Direkt zum Inhalt
WDR Forensic Capture 27. Mai 2015

Im Zwiespalt von hell und dunkel - Teil 2

Der erste Teil des Beitrags in PROTECTOR 12/2014 erläuterte den technischen Hintergrund sowie die Anwendungsfälle von Wide Dynamic Range (WDR) – Forensic Capture. Der zweite Teil beschäftigt sich nun mit den Herausforderungen an WDR und geht näher auf die Bildung von Artefakten ein.

Im Außenhbereich empfiehlt sich generell der Einsatz von WDR-Technologie.
Im Außenhbereich empfiehlt sich generell der Einsatz von WDR-Technologie.

Beim Einsatz von WDR-Technologie kann es zur Bildung von „Artefakten“ kommen. Diese sind nicht auszuschließen und werfen beim Laien gerne Fragen auf. Sie können in extremen Situationen auftreten, sind im Normalfall jedoch kaum oder gar nicht präsent. Die Artefakt-Bildung im Zusammenhang mit WDR nicht zu erwähnen, ist unprofessionell. Installateur und Endkunde sollten auf jeden Fall darüber aufgeklärt werden, um Missverständnissen von vornherein vorzubeugen.

Doch was sind Artefakte? So werden Details bezeichnet, die einen Unterschied zum Originalbild beziehungsweise zum vom menschlichen Auge wahrgenommenen Bild darstellen. Da ein WDR- oder Videobild prinzipiell die Realität anders abbildet, als Mensch es sieht, lässt sich darüber streiten, ob es sich um ein grundsätzliches Artefakt handelt.

Insbesondere wenn jemand zum ersten Mal die WDR-Bilder einer Überwachungskamera sieht oder den direkten Vergleich zu einer Standard Kamera zieht, erscheinen die WDR-Bilder teilweise etwas künstlich. Deshalb ist es wichtig, den Anwender über den Artefakt-Effekt aufzuklären, um Missverständnissen vorzubeugen.

Grundsätzlich kann jedoch davon ausgegangen werden, dass diese den Einsatz der Kameras beziehungsweise die Bildqualität nicht stören oder beeinträchtigen. In der Praxis werden mehrere Artefakte definiert:

  • Artefakt: Purple Fringing

    Ein mögliches Artefakt ist das Purple Fringing, leicht zu erkennen an einem violetten Übergang an der Kante einer dunklen Fläche im Übergang zu einer sehr hellen Fläche. Dieses Phänomen ist viel diskutiert, und die Fachwelt ist sich über die Ursache dieses Artefakts nicht einig. Vermeiden oder verringern lässt sich Purple Fringing durch das Senken der Anzahl der unterschiedlichen Belichtungszeiten (captures) und durch eine Reduzierung des Local Tone-Mappings.

    Allerdings hat dies auch Auswirkungen auf den Detailgehalt im Bild an sich. Prinzipiell tritt Purple Fringing nicht in relevanten Bildbereichen auf und kann somit als ein „harmloses“ Artefakt bezeichnet werden, das allenfalls den ästhetischen Anspruch an ein „hübsches“ Bild verletzt.

  • Artefakt: Bildrauschen (Noise)

    Sinkt die Lichtstärke in einer Szene tief genug, beginnen Standard-Kameras, die Signale zu verstärken. Dadurch nimmt aber auch das Bildrauschen zu. Durch das Tone-Mapping-Verfahren kann es in einigen wenigen Situationen zu verstärktem beziehungsweise deutlich sichtbarerem Bildrauschen in eben diesen Bereichen kommen.

    Der Detailgehalt der relevanten Bildbereiche wird nicht herabgesetzt, allerdings steigen die kompensierte Bandbreite und der Speicherbedarf an. Daher sollte man dieses Phänomen beobachten und entscheiden, ob der Einsatz zusätzlicher Beleuchtung für die Szene angebracht ist. Alternativ kann man auch die Signalverstärkung (gain) reduzieren, was wiederum mit einer Reduzierung der Erkennbarkeit einhergehen kann.

  • Artefakt: Helle Aura (White halo)

    Ebenfalls bedingt durch Tone-Mapping-Verfahren kann es zur Bildung von weißen Auren um die „Hochkontrast“-Bereiche im Übergang von dunklen zu hellen Bereichen kommen. Sichtbar wird dieses Artefakt oftmals, wenn sich ein Objekt vor einem dunkleren Bereich mit wenig Struktur (homogene Fläche) bewegt. Auch dieses Artefakt lässt sich reduzieren, allerdings ebenfalls zum Preis des Informationsverlustes.

    Wie auch das Purple Fringing betrifft es keine relevanten Bildbereiche, da es in Randbereichen auftritt. Deshalb kann auch dieses Artefakt als nicht störend bezeichnet werden.

  • Bewegungsartefakte

    Bewegungsartefakte können auftreten, wenn mit Mehrfachbelichtungen gearbeitet wird und ein bewegtes Objekt als relevant in beiden Belichtungen behandelt wird, auch „Ghosting“ genannt. Darüber hinaus gibt es natürlich die gleiche Bewegungsunschärfe, die auch bei Standardkameras durch zu geringe Lichtwerte bei schnellen Bewegungen in der Szene entstehen können.

    Bewegungsunschärfe, bedingt durch zu geringe Beleuchtung, lässt sich logischerweise durch zusätzliche Beleuchtung kompensieren. Treten hingegen zu viele und zu deutliche Ghosting- Effekte im Bild auf, so kommt man oftmals nicht umhin, den Kamerastandort, die -ausrichtung und -anzahl kritisch zu hinterfragen.

Anzeige

Artefakte unvermeidbar

Ganz ausschließen kann und vor allem sollte man in einer 24/7 Security- Anwendung diese Artefakte nicht. Denn jede mögliche Reduzierung bringt Nachteile mit sich, die in puncto Bildnutzen für die Polizei nicht eingegangen werden sollten. Artefakte sind möglich und bis zu einem gewissen Grade auch unvermeidbar, ihre Kompensation ist in den meisten Fällen nicht zu empfehlen.

Errichter und Endkunden sollten immer im Hinterkopf behalten, wer schlussendlich mit den Bildern arbeitet.

Passend zu diesem Artikel