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Risiken analysieren

Industrieparks bieten oft beste Voraussetzungen für die Ansiedlung spezialisierter Zulieferunternehmen. Ein Industriepark bedeutet aber auch neue, teils wenig bekannte Risiken. Ein abgestimmtes Risikomanagement ist daher unerlässlich.

Industrieparks bieten viele Vorteile, bergen aber auch Risiken.
Industrieparks bieten viele Vorteile, bergen aber auch Risiken.

Die Vorteile eines Betriebsstandorts innerhalb eines Industrieparks liegen auf der Hand. Bereits durch die gemeinsam genutzte Infrastruktur entstehen viele Synergien. Nicht nur Versorgungsmedien wie Strom oder Dampf können gemeinsam bezogen oder vor Ort selbst erzeugt werden, auch die Werksfeuerwehr des Industrieparks bietet allen Unternehmen Schutz.

Doch die Ansiedlung von Unternehmen auf engstem Raum birgt auch Risiken. So können beispielsweise Schweißarbeiten an einer Rohrbrücke oder die unsachgemäße Lagerung von Leergebinden auf dem Gelände des Nachbarbetriebes die Sicherheit des gesamten Industrieparks gefährden. Diese Beispiele für „Nachbarschaftsgefährdungen“ verdeutlichen, dass Risikomanager trotz der Berücksichtigung eigener Betriebsrisiken auch von einem erheblichen Gefährdungspotenzial durch die angrenzenden Unternehmen ausgehen sollten.

Effektiver Schutz

Daher sollte zunächst jeder Industrieparkbetreiber grundlegende Maßnahmen zur Minimierung der wichtigsten Risiken ergreifen, wie beispielsweise die Einrichtung einer Werksfeuerwehr auf dem Gelände sowie die regelmäßige Wartung der zentralen Versorgungssysteme. Darüber hinaus gibt es Vorkehrungen, die in enger Abstimmung zwischen dem Betreiber des Industrieparks und den ansässigen Unternehmen erfolgen müssen. So ist es ratsam, ein gemeinsames, einheitliches Genehmigungsverfahren für Heißarbeiten zu entwickeln, das unter anderem die Einweisung der durchführenden Firma und eine angemessene Brandwache nach Abschluss der Arbeiten vorschreibt.

Neben umfassenden Brandschutzvorkehrungen sollte es ein gemeinsames Ziel der Betreiber und Unternehmen sein, in wirkungsvolle Maßnahmen zum Hochwasserschutz zu investieren. Denn Industrieparks liegen oft in der Nähe von Flüssen, die in vielen Fällen nicht nur zur Schneeschmelze regelmäßig Flüsse über die Ufer treten, sondern bereits bei lokal auftretendem Starkregen ein erhebliches Überschwemmungsrisiko bergen.

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Durch einfache Hochwasserbarrieren wie zusätzlich installierte Fluttore an den Zufahrtsrampen und durch eine Verstärkung und Aufschüttung von Deichen und Dämmen kann das Risiko am Standort deutlich verringert werden. Zudem kann das Areal mit Flutplanken schneller, einfacher und kostengünstiger gegen Hochwasser gesichert werden. Ganz grundlegend lassen sich viele Hochwasserschäden bereits durch die präventive Höherlagerung von Werkstoffen und Lagerbeständen vermeiden.

Individuelle Schutzmaßnahmen

Darüber hinaus gibt es technische oder organisatorische Brandschutzmaßnahmen, die aufgrund der Verschiedenheit der Arbeitsprozesse und -anlagen im jeweiligen Betrieb umgesetzt werden sollten. Hierzu zählt beispielsweise die Installation einer auf die Betriebsbedürfnisse abgestimmten Sprinkleranlage oder der Einbau von Notabschaltungen, Notkühlungen oder Sicherheitsventilen.

Grundsätzlich sollte die Bedeutung einer offenen Kommunikation zwischen den Parkbetreibern und den ansässigen Unternehmen, aber auch zwischen den Unternehmen nicht unterschätzt werden. Die für Brandschutz und Arbeitssicherheit zuständigen Mitarbeiter, der Betreiber und die Werksfeuerwehr sollten in ständigem Dialog stehen, damit auch angrenzende Betriebe über neue Risiken zeitnah und ausreichend informiert sind.

So können Risikomanager die eigenen Schutzmaßnahmen anpassen, und die Werksfeuerwehr kann auf neue Risiken, beispielsweise durch eine veränderte Bebauung oder neue Brandlasten, reagieren. Vor der Umsetzung solcher Maßnahmen zur Risikominimierung steht jedoch zunächst die konkrete Identifikation aller am Standort vorherrschenden Risiken, denn viele Gefahrenquellen werden leicht übersehen, andere sind nur wenig bekannt.

Unterschätze Risiken

Die Schadenstatistiken von FM Global zeigen sehr deutlich, wo versteckte Gefahren lauern. Zu den größten Risiken zählen die Lagerung und der Umgang mit brennbaren Flüssigkeiten, Gasen und Stäuben sowie die brennbare Bauweise vieler Gebäude. Häufig unterschätzt wird auch die mechanische Integrität der Anlagen. Auf sie sollte besonderes Augenmerk gelegt werden. Korrosion ist hier das größte Risiko. Aber auch Flansche, die mit zu kurzen oder zu wenigen Schrauben miteinander verbunden sind, begünstigen den Austritt von Gefahrstoffen und bestimmen leider in vielen Betrieben das Bild.

Ebenso häufig wird der sichere Umgang mit Gefahrstoffen, das Erstellen und Aktualisieren entsprechender Betriebsanweisungen und die Schulung der Mitarbeiter vernachlässigt. Dies gilt auch für periphere Maßnahmen, wie zum Beispiel das Be- und Entladen von Tankfahrzeugen.

Risikominimierung

Da die Risiken eines Betriebes zum Teil sehr individueller Natur sind, empfiehlt sich zur Minimierung von Risiken neben den grundlegenden Maßnahmen in jedem Fall die Etablierung eines Process Safety Management Systems, das mit einer betriebsspezifischen Gefahrenanalyse verbunden ist. Bei der auf das jeweilige Unternehmen abgestimmten Maßnahmenplanung hat sich in der Praxis ein vierstufiges Vorgehen bewährt. Dabei wird zunächst die inhärente Sicherheit eines Prozesses oder Systems verbessert, bevor passive, aktive und organisatorische Schutzmaßnahmen ermittelt werden.

Unter inhärenter Sicherheit wird dabei die in einem Prozess oder System selbst begründete Sicherheit verstanden, die sich dadurch erhöhen lässt, dass unter anderem der Anteil der Gefahrstoffe verringert wird oder gefährliche durch weniger gefährliche Werkstoffe ersetzt werden. Bereits durch diesen ersten Schritt lässt sich in der Regel das Gefahrenpotential deutlich senken.

Kann die inhärente Sicherheit eines Prozesses nicht vollständig erreicht werden, werden in einem zweiten Schritt zusätzliche passive Sicherheitsmaßnahmen eingesetzt, wie zum Beispiel bauliche Schutzvorkehrungen. Dazu zählt unter anderem das Beschichten von Stahlkonstruktionen zum Schutz vor Hitzeeinwirkungen durch Feuer. Sind diese passiven Schutzvorkehrungen ebenfalls nicht ausreichend, sollte im dritten Schritt die Installation aktiver Schutzvorkehrungen geprüft werden, wie beispielsweise Sprinkler oder automatische Abschaltsysteme. Als vierter Schritt eines Process Safety Management Systems gilt es, organisatorische Schutzmaßnahmen zu entwickeln. Hierzu zählen unter anderem Notfallteams und die Werksfeuerwehr.

Um Schäden wie Betriebsunterbrechungen zu vermeiden, zahlt sich für Unternehmen in Industrieparks ein auf die Umgebung abgestimmtes Risikomanagement aus. Neben der Identifikation der Risiken und der Entwicklung von technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Risikominimierung sollte auch der kommunikative Austausch zwischen den Unternehmen und den Betreibern des Industrieparks gepflegt werden, um gemeinsam die Resilienz der ansässigen Unternehmen zu erhöhen.

Andreas Mittländer, Senior Engineering Specialist bei FM Global.

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