beiden Objekten befinden sich Außenkameras, die allerdings nicht aufgeschaltet sind. „Bei der Stadthalle verfolgen wir hauptsächlich das Ziel, dass der Pförtner Einblicke in möglichst viele Außenbereiche des Hauses hat und im Zweifelsfall reagieren kann. Die Camera Obscura verfügt über eine ähnliche Einbruchmeldetechnik wie das Schloss, doch wollen wir dort mit der Videotechnik in erster Linie mögliche Vandalismusfälle dokumentieren können. Die Kameras und die Hinweisschilder haben aber auch schon abschreckende Wirkung“, erläutert Marc Christian Huster.

Die Integration der modernen Sicherheitstechnik wurde im Schloss Broich unter den gegebenen Bedingungen optimal gelöst. Einbruchschutz und Zugangskontrolle konnten auf einem hohen Niveau realisiert werden und auch der Brandschutz ist auf einem Stand, der jedem Besucher im Notfall trotz der architektonischen Besonderheiten einen schnellen und sicheren Gang ins Freie ermöglicht. Selbst bei großen Gesellschaften oder Empfängen gibt es keinerlei Bedenken, denn alle Vorschriften sind exakt erfüllt.

Trotzdem ist die Sicherheitstechnik im Schloss natürlich nicht mit der eines modernen Gebäudes vergleichbar. „Ganz besonders hohe Anforderungen an die Planung stellt immer wieder der Denkmalschutz. Aber dies ist auch richtig so, denn wir wollen so gut es geht das Erscheinungsbild des Schlosses nicht mehr verändern und die moderne Technik mit dem historischen Gebäudebestand möglichst unsichtbar miteinander in Einklang bringen“, fasst Heike Blaeser Metzger den hohen Anspruch zusammen.

Matthias Fischer, freier Journalist in Bottrop

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