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Öffentliche Sicherheit 18. März 2024

Fahrzeuge als Tatmittel

Fahrzeuge sind in den letzten Jahren immer wieder als Tatmittel genutzt worden, um sie gezielt in Menschenmengen zu lenken und großen Schaden anzurichten.

Versenkbare Poller sind ein Mittel gegen Fahrzeuge, die als Tatmittel eingesetzt werden könnten.
Versenkbare Poller sind ein Mittel gegen Fahrzeuge, die als Tatmittel eingesetzt werden könnten.

Fahrzeuge als Tatmittel sind heute leider keine Seltenheit mehr.  Vorfälle dieser Art, bei denen Personen zu Schaden kommen oder sterben, gab es vor allem vor den Covid-Jahren, denn während der Pandemie waren deutlich weniger Menschen auf den Straßen. Angesichts akuter Bedrohungslagen, die durch (welt-)politische Ereignisse ausgelöst werden, wie dem Gaza-Krieg in Nahost, müssen Verantwortliche vor allem bei Großveranstaltungen Sicherheitskonzepte hinsichtlich der Risiken von Fahrzeugangriffen mitunter neu denken. Doch auch perspektivisch sind Städteplaner gefordert, wenn es um Sicherheitskonzepte für neue Quartiere, öffentliche Plätze und Verkehrsführungen geht. Urbane Sicherheitskonzepte nachträglich in eine bestehende Bebauung zu integrieren, ist möglich, aber in der Regel aufwändiger und damit teurer als bei einer kompletten architektonischen Neugestaltung.

Fahrzeuge als Waffe

In beiden Fällen stellt sich die Frage, wie solche Sicherungskonzepte aussehen sollen, die Menschen vor den besonderen Risiken von Fahrzeugen unterschiedlicher Tonnage als Tatwerkzeug schützen sollen. Die technischen Möglichkeiten sind vielfältig, doch nicht alle eignen sich, wenn bestimmte Ziele im Einklang mit einem offenen Gesellschaftskonzept einhergehen sollen. Schlagwörter wie „feindliche Architektur“ oder „Festungsbau“ erzeugen in ihrer Umsetzung in einem Stadtbild nur bedingt ein Gefühl der Sicherheit, vielmehr erinnern sie an die potenziellen Bedrohungen. Intelligente und ausgewogene Konzepte und Ideen sind gefragt, die sich auch an Risikoanalysen orientieren sollten. Beispiel Stuttgart: Im Rahmen der Fußball EM 2024 ist ein Sicherungskonzept mit Zufahrtsschutz für die Mercedes-Benz-Arena und Umgebung in der Umsetzung. An 13 neuralgischen Stellen ist eine Vielzahl an versenkbaren Pollern installiert worden. Sie sollen bis zu 40 Tonnen schwere und bis zu 80 Stundenkilometer schnelle Lastwagen aufhalten. Ebenso kommen Erdwälle und weitere Maßnahmen zum Einsatz. Nicht umsonst titeln die Stuttgarter Nachrichten, dass die Arena zur „Festung“ werde. Aber muss sie das überhaupt?

Flachfundamentpoller als Terrorabwehrsperre
Zabag hat einen Hochsicherheits-Flachfundamentpoller entwickelt, der eine effektive Terrorabwehrsperre darstellt.

Adäquate Maßnahmen finden

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Bei solchen Großprojekten, deren Umsetzung schnell Millionen kosten, sollten Verantwortliche immer genau prüfen, welche Schutzziele mit welchen Maßnahmen ausgehend von welchen Risiken umzusetzen sind. Sie sollten sich auch die Frage stellen: Welche Schutzmaßnahmen sind noch verhältnismäßig? Das gilt beispielsweise für die Frage der Poller und welcher Energie sie beim Aufprall standhalten müssen. Natürlich lässt sich immer ein Maximum annehmen (wie ein 40-Tonner und hohe Geschwindigkeit) und die Poller lassen sich dementsprechend dimensionieren. Da dies sich unmittelbar auf die Kosten niederschlägt, sollte aber zuvor geklärt sein, ob ein solches Fahrzeug überhaupt in der Größe und Geschwindigkeit auf einen solch gesicherten Bereich treffen kann. Die Maxime „Viel hilft viel“ ist da nicht immer zielführend, weder kostentechnisch noch optisch-baulich. Denkbar wäre es mit einfachen, kostengünstigen Maßnahmen dafür zu sorgen, dass potenzielle Angriffsfahrzeuge deutlich weniger Geschwindigkeit aufnehmen können. In der Konsequenz genügten dann auch geringer dimensionierte Poller.

Barrieren gegen Fahrzeuge

Zur Verbesserung der Sicherheitslage in gefährdeten Bereichen gibt es eine breite Palette an festen und beweglichen Schutzsystemen. Zahlreiche Städte verfügen über historisch feste Barrieren wie Poller, die in moderne Sicherheitsstrategien eingebunden werden können. Die deutliche Sichtbarkeit neuer, eher funktionaler Barrieren, welche die Bewegungsfreiheit einschränken oder den Verkehr behindern, kann jedoch öffentliche Diskussionen entfachen. Dennoch lassen sich architektonische Maßnahmen finden, welche die erforderlichen Schutzziele erfüllen und sich zugleich harmonisch in das Stadtbild einfügen. Fixe Poller können neben ästhetischen Bedenken auch verkehrstechnische Probleme bereiten. Obwohl absenkbare Barrieren eine funktionale Alternative darstellen, übersteigen ihre Kosten oft das Budget. Als Lösung bieten sich bewegliche Barrieren oder als urbanes Mobiliar getarnte Schutzelemente an, die nicht sofort als solche identifizierbar sind. Gerade bei Großveranstaltungen in Städten können sich mobile Poller in Verbindung mit entsprechender Steuerung von Verkehrsströmen bewähren. Verkehrswege bei Großveranstaltungen lassen sich blockieren oder umleiten, um den Verkehrsfluss zu drosseln und so das Risiko von Hochgeschwindigkeitsattacken durch Fahrzeuge zu minimieren. Überdies lassen sich elektronisch gesteuerte Sperranlagen in moderne, digitale Sicherheitskonzepte integrieren, die etwa vordefinierte Szenarien berücksichtigen und damit im Ernstfall automatisch Zufahrten oder Wege blockieren können. Gerade in den viel genannten „Smart Cities“ sind solche Konzepte in Verbindung mit anderen Technologien wie Videoüberwachung öffentlicher Plätze eine Möglichkeit, Risiken für die Menschen zu minimieren. Auf eine massive Bauweise lässt sich dann verzichten. Die Funktionalität der Räume sowie ihre Aufenthaltsqualität bleiben erhalten, während die Menschen immer noch ausreichend geschützt sind.

Dr. Tillmann Schulze ist Teamleiter Urbane Sicherheit und Bevölkerungsschutz bei EBP

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