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Öffentliche Sicherheit 17. März 2021

Coronapandemie: Herausforderung für Krankenhäuser

Krankenhäuser sind von der aktuellen Coronapandemie besonders betroffen. Es gilt, Funktionalität und Resilienz dauerhaft zu gewährleisten – eine große Herausforderung.

Hygiene ist nicht nur in der Coronapandemie in den Krankenhäusern ein elementarer Baustein und eine permanente Herausforderung.
Hygiene ist nicht nur in der Coronapandemie in den Krankenhäusern ein elementarer Baustein und eine permanente Herausforderung.

Das Gesundheitswesen mit seinen Krankenhäusern und medizinischen Einrichtungen ist in Deutschland Teil der Kritischen Infrastrukturen und steht durch die aktuelle Coronapandemie vor besonderen Herausforderungen. Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen nehmen eine Schlüsselstellung ein, denn sie sind für die akute Versorgung der Menschen in Notfällen erste Anlaufstelle. Bereits begrenzte, lokale Schadenslagen können medizinische Einrichtungen schnell an den Rand ihrer Kapazitäten bringen, sodass eine hohe Funktionalität und Resilienz dauerhaft gewährleistet sein muss.

Extremereignisse wie die aktuelle Pandemie haben vor allem außerhalb Deutschlands gezeigt, wie schnell Gesundheitssysteme und ihre entsprechenden Einrichtungen am Rande des Belastbaren arbeiten müssen – siehe das europäische Ausland. Um die Versorgung auch unter extremen Bedingungen zu gewährleisten, ist es wichtig, als Einrichtung entsprechend aufgestellt zu sein.

Die Risiken in Krankenhäusern kennen

Krankenhäuser sind verpflichtet, eine Krankenhausalarmplanung vorzuhalten, um etwa bei spezifischen Notlagen möglichst schnell organisatorisch und mit entsprechendem Ressourceneinsatz reagieren zu können. Dazu müssen sich die Einrichtungen möglicher Risiken für ihre Fähigkeit, Schadenslagen zu bewältigen, bewusst sein. Ein erfolgreiches Krisenmanagement erfordert daher eine Risikoanalyse, die für jedes Krankenhaus unterschiedlich ausfallen kann. Eine Bestandsaufnahme umfasst dabei zunächst eine Standortanalyse, zu der die räumliche Lage (Stadtzentrum / Stadtrand) sowie der Versorgungsbereich (Einwohner, Patienten/Jahr) und das weitere Gesundheitsnetzwerk, also andere Anbieter medizinischer Leistungen, gehören. Da Krankenhäuser komplexe Gebilde hinsichtlich ihrer internen Abläufe darstellen, ist es notwendig, Prozesse und dazugehörige Komponenten zu identifizieren.

Die Pandemie hat beispielsweise gezeigt, wie anfällig der Prozess „Pflege“ auf Intensivstationen sein kann, wenn die Komponente „Fachpersonal“ nicht ausreichend zur Verfügung steht. Dasselbe gilt für technische Ressourcen, wie Schutzausrüstung, Beatmungsgeräte, intensivmedizinische Räumlichkeiten und ähnliches. Anhand der Prozesse und ihrer Komponenten leiten sich die Schutzziele ab. Die Risikoanalyse je Prozess liefert Antworten auf die Fragen, ob ein Prozess ausfallen kann und welche Folgen dies hätte und wie wahrscheinlich der Eintritt eines Ausfalls oder einer Beeinträchtigung ist.

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Frühzeitig planen und organisieren

Die erste Welle der Coronapandemie im Frühjahr 2020 hat große Anforderungen an die Krankenhäuser gestellt, vor allem bezogen auf die personelle Organisation und die Ausstattung mit notwendigen Materialien. Dabei sind nicht alle Krankenhäuser gleichermaßen erste Anlaufstelle für Coronapatienten, wenngleich alle sich auf die Aufnahme oder die Schaffung von Ausweichkapazitäten vorbereiten mussten. Die BG Klinik Ludwigshafen ist ein Beispiel für ein Krankenhaus, das sich intensiv mit den Auswirkungen der Pandemie auf die Einrichtung selbst sowie die Versorgung von Patienten allgemein im Rahmen steigender Fallzahlen auseinandergesetzt hat. Da die BG Klinik auf die Schwerpunkte Unfallchirurgie, Hand-, Plastische und Verbrennungschirurgie spezialisiert ist, fällt ihr aktuell die Rolle der Entlastung anderer Kliniken zu, indem sie entsprechende Patienten zur intensivmedizinischen Betreuung aufnimmt, um damit Kapazitäten für Covid-Patienten andernorts freizumachen.

Die aktuelle Lage wird derzeit einmal wöchentlich von einem Covid-Kernteam in der Klinik analysiert und bewertet. Zu diesem Team gehören unter anderem die Geschäftsführung, der Ärztliche Direktor, Krankenhaushygieniker, Einkauf, Apotheke, und weitere Mitarbeiter. Die steigenden Fallzahlen an Infizierten im November wirken sich mit zeitlicher Verzögerung auch auf die Anzahl derer aus, die intensivmedizinisch beatmet werden müssen. In Rheinland-Pfalz sind Kliniken per Verordnung angehalten, ihre Intensivbehandlungsbetten mit Beatmungsmöglichkeit auf mindestens 20 Prozent ihrer jeweiligen Kapazitäten vorzuhalten (siehe Kasten).

Herausforderung Coronapandemie: Testen, isolieren, versorgen

Die Aufnahme von Patienten, bei denen im Vorfeld ungewiss ist, ob sie mit Covid-19 infiziert sind, muss sorgfältig geplant sein. „Die erste Welle hat gezeigt, wie schnell ein infizierter Patient Teile der Belegschaft außer Gefecht setzen kann, wenn diese in Quarantäne muss“, erklärt Dr. med. Andreas Gather von der BG Klinik Ludwigshafen. Eine Lehre daraus war etwa, Patienten direkt auf die Zielstation zu verbringen und nicht erst über andere Stationen zu schleusen. Ferner hat die BG Klinik auch Pläne entwickelt, wie der Betrieb mit einem reduzierten Mitarbeiterstab für Kernbereiche aufrechterhalten werden kann, beispielsweise mit einem Rotationsprinzip, um Ansteckungsgefahren zu minimieren. Besucherzutritte sind zudem stark eingeschränkt worden, mit maximal einem Besucher pro Patient und dies auch nur bei solchen, die einen erhöhten Sozialkontakt benötigen, wie Schwerstverletzte oder Kinder. Das Klinikpersonal ist angehalten, bei etwaigen Verstößen gegen die überall geltende Maskenpflicht die betreffenden Personen anzusprechen. Im äußersten Fall würden Besucher auch des Hauses verwiesen, sollte sich jemand uneinsichtig zeigen. Alle Besucher müssen ihre Kontaktdaten hinterlassen und werden am Eingang auf ihre Körpertemperatur hin gemessen. Dies geschieht durch eine Wärmebildkamera, die die Hauttemperatur misst. Ebenso kontrolliert eine Wärmebildkamera die Mitarbeiter am Personaleingang. In beiden Fällen wird per Hand nachgemessen, sollte das Messergebnis „rot“ und der Zutritt damit nicht gestattet sein.

Die Versorgung betrifft im Übrigen auch den Transport von Patienten, was zu Pandemiezeiten ebenfalls ein speziell zu berücksichtigender Prozessbaustein ist, da Transportmittel erst umfänglich gereinigt werden müssen und daher für eine bestimmte Zeit nicht genutzt werden können. Im Frühjahr hatte das Land Rheinland-Pfalz im Zuge der ersten Welle einen Hubschrauber speziell für interklinische Transfers von Covid-19 Patienten angefragt. Im April ist mit “Christoph 112“ an der BG Klinik Ludwigshafen ein solcher Hubschrauber vom Typ H145 nun stationiert. Das Besondere ist die Organisation der Teams, die mit dem Hubschrauber fliegen, und die mitgeführte medizintechnische Ausstattung. Die Crews sind in kleine Teams mit wenig Fluktuation eingeteilt, um Ansteckungsrisiken auf kleine Personenkreise zu reduzieren. Die gesamte Crew muss sich einem aufwendigen Hygieneverfahren unterziehen, zu dem Vollschutz, Brille, Helm, Handschuhe und Ganzkörper-Schutzanzug gehören. Die Größe des H145 lässt eine intensivmedizinische Behandlung von Patienten zu, sodass im Innern während des Flugs eine Lungenersatztherapie (ECMO, extrakorporale Membranoxygenierung) durchgeführt werden kann. Mit seinem Wetterradar und einer Klimaanlage ist der H145 auch sehr gut für längere Verlegungsflüge geeignet.

Eine Frage der Ressourcen?

Ein Problem, dem sich Kliniken generell in der Pandemie gegenüber sehen, sind personelle Ressourcen. Diese sind durch das Infektionsgeschehen vielerorts angespannt, was dann auch zu Schließungen einzelner Fachbereiche oder Reduzierung von Dienstleistungen führen kann, damit Personal für die Notfallversorgung zur Verfügung steht. Im Übrigen zeigt sich während der zweiten Welle, dass nicht fehlende Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit das Problem sind, sondern ausreichend qualifiziertes Personal für die Behandlung von dort liegenden Patienten zu haben. Denn während der Aufbau von Intensivkapazitäten durch räumliche Neuordnungen und das Beschaffen von Geräten vergleichsweise schnell vonstattengeht, sind entsprechende Pflegekräfte Mangelware. „Bei einem steigenden Bedarf an Intensivbetten aufgrund stark anwachsender Fallzahlen ist auch damit zu rechnen, dass mehr Mitarbeiter selbst erkranken oder vorsorglich in Quarantäne geschickt werden, was wir in den Szenarien berücksichtigen müssen“, so Dr. Gather.

Ein anderes Problem, was sich während der ersten Welle im Frühjahr gezeigt hat, ist die Ausstattung mit persönlicher Schutzausrüstung (FFP2/3-Masken, Handschuhe) und Desinfektionsmitteln gewesen. Diese waren teilweise für den Alltagsbetrieb schwer zu beschaffen, mittlerweile hat sich die Situation deutlich entspannt. Ein Grund dafür war sicherlich die Maßnahme der Bundesregierung, im Juni den Beschluss für eine „Nationale Reserve Persönliche Schutzausrüstung“ zu fassen. Die Produktionskapazität von medizinischen Gesichtsmasken und filtrierenden Halbmasken in Deutschland soll Ende August 2020 um jährlich 2,5 Milliarden erhöht werden, bis Ende Juni 2021 ist eine zusätzlich jährlich produzierte Anzahl von 4,5 Milliarden medizinischen Gesichtsmasken und filtrierenden Halbmasken sicherzustellen.

Die Coronapandemie wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch im kommenden Jahr zu einem großen Teil den Alltag, das Berufsleben und die medizinische Versorgung bestimmen. Auch wenn unklar ist, ob die Wellenbewegung auch im Winter weiter anhält, sind alle Verantwortlichen gefordert, möglichst viele Lehren aus diesem Jahr zu ziehen, die Auswirkungen der Pandemie möglichst gering zu halten. Das Gesundheitssystem wird dabei weiterhin eine zentrale Rolle im Umgang mit Covid-19 spielen, sowohl bei der Behandlung von Patienten als auch in der Prävention mit fachlichen Informationen.

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