Das Sicherheitsempfinden in der Gesellschaft wandelt sich. Das wird in Kindergärten besonders deutlich, wo Normen - und damit die Sicherheit - verstärkt in den Fokus rücken. Wenn es um die eigenen Kinder geht, werden heute andere Maßstäbe angelegt, als noch vor 30 Jahren.
Das Horrorszenario, dass ein Kind unbeaufsichtigt den Kindergarten verlässt und zu Schaden kommt, gilt es mehr denn je zu unterbinden. Dabei sind wirkungsvolle und praxistaugliche Lösungen gefragt.
An Eingängen von Kindergärten verliert man leicht die Übersicht
Am Haupteingang eines Kindergartens geht es oft wuselig zu. Viele Kinder toben durcheinander, Eltern bringen Ihre Kinder und holen sie wieder ab. Dienstleister kommen und gehen. Und generell gilt: Durch den Haupteingang sollen nur berechtigte Personen in das Gebäude hineingelangen. Erwachsene sollen den Kindergarten durch den Haupteingang jederzeit wieder verlassen können, ohne den Betrieb zu stören. Und schließlich ist der Haupteingang auch der primäre Flucht- und Rettungsweg, der stets für jedermann von innen begehbar sein muss, ohne dass die „Kleinen“ unbeaufsichtigt nach draußen gelangen können.
In der Vergangenheit hat man sich häufig mit einfachen Mitteln beholfen, Kindergärten abzusichern. Abgeschlossene Haupteingangstüren, auf 1,60 m Höhe gesetzte Drücker, nicht zertifizierte elektrische Zusatzverriegelungen prägten das Bild. Diese Herangehensweise ist an vielen Orten im Bestand immer noch Realität. Selbst bei Neubauprojekten hat sich noch nicht überall herumgesprochen, dass norm- und baurechtskonforme Lösungen reichlich zur Verfügung stehen.
Eingänge in Kindergärten: Rechtliche Grundlagen und Normen
Der Haupteingang eines Kindergartens liegt in aller Regel im Flucht- und Rettungsweg. Alle Menschen, die dazu in der Lage sind, müssen selbständig das Gebäude verlassen können. Die Normen EN179/EN1125 schreiben für Notausgangs- bzw. Panikbeschläge daher eine Montagehöhe von 900 bis 1.100 Millimeter vor.
In Österreich und der Schweiz sind elektrische Türverriegelungen in Flucht- und Rettungswegen grundsätzlich erlaubt, sofern sie bestimmte technische Anforderungen erfüllen:
- Ruhestromprinzip
- Sofortige Entriegelung nach Betätigen der Nottasters
- Gekennzeichnete, gut sichtbare, in unmittelbarer Nähe der Tür montierte Nottaster
- Sofern vorhanden: Anschluss an Gefahrenmeldeanlage.
Im Dezember 2015 wurde die EN13637 für elektrisch verriegelte Türen in Flucht- und Rettungswegen veröffentlicht. In Österreich und der Schweiz gibt es bislang keine detaillierten baurechtliche Vorschriften für elektrische Türverriegelungen. Hier beschreibt die neue Norm den Stand der Technik, nach dem Betreiber, Architekten und Installateure Fluchtwege elektrisch absichern müssen. Anders in Deutschland: Da die EN13637 bislang noch nicht harmonisiert wurde, gilt weiterhin die nationale Richtlinie EltVTR.
Nachrüsten von Türen vergleichsweise einfach
Die Nachrüstung einer Fluchtwegsicherungslösung an einer bestehenden Tür ist mit einem Türwächter oder Tagalarmgerät vergleichsweise einfach zu realisieren. Panikschloss, Türschließer, Elektrofalle sind in der Regel bereits vorhanden. Zusätzlich wird ein Schalter auf 1,60 Meter Höhe installiert, über den Erwachsene den Kindergarten selbständig verlassen können. Die Hol- und Bringzeiten werden über ein Zeitschalt-Element in Verbindung etwa mit einer Codetatstatur realisiert, die außen am Kindergarten angebracht wird.
Eine Nachrüstung mit dem GfS EH-Türwächter bringt einige Vorteile mit sich: Darunter die geringen Produkt- und Installationskosten, die Nutzung vieler vorhandener Türkomponenten und die geringen Wartungskosten.
Dadurch zeichnen sich neue Kindergartenschlösser aus
Insbesondere bei neuen Türen empfiehlt sich die Lösung mit einem Kindergartenschloss von Wilka (Ein-Punkt-Verriegelung) oder Fuhr (Mehrfachverriegelung). Beide Lösungen verfügen über zwei Beschläge – der obere Drücker wird auf circa 1,60 m montiert, der untere auf 900 bis 1.100 mm. Die Tür wird auf der unteren Drückerhöhe mit einem Türwächter oder einer mechatronischen GfS E-Bar abgesichert. Mehrpunktverriegelungen gewährleisten einen höheren Einbruchschutz, die Hol- und Bringzeiten werden in Verbindung mit Motorschlössern realisiert. Die Umrüstung von Türen ist mit beiden Lösungen ebenfalls möglich.
Was neue elektrische Türverriegelungen leisten
Derzeit bringen verschiedene Anbieter Lösungen auf den Markt, die mit der EN 13637 konform sind. Mit diesen lassen sich sehr hohe Hemmschwellen gegen die missbräuchliche Nutzung von Notausgängen realisieren, eine Anforderung, wie sie insbesondere von Kindergärten in hochverdichteten Innenstädten formuliert werden. So wäre es manchem Kindergarten lieber, wenn sich die Tür nach Drücken des Nottasters nicht sofort öffnen ließe. Dieser Zeitverzug würde es den Erziehern ermöglichen, das Kind abzufangen, bevor es in den öffentlichen Raum entweichen kann und sich so selbst gefährdet. Die neue EN13637 sieht diese Möglichkeit vor. Bis zu 15 Sekunden können gemäß Norm zwischen dem Drücken des Nottasters und dem Freigeben der Tür liegen. Die Montage ist auch als UP-Lösung möglich.
Diese Möglichkeit ist durch das deutsche, österreichische und schweizerische Baurecht nicht gedeckt, so dass man von derlei Installationen absehen sollte, es sei denn, man verfügt über eine Zulassung im Einzelfall.
Wie Haftungsrisiken vermieden werden können
Haftungsrisiken sind unter allen Umständen zu vermeiden. Eine Fluchtwegsicherung muss norm- und baurechtskonform ausgeführt werden. Für jeden Geldbeutel, jede bauliche Situation und Anforderung gibt es die passende Lösung. In Österreich und der Schweiz ist die EN 13637 maßgeblich, in Deutschland gilt weiterhin die EltVTR. Zeitverzug sollte nur mit einer bauaufsichtlichen Zulassung im Einzelfall realisiert werden.
Martin Grell, Export Sales Manager, GfS – Gesellschaft für Sicherheitstechnik mbH.