Direkt zum Inhalt
Brandschutz 27. September 2022

Schicht im Schacht bei Energieverschwendung

Ein energetischer Verschluss des Aufzugsschachts macht Schluss mit Energieverschwendung und sorgt effizient für Einsparungen.

Aufzugsschächte innerhalb der Gebäudehülle müssen eine Öffnung zur Lüftung und Rauchableitung vorweisen, die direkt ins Freie führt.
Aufzugsschächte innerhalb der Gebäudehülle müssen eine Öffnung zur Lüftung und Rauchableitung vorweisen, die direkt ins Freie führt.

Aufzugsschächte innerhalb der Gebäudehülle müssen eine Öffnung zur Lüftung und Rauchableitung vorweisen, die direkt ins Freie führt. Somit entweicht wertvolle Heiz- und Klimaenergie ungehindert aus dem Gebäude. Mit einer kontrollierten Schachtentrauchung kann die Rauchableitung im Brandfall sichergestellt und gleichzeitig die der Energieverbrauch gesenkt werden.

Mit der Energiewende hat die Bundesrepublik Deutschland eine umfassende und tiefgreifende Transformation ihrer Energieversorgung und Energienutzung eingeleitet. Bei den aktuellen Diskussionen um die Reduzierung des Energieverbrauchs wird besonders der Immobiliensektor in die Pflicht genommen. Neben der Erneuerung von Heizungs- und Klimaanlagen liegt der Fokus auf der Abdichtung der Gebäudehülle und Verbesserung der Gebäudedämmung. Bei dieser Betrachtung wird der Aufzugsschacht häufig übersehen. Dabei befindet sich in den meisten Gebäuden am obersten Ende des Aufzugsschachts eine Öffnung zur Belüftung und Rauchableitung, die direkt ins Freie führt. Die Türen des Aufzugs sind nicht luftdicht, sodass die Luft aus dem Gebäudeinneren direkt entweichen kann. Der baulich bedingte thermische Effekt des Schachts, der sogenannte Kamineffekt, wird durch die Bewegung des Aufzugs noch weiter verstärkt. Wertvolle Heiz- und Klimaenergie entweicht ungehindert aus dem Gebäude.

Dauerhafter Verschluss keine Option

Diese Öffnung dauerhaft luftdicht zu verschließen, ist jedoch aus den folgenden Gründen keine Option: Zum einen soll die Öffnung im Brandfall dafür sorgen, dass der Rauch nicht von einem Brandabschnitt in den nächsten Brandabschnitt gelangt; zum anderen ist die Öffnung für die Belüftung des Fahrschachts und Fahrkorbs verantwortlich und baurechtlich gefordert. Die einschlägigen Aufzugsnormen und -richtlinien schreiben eine Betriebstemperatur von fünf bis 40 °C  vor, so dass Aufzüge außer Betrieb genommen werden, sobald die Temperatur diesen Bereich verlässt. Vor allem im Sommer dient diese Öffnung der Abfuhr von Wärme. Weiterhin gewährleistet sie aufgrund der Thermik den Luftaustausch im Schacht und damit auch im Fahrkorb; bei einer Störung der Aufzugsanlage, wird somit sichergestellt, dass eine eventuell in der Kabine eingeschlossene Person mit frischer Luft versorgt wird.

Ständige Öffnung im Fahrschacht energetisch nicht tragbar

Anzeige

Aus energetischer Sicht ist die dauerhafte Öffnung im Fahrschacht, zumindest für Aufzugsschächte innerhalb der thermischen Hülle, nicht tragbar. Im Rahmen der Studie „Wissenschaftliche Untersuchung zur Steigerung der produktbezogenen Energieeffizienz“ (BMWi 064/17) im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie wurde der Bericht „Energieverluste durch permanente Lüftungsöffnungen in Aufzugsschächten – Potenzial und Handlungsoptionen“ herausgegeben. Dort wurden unter anderem die Möglichkeiten für Energieeinsparungen bei Aufzügen untersucht. Als großes Potential wurden dabei die Energieverluste identifiziert, die entstehen, wenn beheizte – oder auch gekühlte Luft – durch die übliche permanente Lüftungsöffnung am Aufzugsschachtkopf entströmt.

Die Empfehlung lautet, bei Neubauten verpflichtend geeignete Systeme zum temporären Verschluss der Öffnung zu installieren und in Bestandsgebäuden entsprechende Systeme nachzurüsten. Sobald die Öffnung geschlossen wird, muss sichergestellt sein, dass der energetische Verschluss im Brandfall selbsttätig öffnet und außerdem die verschiedenen Lüftungsanforderungen erfüllt sind. Auf dem Mark gibt es hierzu bereits von mehreren Anbietern geeignete Lösungen. Solche Systeme zur Rauchableitung und Belüftung umfassen eine Verschlussklappe, Rauchsensoren über die gesamte Schachthöhe, eine Steuereinheit inkl. oder mit externem Temperatursensor und eine Bedienstelle, die von außen zugänglich angebracht wird. Zusätzlich wird über die Aufzugssteuerung ein Kontakt zum Lüften aktiviert, sobald eine Aufzugsstörung anliegt, damit, wie oben bereits geschildert, der Luftaustausch im Schacht und im Fahrkorb sichergestellt wird. So wird erreicht, dass bei einer Aufzugsstörung ein Luftaustausch im Fahrkorb möglich ist. Laut Bericht des IFEU Instituts kann mit einer möglichen Einsparung in Höhe von 1,7 bis 2,5 Mio. t CO² bei Nachrüstung aller Aufzüge in Deutschland gerechnet werden. Dies deckt in etwa den Gesamtverbrauch der Stadt Freiburg im Jahr 2018.

Jährlicher Energieverlust von über 10.000 kWh

Mehrfamilienhäuser haben meist einen unbeheizten Treppenraum, obwohl bauphysikalisch im Treppenraum eine Mindesttemperatur zur Vermeidung von Feuchtigkeit vorgesehen ist. Allein der Transmissionswärmeverlust der im Treppenraum angrenzenden Wohnungen reicht aus, um den notwendigen Wärmeeintrag zu erfüllen; der Treppenraum wird ohne eigene Heizkörper „beheizt“. Eben diese eingebracht Energie wird über den Aufzugsschacht wiederum direkt ins Freie befördert. Das oben genannte Gutachten spricht in diesem Zusammenhang von einem jährlichen Energieverlust von über 10.000 kWh, bei einer Innentemperatur von 15 Grad Celsius und vier Obergeschossen. In gewerblich genutzten Immobilien stellt sich die Sachlage hingegen anders dar. Die Aufzugszugänge bei Büros, Hotels oder auch Krankenhäusern führen oft direkt in die Etagen und damit in dauerhaft beheizte oder klimatisierte Räumlichkeiten. Sowohl im Sommer als auch im Winter entweicht hier kostbare Heiz- oder Kühlenergie durch den Aufzugsschacht. Bei einer Aufzugs- Umgebungstemperatur von beispielsweise 23 °C könnte man durch den Einsatz eines Systems zur kontrollierten Be- und Entlüftung pro Aufzug jährlich circa 20.000 kWh an Heizenergie einsparen. Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Anschaffungs-/Installationskosten eines solchen Systems ergibt sich eine Amortisation von gerade einmal zwei bis fünf Jahren. Aufgrund des verminderten Klimatisierungsbedarfs können die Einsparungen während der Sommermonate aktuell noch nicht sicher bewertet werden; Fachleute sprechen allerdings davon, dass die Einsparung bei klimatisierten Gebäuden wohl annähernd doppelt so hoch liegt.

Mit einer kontrollierten Schachtentrauchung kann die Rauchableitung im Brandfall sichergestellt und gleichzeitig die der Energieverbrauch gesenkt werden.
Mit einer kontrollierten Schachtentrauchung kann die Rauchableitung im Brandfall sichergestellt und gleichzeitig die der Energieverbrauch gesenkt werden.

Verschärfte Regeln für den energetischen Verschluss

Das im Herbst 2020 eingeführte Gebäudeenergiegesetz (GEG) trägt diesen Umständen nun Rechnung und weist verschärfte Regeln für den energetischen Verschluss neuer Gebäude auf. Wo die Öffnung im Aufzugsschacht für die Luftdichtigkeitsprüfung bisher noch temporär abgedichtet werden durfte, schiebt das GEG nun einen Riegel vor. Ungenaue Werte mit rein theoretisch erreichter Luftdichtigkeit gehören der Vergangenheit an. Die Öffnung im Aufzugsschacht darf für einen Blower-

Door-Test nicht mehr verändert werden, sondern muss im Zustand des späteren Gebäudebetriebs belassen werden. Wer also kein System zur kontrollierten Rauchableitung und Belüftung installiert, läuft möglicherweise Gefahr, dass die Luftdichtigkeitsprüfung nicht das gewünschte Ergebnis bringen wird. Um neben den Neubauten auch das enorm große Potential in Bestandsgebäuden zu nutzen und Anreize für die Nachrüstung eines Systems zur kontrollierten Rauchableitung und Belüftung von Aufzugsschächten zu schaffen, ist diese Maßnahme im Bereich der Umfeldmaßnahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) förderfähig. Die Förderung als Einzelmaßnahme wird im Bundeswirtschaftsministerium aktuell diskutiert und soll noch in diesem Jahr beschlossen werden.

Unnötigen Verlust von Heiz- und Klimaenergie vermeiden

Die baurechtlich geforderte Öffnung im Aufzugsschacht sorgt für einen unnötigen Verlust von Heiz- und Klimaenergie. Mit geeigneten Systemen zur kontrollierten Rauchableitung und Belüftung von Fahrschächten kann die Öffnung ordnungsgemäß verschlossen und der unkontrollierte Verlust verhindert werden. Ein vom Bundeswirtschaftsministerium beauftragtes Gutachten bestätigt die

sehr hohe Wirtschaftlichkeit solcher Systeme und den hohen Nutzen, um den Energieverbrauch nachhaltig zu vermindern. Die Nachrüstung ist aktuell im Rahmen von sogenannten Umfeldmaßnahmen durch die BEG förderfähig; eine Förderung als Einzelmaßnahme, wird kurzfristig folgen.

Lars Walter-Sinsel, Geschäftsführer, B.A.S.E. Solution GmbH.

Passend zu diesem Artikel