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Erfolgsfaktoren im Projekt

Teil 2

Mangelnde Überwachung

Als Resultat treten im Alltag so allerhand Mängel in den Zutrittssystemen auf, wie auch Moderator Volker Kraiss aus seiner Tätigkeit als Sicherheitsberater weiß. Er nennt einen besonders häufigen Fall: „Bei Audits oder Bestandsaufnahmen stelle ich immer wieder fest, dass es eine extrem hohe Anzahl von Zutrittskontrollsystemen in den Unternehmen gibt, die nichts anderes machen, als das altbekannte Tür auf und Tür zu. Von Sicherheit, also den klassischen Türüberwachungsfunktionen, ist da keine Rede. Für mich gehört dies ganz klar zu einer echten Zutrittskontrolle. Wie kommt es zu solchen Versäumnissen?“

Frederik Hamburg vermutet finanzielle Gründe: „Die Türüberwachung wird leider sehr oft nicht in den Ausschreibungen gefordert. Und die Anbieter weisen auch nur selten darauf hin. Später kann man dann sagen: Es war nicht gefordert, was im Grunde auch den Tatsachen entspricht. Fakt ist, die nötigen Türkontakte kosten zusätzlich Geld.“

Albrecht Kimmich ergänzt: „Es ist ja nicht so, dass die Systeme diese Funktion nicht bieten würden, vielmehr wird eine Türüberwachung nur selten in den Ausschreibungen verlangt. Man muss auch bedenken, dass den größten Ausschlag im Endeffekt die Gesamtsumme hat. Und wenn ein Anbieter in der Summe um ein Zigfaches höher liegt als die anderen, bloß weil er von sich aus eine Türüberwachung mit hinein nimmt, hat er schlechte Karten. Andererseits gibt es auch viele Kunden, die einfach sagen: Es interessiert mich nicht. In beiden Fällen wäre das eine Aufgabe für unabhängige Berater, die auf den Nutzen hinweisen und von vornherein eine entsprechende Ausschreibung aufsetzen.“

Auch Kester Brands fällt dieses Versäumnis häufiger auf: „Wenn wir beispielsweise zu einer Überprüfung bei einem Bestandskunden kommen, stellen wir solche Mängel in den Anlagen natürlich auch fest. Diese ließen sich dann mit einer Nachrüstung was ein Nachtragsangebot, das einen Betrag X kostet, zur Folge hat, lösen. Nur leider wird auch das oft abgelehnt.“

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Thomas Christian von Bosch Sicherheitstechnik fordert deshalb: „Ungeachtet der Tatsache, dass der Kunde eine detaillierte Planungsphase anfangs oftmals nicht explizit fordert, ist dies einer der wichtigen Punkte, den man mit dem Kunden intensiv diskutieren sollte. Ich denke, dies bleibt leider noch viel zu oft aus.“

Dirk Nehr, Abteilungsleiter, Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT
Armin Weinmann, Vertriebsleiter, Intrakey Technologies AG
Volker Kraiss, Moderator des Forums Zutrittskontrolle

Dass es hier Beratungsbedarf gibt, glaubt auch Armin Weinmann: „Wenn man zu zehn Kunden geht und das Thema Türmanagement und Überwachung berät und am Ende dann die Frage stellt, wer sich beim Kunden denn darum kümmert, wenn es einen Türalarm gibt, dann blickt man in sieben Fällen in fragende Augen. Das ist ein weiterer Grund, warum das Thema Alarmmanagement aus Kundensicht oft außen vor ist. Wenn Alarme auftreten, dann muss man auf diese auch reagieren. Dies erfordert jedoch entsprechende Ressourcen.“

Komfortable Lösung?

Viele der angesprochenen Schwierigkeiten und Mängel ließen sich womöglich umgehen, wenn am einen gänzlich anderen Ansatz wählen würde. Und so wollte Moderator Volker Kraiss abschließend von den Teilnehmern wissen: „Wären nicht Betreibermodelle für die Zutrittskontrolle eine clevere Lösung, die auch für den Kunden zahlreiche Vorteile bieten würde? Wer von den Herstellern hat schon einmal daran gedacht, solche Angebote zu schnüren?“

Thomas Christian kennt die Praxis: „Bei Bosch Sicherheitssysteme GmbH sind Betreibermodelle ein Geschäftsmodell. Als Betreiber einer Anlage müssen wir sicherstellen, dass alles optimal geplant und umgesetzt wird und die Systeme zuverlässig arbeiten. Der Anwender profitiert davon, da er sich nicht selbst um die immer komplexer werdenden Anlagen kümmern muss und sich seinem Kerngeschäft widmen kann.“

Kerster Brands von Tyco sieht den Ansatz dennoch skeptisch: „Wir haben oft darüber nachgedacht und auch mehrfach versucht Betreibermodelle einzuführen, aber sie finden leider nur wenig Akzeptanz, speziell in Deutschland. Das ist wohl ein psychologisches Problem, weil der Kunde das Gefühl hat, er gibt seinen Schlüssel vom Unternehmen aus der Hand und ist nicht mehr Herr über ‚sein‘ System. Dies kann und wird sich im Zuge attraktiver Cloud-Dienste und -Lösungen womöglich verändern.“

Für Thomas Maier wäre es lohnend, wenn Kunden und Hersteller es in Erwägung ziehen, auf Betreibermodelle zu setzen: „Wenn der Hersteller ein System selbst betreibt, dann achtet er ganz bewusst darauf, dass die Komplexität und die kalkulatorischen Risiken nicht zu hoch sind, um es kosteneffektiv betreiben zu können. Diese SaaS-Modelle sind für den Endkunden deshalb interessant, weil er zwar ein Stück Verantwortung abgibt, aber auch jemanden zur Verantwortung ziehen kann.“

Die Diskussion hat gezeigt, dass Zutrittsprojekte nicht mal eben nebenbei abzuhandeln sind. Die alte Weisheit von „einem Stück Zutrittskontrolle“, das der Kunde am liebsten kaufen würde, hat nach wie vor Gültigkeit. Die Anlagen sind zu individuell und zu komplex als dass Systeme von der Stange echten Nutzen bringen könnten. Deshalb müssen alle ihren Teil beitragen, wenn Projekte erfolgreich sein und echten Nutzen bringen sollen – das betrifft Hersteller und Errichter ebenso wie Berater und Anwender.

Michael Gückel
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