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Gefahrenmeldetechnik 24. Mai 2019

Der Ernstfall ist da – rette sich, wer kann?

Terroristische Angriffe, Amoktäter, Vandalismus in öffentlichen Gebäuden - was kann man tun, um diese Bedrohungen möglichst effektiv abzuwehren?

Seit 2016 ist die neue Norm DIN VDE 0827 für Notfall- und Gefahrensysteme (NGRS) in Kraft. Sie regelt erstmalig die Anforderungen an technische Systeme, die in Notfällen und Gefahrensituationen Alarm auslösen, Hilfe rufen, Betroffene warnen und akustische Handlungsanweisungen geben können.

Die VDE0827 als Basis

Oftmals wird die Norm VDE0827 jedoch nur in Zusammenhang mit dem Amokalarm in Schulen in Verbindung gebracht. Es sind jedoch alle öffentlichen Gebäude mit Publikumsverkehr im Fokus der Norm. Auch für private Betreiber von Geschäftsräumen wie zum Beispiel Kaufhäuser, Einkaufszentren und Bürokomplexe ist es daher ratsam, sich mit den Anforderungen zu befassen. Eine einzelne Maßnahme aus dem Katalog möglicher technischer Lösungen wird jedoch nur in den seltensten Fällen ausreichen, den gemäß Norm zu konsultierenden technischen Risikomanager zufrieden zu stellen. Wesentlich für ein Notfallkonzept ist die Beachtung der aktuellen Besonderheiten des Gebäudes oder der Liegenschaft. Nur eine Kombination aus verschiedenen Maßnahmen ermöglicht es, sinnvolle Gegenmaßnahmen im Falle eines Angriffs zu planen. Jede Bedrohung ist anders Leider gibt es kein einheitliches Handlungskonzept für alle möglichen Bedrohungen. Ein Amok- oder Terrorangriff benötigt andere Abwehrhandlungen als ein aggressiver Einzelner oder eine aggressive Gruppe zum Beispiel in einem Jobcenter. Ein einzelner (Amok-)Täter oder eine gewaltbereite Tätergruppe muss möglichst isoliert werden, ein Sachbearbeiter, dem ein gewaltbereiter, unzufriedener Antragsteller gegenübersteht, braucht aber schnelle Hilfe – beispielsweise aus dem Nachbarbüro. Und im Brandfall sollten alle gefährdeten Personen, also Besucher und Mitarbeiter, den Gefahrenbereich schnellstmöglich verlassen. Es gibt aber glücklicherweise Gemeinsamkeiten der Gefahrenabwehr: Eine effiziente Alarmierung hilfeleistender Stellen und möglichst gleichzeitig eine ausreichende Information mit Handlungsempfehlungen an die Betroffenen. Ein gut vorbereitetes Konzept verbunden mit automatischer Abarbeitung verhindert Fehler, die in der Hektik der Ereignisse sonst nahezu unvermeidbar sind.

Besondere Anforderungen an die Kommunikationstechnik

Oftmals wird die Meinung vertreten, es reiche aus, wenn eine Alarmauslösung ausschließlich über normale Telefonverbindungen (Internet- Festnetz oder Mobilfunk) erfolgt. Dies ist nicht korrekt, da der Verbindungsaufbau erst im Ereignisfall erfolgt, die NGRS-Norm aber eine ständige Verfügbarkeitsüberwachung der Verbindung verlangt. Fest installierte Sprechstellen dürfen also nur über Gateways mit dem Übertragungsnetz zur Alarmempfangseinrichtung verbunden werden, die über eine Verbindungsüberwachung gemäß EN50136 verfügen. Wichtig ist außerdem die Beachtung von Datenschutzregeln: Sprechstellen dürfen von außen nur dann erreichbar sein, wenn ein aktueller Alarmzustand existiert. Anderenfalls wäre eine unzulässige akustische Raumüberwachung möglich. TAS bietet hier ein innovatives Alarm- Gateway unter dem Namen Siro-Port N an, das die genannten Anforderungen vollständig erfüllt und als Alarmübertragungseinrichtung vom VdS anerkannt ist. Selbstverständlich kann das Alarm-Gateway auch zusätzlich alle anderen Alarme aus dem Gebäude VdS-konform in die Sicherungskette übertragen. Moderne, automatisch arbeitende Alarmierungsserver wie Arutel können dabei einen wesentlichen Beitrag zur schnellen Unterstützung der Einsatzkräfte leisten.

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Sprachalarmierung zur effektiven Gefahrenabwehr

In Zeiten leerer öffentlicher Kassen ist es sicherlich verlockend, ältere vorhandene Lautsprecher- Anlagen (ELA) zu nutzen, wie sie für allgemeine Durchsagen oder für den „Pausengong“ bereits installiert sind. ELA sind allerdings nur nutzbar, wenn sie über genügend selektive Bereiche verfügen, um je nach Bedrohungslage unterschiedliche Nachrichten in verschiedene Räume zu übertragen. Kritisch zu betrachten ist leider auch eine vorhandene Sprachalarmierung im Brandfall, wie sie die EN54-16 vorgibt. Ein provozierter Brandalarm könnte so die zur Räumung des Gebäudes aufgeforderten Personen ins Schussfeld eines Amoktäters treiben. Eine gemeinsame Nutzung für beide Bedrohungen muss also sorgfältig geplant werden. Dagegen ist es mit dem Alarmierungsserver Arutel ganz leicht, Sprachnachrichten an die Betroffenen gezielt zu verteilen. Sei es über die Mobilfunkgeräte der Angestellten, über Textnachrichten auf Bildschirmen oder über geeignete Lautsprecheranlagen in den Gebäuden. TAS bietet hier mit dem Alarmierungsserver ein bedeutendes Hilfsmittel zur Krisenkommunikation.

Notwendiges Übel oder alltägliche Hilfe?

Notfallsysteme erfolgen für einen Einsatzzweck, der hoffentlich nie eintreten wird. Es ist also geboten, sich über eine alltägliche Nutzbarkeit Gedanken zu machen. Installierte Sprechstellen lassen sich für interne Serviceanfragen nutzen. Sprechstellen mit aktiven Lautsprechern könnten sogar ELA ersetzen, und ein Alarmierungsserver steht für Sprachauskünfte zur Verfügung: Automatische Anrufe statt Telefonkette, Absprachen unter Kollegen über integrierte Sprachkonferenz- „Räume“, Veröffentlichung von Informationen, die automatisch über Telefon abrufbar sind und so weiter. Ist so ein System als Teil des täglichen Lebens akzeptiert, wird es auch im Notfall problemlos bedienbar sein und sicher funktionieren.

Guido Frohn, Produktmanager TAS Sicherheits- und Kommunikationstechnik

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