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Videosicherheit 8. Dezember 2023

Berliner ÖPNV setzt mit System-Upgrade Maßstäbe

Bahnhofsicherheit: Die BVG hat eine zukunftsweisende Umgebung für die Erkennung und Handhabung von Vorfällen implementiert.

Die BVG hat vor kurzem die netzweite Systeminfrastruktur und die Software zur Einsatzplanung überarbeitet, die von der Betriebsleitstelle für Sicherheit (BLSI) genutzt wird.
Die BVG hat vor kurzem die netzweite Systeminfrastruktur und die Software zur Einsatzplanung überarbeitet, die von der Betriebsleitstelle für Sicherheit (BLSI) genutzt wird.

Die Berliner U-Bahn, die von den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) – Deutschlands größtem Nahverkehrsunternehmen – betrieben wird, ist ein wichtiger Bestandteil der städtischen Infrastruktur. Über 1.300 Fahrzeuge sind auf neun Linien im Einsatz und verbinden 174 Stationen miteinander. In enger Zusammenarbeit mit Synectics, einem Spezialisten für Betriebs- und Sicherheitsmanagementlösungen, hat die BVG eine zukunftsweisende Umgebung für die Erkennung und Handhabung von Vorfällen implementiert.

Die BVG hat vor kurzem die netzweite Systeminfrastruktur und die Software zur Einsatzplanung überarbeitet, die von der Betriebsleitstelle für Sicherheit (BLSI) genutzt wird. Steffen Habermehl, Leiter der Abteilung Strategische Entwicklung und Technologie bei Synectics, erklärt: „Die BVG betreibt zum Schutz der Daten ein komplett geschlossenes Netzwerk, was den Zugriff auf offene Visualisierungstools wie Google Maps unmöglich macht. Wir haben jedoch eine Mapping-Lösung entwickelt, die dieselben Vorteile bietet.“

Die Zukunft der Vorfallsbearbeitung

Eine Kombination aus interaktiven Bahnhofskarten und einem GIS (Geografisches Informationssystem) liefert präzise Standort- und Kontextinformationen zur Verbesserung der Vorfallsbearbeitung. Das GIS wurde auf Grundlage offener Technologien entwickelt. Als Offline-System integriert es hunderttausende frei verfügbare Daten inklusive Prozessen zur Datensynchronisierung.

„Das Leitstellenpersonal kann schnell Details und Standorte von Bahnhofseinrichtungen, Kameras, und Sicherheitspersonal sehen, einfach zwischen verschiedenen Datenebenen wechseln und in diese hineinzoomen, um eine genaue Echtzeitansicht des Lagebildes zu erhalten“, fährt Habermehl fort.

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Außerdem wird die genaue Position von etwa 550 Notrufsäulen im gesamten U-Bahnnetz angezeigt. Bei Aktivierung der Säulen werden Video- und Audiodaten sofort an die BLSI gestreamt, um vor Ort angemessene Hilfe zu ermöglichen. Mitarbeiter der Leitstelle werden in die Lage versetzt sich innerhalb kürzester Zeit einen Überblick über die Situation zu verschaffen.

Vereinfachung der Prozesse

Der Schwerpunkt beim Update des Systems lag auch auf der Beschleunigung von Reaktionszeiten. Die neu gestaltete User Experience (UX) ist auf die Prozesse der BVG zugeschnitten und individuell für jeden Mitarbeitenden anpassbar. „Wir haben das Layout, die Farbcodierung und andere Funktionen optimiert, um eine Struktur zu gestalten, bei der jede Hauptfunktion mit nur einem Klick erreichbar ist“, sagt Habermehl, „dadurch wird wertvolle Zeit bei der Bearbeitung eingespart“.

Die Vereinfachung von Prozessen zeigt sich auch an anderen Stellen: Zum Beispiel wird bei einem eingehenden Notruf automatisch ein Vorfall erstellt, der relevante Daten wie das Videomaterial speichert. Wichtige Informationen sind bereits enthalten, damit das Personal sich auf die Vorfallsbearbeitung konzentrieren kann. Vordefinierte Abläufe leiten die Benutzer durch die nächste empfohlene Maßnahme gemäß Standardarbeitsanweisungen (SOPs) der BVG. Dies spart Zeit und führt zu einem einheitlichen und sicherheitskonformen Vorfallsmanagement.

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Da viele U-Bahnhöfe unbesetzt sind, ist eine Fernüberwachung der Örtlichkeiten unerlässlich. Es können vorkonfigurierte Sequenzen ausgewählt werden, die automatisch einem optimierten Pfad durch die Station folgen. Zukünftig soll das System automatisch auf potenziell bedenkliche Situationen hinweisen.

Kooperativer Ansatz

Für einen optimalen Fahrgastschutz ist es wichtig, dass die BLSI eng mit den sechs SIS-Leitstellen der BVG zusammenarbeiten kann. SIS-Leitstellenteams können auf Live-Kamerastreams zugreifen. Dank der integrierten Kommunikation können Notrufe zwischen SIS-Leitstellen und BLSI per Knopfdruck weitergeleitet werden. Auch die Polizei verfügt über Notrufleitungen zur BLSI. Polizeibeamte haben einen eigenen Arbeitsplatz in der Leitstelle mit Vorfallsmanagement-Funktionen, kooperieren bei Bedarf mit den Leitstellenmitarbeitenden, teilen Aufgaben und analysieren gemeinsam aufgezeichnetes und Live-Videomaterial.

Fahrscheinautomat und SOS-Notruf- und Infosäule in der Berliner U-Bahnstation am Hauptbahnhof. 
Fahrscheinautomat und SOS-Notruf- und Infosäule in der Berliner U-Bahnstation am Hauptbahnhof. 

Modularisierung: eine zukunftsweisende Strategie

Das System unterstützt auch die Zusammenarbeit bei bestimmten Arten von Vorfällen, wie zum Beispiel Vandalismus. Das neueste Upgrade beinhaltet eine Überarbeitung des Moduls für das Vandalismusmanagement, um eine nahtlose Bearbeitung von Vandalismus-Szenarien zu erleichtern. Dies umfasst den gesamten Prozess von der Schadensmeldung bis zur Koordination von Reinigungsteams. Die webbasierte Lösung, die direkt über die zentrale Anwendung zugänglich ist, protokolliert visuelle Daten wie „Graffiti-Tags“ und bietet Unterstützung für die Berichterstattung an Sicherheitsbehörden und die Justiz. Diese Modularisierung ermöglicht eine wesentlich flexiblere Nutzung und zukünftige Anpassung des Systems.

„Die Modularisierung war ein entscheidender Schritt, da wir nun Anwendungen und Funktionen einfacher hinzufügen oder ändern können. Das System ist kein Monolith mehr, dessen Anpassung viel Zeit und Kosten erfordert, sondern eine flexible Systemarchitektur, die mit unseren Anforderungen mitwachsen kann. Es ist ein kontinuierlicher Prozess, jedoch sind die Schritte zur Erreichung dieser Flexibilität von großer Bedeutung“, kommentiert Steffen Holz, verantwortlich für die IT-Infrastruktur der U-Bahn bei der BVG.

Betriebszeit von 99,99 Prozent wird zur Realität

Wichtige Entwicklungen in der Systemarchitektur verbessern auch die Redundanz und Ausfallsicherheit. Steffen Holz fügt hinzu: „Synectics hat mit uns zusammengearbeitet, um veraltete Technologien zu ersetzen, unser Betriebssystem zu aktualisieren und uns auf eine Microservice-basierte Software umzustellen. Das ermöglicht uns, rasch von neuen System-Updates zu profitieren und verbessert die Cybersicherheit.“

„Aus regulatorischer Sicht ist das unglaublich wichtig. Fiele unsere Fähigkeit, Vorfälle zu erstellen und darauf zu reagieren, für einen längeren Zeitraum aus, wären wir gezwungen, Linien außer Betrieb zu nehmen.“  Weitere Funktionen für einen unterbrechungsfreien U-Bahn-Betrieb sind automatische Systemüberprüfungen – aus denen Steffen Holz und sein Team Vorankündigungen für erforderliche Aktualisierungen oder den Austausch von Hardware erhalten – und ein 24/7-Bereitschaftsdienst. Holz betont: „Wenn etwas vorkommt, was wir nicht intern erledigen können, haben wir rund um Uhr Zugang zu kompetenten Synectics-Technikern. Dies ist von großer Bedeutung für ein so großes und kritisches System.“

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Zukunft mitgestalten

Die BVG-Lösung für die U-Bahn ist Berlins größtes Videomanagementsystem – entstanden aus einer Partnerschaft zweier zukunftsorientierter Unternehmen, die die Anforderungen an Betrieb und Netzarchitektur mit dem öffentlichen Engagement der BVG in Einklang bringen: Die Zukunft der Mobilität zu gestalten. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Entwicklungen abgeschlossen sind.

„Wir haben mit diesem System schon viel erreicht“, sagt Holz, „aber wir ruhen uns nicht aus. Die Sicherheit und das Reiseerlebnis unserer Fahrgäste erfordern eine kontinuierliche Überprüfung und Verbesserung unserer Einsatzmöglichkeiten. Dieses System gibt uns die Flexibilität und das Vertrauen, genau das zu tun.“

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