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BHE-Fachkongress 3. Juni 2009

Sicherheitskonzepte für Krankenhäuser

Unterliegt die Gesundheit eines Menschen dem Datenschutz? Und ist in der Krankenhaus-Cafeteria eine Aufzeichnung mit Videokameras erlaubt? Der BHE-Kongress zu Sicherheitskonzepten für Krankenhäuser gab am 26. und 27. Mai 2009 Antworten auf diese Fragen.

Der BHE veranstaltete einen Fachkongress zum Thema Sicherheitskonzepte für Krankenhäuser und Pflegebetriebe.
Der BHE veranstaltete einen Fachkongress zum Thema Sicherheitskonzepte für Krankenhäuser und Pflegebetriebe.

Nach der Begrüßung durch Norbert Schaaf (Atral-Secal GmbH), dem Vorstands-vorsitzenden des Bundessverbandes der Hersteller- und Errichterfirmen von Sicherheitssystemen e.V. (BHE), konnten die Teilnehmer des Fachkongresses „Sicherheitskonzepte für Krankenhäuser und Pflegebetriebe“ zwischen zwei Veranstaltungs-blöcken wählen und sich von den Votragenden und den Ausstellern vor Ort Antworten auf ihre Fragen geben lassen.

Walter Ernestus, der Bonner Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, erklärte einführend, welche besonders schutzwürdigen Daten es seit 2001 gibt. Neben der ethnischen Herkunft seien dies auch die Gesundheit, die religiöse und politische Überzeugung, das Sexualleben sowie die Gewerkschaftszugehörigkeit der Menschen. Ernestus erläuterte, wie notwendig in Zeiten der kommenden elektronischen Gesundheitskarte und dem elektronischen Heilberufeausweis, ein Schutz der Daten sei. So sei ab 2011 anhand der digitalen Protokolle eine bundesweite Auswertung möglich, welcher Mitarbeiter mit welchen Patientendaten gearbeitet hat. Der Datenschutzbeauftragte sprach sich dafür aus, dass der Gesundeheitssektor frühestmöglich Betriebsvereinbarungen treffen müsse, damit die Mitarbeiter und Patienten vor Datenmissbrauch geschützt werden. Neben den negativen Seiten der Funkchips, die beispielsweise anhand der Zugangskontrolle eine Ortung der Mitarbeiter möglich machen, zeigte Ernestus aber auch positive Eigenschaften der Radiofrequenz-Identifikation (RFID) auf: „Mit RFID können auch Kleidungsstücke oder Prothesen dementer Personen gekennzeichnet werden. So ist auch das im Bus liegen gebliebene Gebiss eindeutig seinem Besitzer zugeordnet und zurückgegeben werden.“

Dass die demografische Entwicklung ihre Tücken hat, zeigte auch Jürgen Lälemäker (tetronik Kommunikationstechnik GmbH): „Wir haben viele ältere, demente Patienten auf der einen Seite, Fallkostenpauschalen mit kürzeren Verweildauern in den Krankenhäusern und Pflegekräftemangel auf der anderesn Seite. Deshalb müssen Arbeitsprozesse neu definiert und optimiert werden.“ Seine Lösung ist ein intelligentes Kommunikations-management, das die Funktionen der DECT-Handys, Piepser und Signalleuchten integriert. Das Pflegepersonal könnte dazu ein Multimedia-Gerät bei sich tragen, das nicht nur Hilferufe aus nahe Patientenzimmern zuordnet, sondern auch als Personen-Notsingalanlage dient, falls es zu Übergriffen durch gewalttätige Patienten kommt. Zusätzlich stellte Lälemäker Funksender vor, die eine Ortung der Patienten an Gebäudeübergängen und Türen ermöglichen können, den so genannten „Wegläuferschutz“.

Eine ähnliche Funktion übernehmen auch die aktiven RFID-Transponder, die Dieter Martin (Martin Elektrotechnik GmbH) vorstellte: Die Armbänder erkennen die Laufrichtung von Demenzkranken und können anhand von Geofencing (eine Art virtueller Zaun) erkennen, falls ein Patient das Gelände verlässt.

Günter Septimus und Uwe Kress (Securiton GmbH) stellten in ihrem Vortrag vor, dass Lichtruf und IP-Kommunikations-systeme kombiniert werden können. Sie stellten auch eine Multifunktionskarte vor, mit der Mitarbeiter an der Universitätsklinik Marburg sowohl Zutritt zum Parkplatz und Krankenhaus erhält, als auch Zahlfunktionen, nutzen kann. Auf der Seite der Patienten können Chipkarten eingesetzt werden, die sowohl den Zugang zu Multimediadiensten am Krankenbett steuern, als auch Röntgenbilder speichern oder für den Patienten zulässige Menübestellungen regeln. Den Einsatz der Chipkarte als Ausweis zur Zutrittsberechtigung stellte auch Dr. Reinhard Frodl von der Aug. Winkhaus GmbH vor. Er stellte vor allem die geringen Folgekosten bei Verlust der Karte heraus, denn die elektronische Zutrittsberechtigung kann einfach per Computerbefehl zugeteilt und entzogen werden. Gerade bei großen Krankenhäusern wie dem Klinikum Waren/Müritz mit jährlich 100.000 Patienten könnten so die Folgekosten bei Schlüsselverlusten gering gehalten werden.

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Unter dem Motto „Der Jurist findet immer ein Haar in der Suppe“ gab Rechtsanwalt Dr. Ulrich Dieckert (R.W.W.D. Berlin) zu bedenken, dass nicht alles, was möglich ist, rechtlich auch zulässig ist. So sei die Rechtssicherheit beim Einsatz von Videoüberwachung stark davon abhängig, ob es sich um eine Beobachtung im öffentlichen oder nicht-öffentlichen Raum handele. Laut Dieckert stehen dabei oft die Interessen des Hausrechtes im Konflikt zu den Persönlickeitsrechten der Beobachteten. Er gab den Krankenhäusern folgende Empfehlungen: „Machen Sie die Videoaufzeichnung beispielsweise mit dem DIN-Zeichen oder einem anderen Symbol kenntlich, so dass sich der Besucher der Aufzeichnung entziehen kann. Und während auf öffentlichen Fluren gefilmt werden darf, sind Plätze der sozialen Interkation wie die Krankenhaus-Cafeteria für die Videoaufzeichnung tabu.“ Er gab den Teilnehmern des BHE-Kongresses weiterhin auf den Weg, sie sollten vorab ein schriftliches Konzept des Zweckes und der Erforderlichkeit der Videoüberwachung erstellen, das der betriebliche Datenschutzbeauftragte vorab kontrollieren kann, und dann zusammen mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung erstellen.

Britta Kalscheuer

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