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Öffentliche Sicherheit 9. November 2021

CEP-Studie: Finanzierung Rechtsextremismus

Wie finanziert sich Rechtsextremismus in Deutschland? Eine Studie des Counter Extremism Project (CEP) gibt Antworten.

Eine Studie hat die Finanzierung von Rechtsextremismus untersucht. 
Eine Studie hat die Finanzierung von Rechtsextremismus untersucht. 

Eine Studie von CEP widmet sich den Finanzierungsnetzwerken gewaltorientierter rechtsextremer Akteure in Deutschland. Denn die Anschläge von Halle und Hanau 2019 und 2020 und die Ermordung von Walter Lübke am 2. Juni 2019 haben die Gewalt, welche vom rechtsextremen Milieu in Deutschland ausgeht, ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht

Finanzierung von Rechtsextremismus im Fokus

Bundesinnenminister Seehofer bezeichnete im Sommer 2020 Rechtsextremismus als größte Bedrohung für die Innere Sicherheit Deutschlands. Eine Einschätzung, die er 2021 wiederholte. In den letzten Jahren wurden umfangreiche Forschungen zu diesem Phänomenbereich betrieben. Den Finanzierungsstrukturen und -methoden wurde jedoch, abgesehen von Einzelfalldarstellungen, wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

Mit der neuen Studie des Counter Extremism Project (CEP) soll begonnen werden, diese Wissenslücke zu schließen. Insgesamt sind sechs Finanzierungsstrategien des gewaltorientierten Milieus erkennbar. Spenden, inklusive via Kryptowährungen, zum Beispiel im Fall des Attentäters von Halle, spielen weiterhin eine wichtige Rolle. Konzerte und Musikfestivals sowie der damit verbundene Musikproduktions- und Versandhandel sind zwei weitere wichtige Säulen. Kampfsportveranstaltungen, insbesondere im Bereich der Mixed Martial Arts (MMA), bilden eine weitere Einnahmequelle. Hier ist in Deutschland die rechtsextreme MMA-Veranstaltung „Kampf der Nibelungen“ zentral. Mitglieder des Milieus erwerben weiterhin regelmäßig Immobilien, nicht nur um diese für Veranstaltungen der Szene zur Verfügung zu stellen, sondern auch als kommerziell nachhaltige Anlage. Der Verhaftungen von Mitgliedern der gewaltorientierten rechtsextremen Organisation der „Bruderschaft Thüringen“ im Februar 2021 weist auf Organisierte Kriminalität als sechste Einnahmequelle hin. Diese transnational vernetzte Gruppierung war nicht nur in Drogenhandel und Prostitution involviert, sondern betrieb offensichtlich auch professionelle Geldwäsche mittels des Ankaufs von Immobilien.

Studie zeigt transnationale Vernetzung auf

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Insbesondere die transnational vernetzten Teile des Milieus haben sich in den letzten Teilen wirtschaftlich professionalisiert und betreiben lukrative Geschäfte. Dies lässt sich insbesondere an den 38 Unternehmen der Szene erkennen, welche in die Produktion und den Versand von Tonträgern involviert sind. Hier werden zum Teil Jahresumsätze von mehreren hunderttausend Euro erzielt. Diese sowohl online als auch offline eng miteinander verbundenen Unternehmensstrukturen agieren untereinander auffällig kooperativ. So wechseln zum Beispiel Bands von Album zu Album nicht nur die Produktions-, sondern auch die Vertriebsfirmen. Ein eher ungewöhnliches Verhalten in der sonst so hart umkämpften Musikindustrie. Rechtlich sind diese Unternehmen in der Regel intransparent strukturiert und veröffentlichen kaum Daten zu ihren Umsätzen. Wenn solche Daten veröffentlicht wurden, stehen diese in deutlichem Gegensatz zu den eigentlich zu beobachtenden Verkaufsergebnissen. Dieses kommerzielle Musiknetzwerk ist weiterhin mit den Großveranstaltungen des Milieus, beispielsweise „Rock gegen Überfremdung“ verbunden. Diese Veranstaltungen ziehen regelmäßig mehrere Tausend Besucher aus Europa und den USA an und dienen der Szene nicht nur als rechtsextreme Erlebniswelt, sondern auch als wichtige Netzwerkknotenpunkte. Die Verbindungen zwischen den kommerziellen Strukturen der rechtsextremen Musikbranche und diesen Veranstaltungen erlaubt Zugang zu komplexen, meist auf Bargeld basierenden Ein- und Ausgabeströmungen.

Was kostet uns Extremismus?
Um die Kosten extremistischer Straftaten in Deutschland zu beziffern, hat das BIGS ein Konzept erarbeitet.

Die enge Verzahnung dieses kommerziellen Netzwerkes, das auffällig kooperative Verhalten der Akteure, die intransparenten rechtlichen Strukturen und die widersprüchliche Datenlage zu Umsätzen sowie die enge Verbindung zu Großveranstaltungen mit hohen Bargeldflüssen weisen auf im Hintergrund ablaufende Verschleierungs- und Steuervermeidungsstrategien hin. In den letzten Jahren gab es in Deutschland immer wieder Ermittlungen in diese Richtung. Die nun vorliegende CEP-Studie zeigt, dass solches Verhalten im gewaltorientierten rechtsextremen Milieu in Deutschland wahrscheinlich weiterverbreitet ist als bislang bekannt.

Dr. Hans-Jakob Schindler, Senior Director des Counter Extremism Project (CEP), und Referent der Akademie für Sicherheit in der Wirtschaft AG

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