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Einmal Offline für alle

Mit dem der „Standard Offline Access Application“ soll es gelingen, die momentan noch proprietär agierende Sparte der Offline-Zutrittskontrolle und der mechatronischen Schließanlagen zu standardisieren. Doch wie hoch stehen die Chancen dafür und wem kann dies wirklich nützen?

Versuche zur Standardisierung hat es in der Sicherheitstechnik bereits viele gegeben – manche waren einigermaßen erfolgreich, andere sind gnadenlos gescheitert. Nun wollen die Firmen Assa Abloy, Dorma und Nedap sowie die Consulting-Unternehmen Gaius und Zugang mit SOAA den Bereich der elektronischen Schließsysteme vereinheitlichen. Boris Stamm, Moderator des PROTECTOR Forums Zutrittskontrolle, vermutet als Zielsetzung Vorteile für Großanwender: „Der Standardisierungsversuch von SOAA geschieht sicherlich vor dem Hintergrund, dass größere Betreiber viel Wert auf Investitionssicherheit und Unabhängigkeit von einzelnen Lieferanten und Herstellern legen. Ist dieser Zielgruppe SOAA überhaupt bekannt, beziehungsweise wie groß ist die Nachfrage bisher?“

Hartmut Beckmann von Uhlmann und Zacher sieht gute Ansätze, aber auch einige Schwierigkeiten: „Wir hatten in der Vergangenheit bereits Projektanfragen zum Thema SOAA in Verbindung mit Legic Advant. Diese sind aber bisher daran gescheitert, dass die Spezifikation dafür noch nicht fertiggestellt war. In Verbindung mit Mifare Desfire gab es ebenfalls konkrete Ausschreibungen. Darüber hinaus gibt es natürlich bei einigen Großkunden die Tendenz, mechatronische Systeme auf SOAA-Basis ausschreiben zu wollen.“

Dem stimmt Christoph Tegelkamp von Dorma zu: „Wir sehen ebenfalls schon Anfragen, vor allem, wenn wir mit großen Organisationen sprechen, die viele Türen administrieren müssen. Hier ist der Wunsch vorhanden, möglichst nicht nur den Standard von Firma A sondern auch den Standard von Firma B einzukaufen. Man möchte nicht abhängig sein von einem Anbieter. Daraus resultiert eine höhere Nachfrage nach Standards bei den großen Betreibern von großen Schließsystemen.“

Gespaltenes Bild

Doch nicht alle sehen hier bereits großes Potenzial im Markt. Sven Däberitz von Intrakey gibt sich zwar interessiert, aber zurückhaltend: „Konkrete Nachfragen nach SOAA hatten wir bisher keine. Trotzdem verfolgen wir das Thema seit Anfang an sehr aufmerksam. Wir haben es auch in unserer Software implementiert, um auf Ausschreibungen vorbereitet zu sein, die SOAA fordern.“

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„Die professionelle High-End-Zutrittskontrolle unterscheidet sich in der Funktionalität und dem umfassenden Sicherheitsgedanken tatsächlich noch an sehr vielen Stellen von den elektronischen Schließanlagen. Deshalb gibt es mehr und mehr auch integrierte Zutrittskontrollsysteme, gerade in größeren Organisationen und Unternehmen. Bei der Entscheidung für eine elektronische Schließanlage wird meist nur eine alte mechanische Schließanlage durch Mechatronik ersetzt, weil es lediglich um Kernfunktionen wie berechtigtes Öffnen und Schließen geht.“
Christoph Tegelkamp, Sales Manager D STA, Dorma Time & Access GmbH

„Als Hersteller von Online-Zutrittskontrolle kann es einem relativ gleichgültig sein, wie hier der Trend verläuft. Im Gegenteil, es kann eher noch Vorteile bringen, wenn man zwischen verschiedenen Herstellern von Mechatronik künftig unkompliziert auswählen kann, ohne in seiner Anwendersoftware einen riesigen Aufwand zur Integration treiben zu müssen.“
Michael Wienke, Produkt Manager, Honeywell Security Group / Novar GmbH

„Es wird momentan noch an SOAA gearbeitet, bisher verabschiedet ist die Spezifikation Mifare Desfire (EV1). Hierfür gibt es ein fertiges Papier, nachdem man integrieren kann. An der Version für Legic Advant wird aktuell noch gearbeitet.“
Hartmut Beckmann, Vertriebsleiter, Uhlmann & Zacher GmbH

„Wir haben mit Aperio eine eigene mechatronische OEM-Plattform. Die Idee hinter SOAA verfolgt unseren OEM-Ansatz konsequent weiter und vereinfacht gewissermaßen die Integration. Die Differenzierung der Anbieter erfolgt meines Erachtens dann nicht mehr ausschließlich auf Komponenten-Ebene. Entscheidend für OEM-Partner und Endkunden wird mehr und mehr das gesamte Lösungsportfolio rund um die Tür sein. Unabhängig davon sehe ich zwei Ansätze im Markt: Zum einen die Fälle, in denen man die mechanische Schließanlage durch eine flexiblere Mechatronik-Schließanlage ersetzen möchte und zum anderen, den Ansatz der Erweiterung der klassischen Online-Zutrittskontrolle mit allen Annehmlichkeiten und Funktionen zur Sicherheit und Überwachung.“
Polichronis Sidiropoulos, Verkaufsleiter Zutrittskontrolle, Assa Abloy Sicherheitstechnik GmbH

Ganz ähnlich sieht es Kester Brands von Tyco: „Auch bei uns gab es noch keine Projekte oder Nachfragen nach SOAA. Dennoch hat auch unser Produktmanagement sich damit beschäftigt. Momentan müssen wir noch etwas abwarten, wie sich es entwickelt.“

Verfolgen und abwarten ist auch die Devise, nach der Rainer Füess von Tisoware vorgeht: „Auch wenn wir bisher in der Praxis noch damit zu tun hatten, finden wir den Ansatz prinzipiell interessant. Für uns als Software-Anbieter ist aber in erster Linie wichtig, wie sich unsere Hardwarepartner dazu aufstellen. Wenn sich diese nicht für SOAA begeistern können, hat es für uns auch wenig Sinn.“

Ein differenziertes Bild des Markts zeichnet Jürgen Schneider von Nedap Technology Partner: „Wir haben bereits Anfragen nach SOAA, aber das ist nicht verwunderlich. Standards bewirken in der Regel immer eine Markterweiterung. Trotzdem muss man die Situation am Markt verstehen: An SOAA werden originär die leistungsfähigen Hersteller von Mechatronik teilhaben und profitieren. Die Hersteller, die nur drahtgebundene Online-Zutrittslösungen anbieten, haben das allenfalls als Add-on im Paket.“

Dem pflichtet Robert Karolus von Interflex bei: „So verhält es sich bei uns auch. Wir haben uns nicht gegen SOAA ausgesprochen, sondern beschlossen: Wenn der Markt es in Zukunft einfordert, werden wir es umsetzen. Wir haben uns die Spezifikationen natürlich angesehen und müssen sagen, dass es auch nicht gerade wenig Aufwand ist, SOAA zu integrieren.“

Zug im Rollen?

In diesem frühen Stadium des SOAA-Standards scheinen also viele Marktteilnehmer noch eher in Lauerstellung. Man wartet, bis der Zug Fahrt aufnimmt und springt dann gegebenenfalls auf. Dabei stellt sich natürlich die Frage, wem SOAA nützt und in welchen Bereichen das meiste Potenzial vorhanden ist.

Für Jürgen Schneider ist die Frage nach dem Nutzen auch immer eine Frage der eigenen Perspektive: „Immer, wenn das Thema Standards aufkommt, finden sich auch genügend Meinungen und Gründe, die aufzeigen wollen, warum ein Standard dem Kunden vermeintlich gar nichts bringt. Natürlich gibt es Hersteller, die sagen, ich habe ein Problem damit, wenn ich durch einen Standard vergleichbar werde. Das ist häufig ein Grund, warum die Initiierung von Standards konservativ gesehen werden. Dennoch bewirken sie eine gewisse Transparenz und führen oft zu einer Konsolidierung auf Herstellerseite. Im konkreten Fall von SOAA nützt dieses Vorhaben in erster Linie den Mechatronik-Herstellern – die klassischen Anbieter von proprietärer Online-Zutrittskontrolle partizipieren kaum davon.“

Polichronis Sidiropoulos von Assa Abloy betont die erzielte Offenheit, die letztlich auch Online-Anbietern nicht schadet: „Wir haben mit Aperio eine eigene mechatronische OEM-Plattform. Die Idee hinter SOAA verfolgt unseren OEM-Ansatz konsequent weiter und vereinfacht gewissermaßen die Integration. Die Differenzierung der Anbieter erfolgt meines Erachtens dann nicht mehr ausschließlich auf Komponenten-Ebene. Entscheidend für OEM-Partner und Endkunden wird mehr und mehr das gesamte Lösungsportfolio rund um die Tür sein. Unabhängig davon sehe ich zwei Ansätze im Markt: Zum einen die Fälle, in denen man die mechanische Schließanlage durch eine flexiblere Mechatronik-Schließanlage ersetzen möchte und zum anderen, den Ansatz der Erweiterung der klassischen Online-Zutrittskontrolle mit allen Annehmlichkeiten und Funktionen zur Sicherheit und Überwachung.“

Hierfür fehlen einfach die Voraussetzungen, wie auch Christoph Tegelkamp findet: „Die professionelle High-End-Zutrittskontrolle unterscheidet sich in der Funktionalität und dem umfassenden Sicherheitsgedanken tatsächlich noch an sehr vielen Stellen von den elektronischen Schließanlagen. Deshalb gibt es mehr und mehr auch integrierte Zutrittskontrollsysteme, gerade in größeren Organisationen und Unternehmen. Bei der Entscheidung für eine elektronische Schließanlage wird meist nur eine alte mechanische Schließanlage durch Mechatronik ersetzt, weil es lediglich um Kernfunktionen wie berechtigtes Öffnen und Schließen geht.“

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