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Unternehmen 2. März 2023

Videotechnik im Wandel – von der Röhre in die Cloud

Jubiläumsrückblick: Trends und Themen aus fünf Jahrzehnten Videoüberwachungstechnik im PROTECTOR.

Neue Technologien, neue Funktionen und neue Einsatzmöglichkeiten: In den letzten 50 Jahren hat sich in der Videotechnik vieles gewandelt.
Neue Technologien, neue Funktionen und neue Einsatzmöglichkeiten: In den letzten 50 Jahren hat sich in der Videotechnik vieles gewandelt.

Seit seiner Gründung im Jahr 1973 hat der PROTECTOR die Entwicklungen der Videoüberwachung stets aufmerksam verfolgt und technische Neuerungen redaktionell begleitet. In den vergangenen 50 Jahren hat sich dabei allerhand gewandelt, weshalb wir ausgewählte Video-Highlights und technische Meilensteine in unserem Jubiläumsjahr noch einmal Revue passieren lassen.

Wollte man die letzten vier Jahrzehnte Videotechnik grob zusammenfassen, könnte man sagen: Aus Sicherheitsfernsehen wurde Sicherheitsinternet, aus analog wurde digital, aus lokal wurde vernetzt, aus plumper Elektronik wurde smarte IT. Dies kratzt natürlich nur an der Oberfläche der Entwicklungen, die sich über einen relativ langen Zeitraum fast evolutionsartig vollzogen haben. Dennoch spannt diese Skizze den überaus großen Bogen, der nötig ist, wenn man beschreiben will, welche Umwälzungen in der Videotechnik seit den frühen 1970ern stattgefunden haben.

Videoüberwachung in den Kinderschuhen: Röhren, Bänder, Filme

Auch wenn 1973 ganz offiziell als das Jahr gilt, in dem der CCD-Sensor erfunden wurde, so war zu dieser Zeit vor allem eine andere Technik in der Videoüberwachung dominierend: Röhren – als Kameras und auch als Bildschirme. Ohne Röhren ging nichts, sofern man nicht auf klassischem fotografischem Film aufzeichnete, wie etwa Banken und Kreditinstitute, die gerne noch auf klassischen Film für die Beweissicherung im Falle eines Raubes setzten. Die Geräte hierfür waren in der Regel mit dem Alarmsystem gekoppelt und bannten die Aufnahmen der Täter auf die Negative.

Auch in der Bezeichnung war in den 70ern einiges anders als heute. Statt von CCTV, Videoüberwachung oder Surveillance sprach man von Sicherheitsfernsehen oder Fernsehüberwachung. In den frühen Ausgaben des PROTECTOR war die Videotechnik stets vertreten, wenn auch nicht in einem solchen Umfang wie heute. Der große Boom der Videoüberwachung stand erst noch bevor. So fanden sich in alten Heften Berichte über „Automatische Bildwechsler für das Betriebsfernsehen“, Produktmeldungen über „Geräte für die optische Raumüberwachung“, die extra aus den USA importiert wurden oder auch Anzeigen, die für die „Grundig Fernaugen“ warben, wie das Unternehmen seine Kameras damals nannte.

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Langzeitrecorder für Videos und kabellose Ansätze

Für alle, die anders als die Banken, nicht mehr auf Film aufzeichnen wollten und denen auch eine Live-Überwachung nicht ausreichte, entwickelte JVC 1976 eine Lösung: das analoge VHS-Videosystem. Es kam zunächst in Japan auf den Markt und setzt sich schon bald als Standard für private Video-Magnetbandaufzeichnungen durch. Auch in der Sicherheitstechnik fand es rasch Einzug. Es sollte sich hier – auch wegen sinnvoller Weiterentwicklungen – recht lange behaupten können. Zu den herkömmlichen Recordern gesellten sich mit der Zeit immer mehr Time-Lapse- oder Langzeitrecorder, die mehrere Tage auf eine Kassette aufnehmen konnten.

Ebenfalls seit den späten 70ern gab es erste Geräte für die kabellose TV-Übertragung, wie etwa ein Gerät von American Laser Systems, welches in der September-Ausgabe 1977 des PROTECTOR vorgestellt wurde. Es überbrückte die sonst allgegenwärtige Koaxialverkabelung in Bereichen, wo diese schwer umzusetzen war. Ein weiterer Trend, der ab 1978 aufkam, war die Nachtüberwachung per Video. Verstärkt wurde ab diesem Zeitpunkt auch im PROTECTOR für sensible Nachtüberwachungskameras geworben, die bei schlechtem Licht für Durchblick sorgen sollten. „Sicherheit durch Nachtfernsehen“ versprach so beispielsweise auch eine Annonce von Euroatlas, die für Kameras warb, die „bei geringstem Restlicht ohne Zusatzbeleuchtung“ auskamen.

Übertragungswege und Signalverarbeitung im Mittelpunkt

Mit dem Übergang in die 80er Jahre nahm die Entwicklung der Videotechnik immer weiter an Fahrt auf. Auch Interaktivität und Vernetzung spielten eine zunehmende Rolle. So kamen noch 1979 erste Lösungen zur Fernübertragung von Bildern über das herkömmliche Telefonnetz auf den Markt. Auch wenn die damaligen Systeme noch recht leistungsschwach ausgelegt waren und nur alle paar Sekunden ein Bild übermitteln konnten, legte das doch einen Grundstein für den Fernzugriff auf Videobilder. Weitere Ansätze für die Bildübertragung abseits der herkömmlichen Koaxkabel folgten. Ericsson etwa stellte im März 1980 im PROTECTOR ein Konzept zur Übertragung über Zweidrahtleitung vor, das zwei Kilometer Entfernung ohne Verstärker überbrücken konnte. Über ein zweites Kabelpaar war zudem bereits eine Fernsteuerung in Form von Schwenken und Neigen realisierbar.

In der Anzeigetechnik etablierten sich Anfang des Jahrzehnts ebenfalls neue Lösungen: Quadrantenteiler und Multiplexer-Systeme ermöglichten es, auf einem Monitor gleichzeitig vier oder mehr Bilder anzuzeigen. So konnten Wachmänner auf einen Blick alle Kameras überwachen und bei Bedarf eines der Bilder vergrößern. Daneben waren vielerorts natürlich Videokreuzschienen das zentrale Element zur Videosignalsteuerung. Ebenfalls nützlich wurden Anfang der 80er auch erste digitale Halbleiterspeicher, mit denen sich einzelne Bilder auf Knopfdruck zur Beweissicherung digital archivieren ließen. Damals konnten bereits Tausende Bilder abgelegt und später mit aktuellen Aufnahmen verglichen werden.

Die Anfänge der Videoanalyse und Neuerungen der Sensortechnik

Die Entwicklungen gingen weiter Schlag auf Schlag: So wurden im Sicherheitsbereich bald auch Wärmekameras angeboten, darunter sogar tragbare Modelle, wie in der April-Ausgabe von 1982 zu sehen ist. Das System von Autophon sollte damals vor allem bei der Lokalisierung von Brandherden helfen. Anfang der 80er setzten sich auch Videobewegungsdetektoren immer mehr durch, weshalb der PROTECTOR dieser Technik in der Ausgabe 2/1983 einen ausführlichen Fachartikel widmete, der unter dem Stichwort „praktische Sicherheit“ auf Funktionsweise und Anwendungen solcher Systeme einging. Im gleichen Artikel wurde übrigens auch schon der Begriff „CCTV“ geprägt und erläutert. Die Modernisierung der Videoüberwachung durchzog nun nicht nur Technik sondern auch Begrifflichkeiten. Mitte der 80er kamen dann Videoprinter und andere Drucksysteme für Kamerabilder in Mode. Exemplarisch seien hier Modelle von Mitsubishi genannt, die ab August 1985 im PROTECTOR vorgestellt wurden. Sie konnten auf fotoähnlichem Papier eine sofortige Dokumentation einer Situation erstellen.

In 50 Jahren hat sich vieles gewandelt, seien es die optische Erscheinung, die Inhalte oder die Macher hinter dem PROTECTOR.
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Auch die Aufzeichnungslösungen wurden nun immer leistungsfähiger. So ließen sich etwa mit dem Video-Bildspeicher-Demultiplexersystem von Autophon bis zu 16 Kameras auf einem Time-Lapse-Recorder aufzeichnen. Ab 1986 wurde es dann langsam aber sicher eng für die traditionellen Röhrenkameras. Während Kodak in diesem Jahr bereits den ersten Megapixelsensor auf CCD-Basis entwickelte, etablierten sich in den Überwachungskameras der damaligen Zeit die normal auflösenden Varianten zusehends. 1987 brachte Grundig mit der FA 82 die erste CCD-Chip-Kamera in Europa auf den Markt. Unzählige Modelle folgten und machten der Röhrentechnik mächtig Konkurrenz. Der Umstieg auf CCD-Technik beschleunigte auch den generellen Miniaturiesierungstrend. „Kompakt-Systeme“ kamen gegen Ende der 80er groß in Mode und vermehrten sich bis Mitte der 90er rasant. Darunter waren Minikameras für die diskrete oder verdeckte Überwachung, tragbare Modelle aller Art und sogar Videokompaktkreuzschienen wurden auf den Markt gebracht, so etwa von Geutebrück im Jahr 1994. In Sachen Übertragungstechnik ergänzte seit Ende der 80er Jahre eine weitere Lösung das Angebot: Fiberoptiksysteme, die Videobilder über Lichtwellenleiter übertragen konnten. Sie boten damals wie heute hohe Kapazität, große Reichweite und geringe Störanfälligkeit.

Umstellung auf Farbüberwachung und digitale Recordertechnik

Während das Unterhaltungsfernsehen schon längst durchgängig farbig war, blieben Überwachungskameras in aller Regel bis Anfang der 90er Jahre schwarzweiß. Nun jedoch wurden immer mehr Kameras und Monitore angeboten, die gezielt mit Farbe warben und auf die eindeutigen Vorteile bei der Identifizierung hinwiesen. Dementsprechend waren auch im PROTECTOR mehr Berichte und Anzeigen zu finden, die diese Trendwende in den Portfolios widerspiegeln. Passenderweise wurde auch die Anzeigen zunehmend farbig abgedruckt, wie beispielsweise eine aus dem Hause Siemens in der November-Ausgabe 1990, die mit dem Slogan „Tatort in Farbe“ für die neuesten Farbmodelle warb. Auch Philips setzte in der Ausgabe Mai 1991 auf bunte Akzente, um für seine Kommunikations- und Sicherheitssysteme zu werben. Dennoch sollte es noch eine ganze Weile dauern, bis sich Farbmodelle überall flächendeckend durchsetzten. Generell erweiterte sich nun das Angebot an Kameras immer mehr: Neben Farbvarianten kamen auch Sonderbauformen, wie etwa Schwenk-Neige-Kameras, Dome-Kameras oder vandalismusgeschützte Modelle auf den Markt und verbreiterten so die Anwendungsvielfalt der Videolösungen.

Eine weitere große Wandlung der Videotechnik etablierte sich ab Mitte der 90er: Schon 1993 kamen erste digitale Videorecorder (DVR) für Sicherheitsanwendungen auf den Markt – Pioniere waren hier die Firmen Dallmeier und Geutebrück. Anfangs waren solche Geräte noch immens teuer und konnten bestenfalls für Spezialaufgaben in Betracht kommen. Dennoch sollten sie noch bis Ende des Jahrzehnts die VHS-Bandgeräte langsam, aber stetig ablösen. Spätestens seit Ende der 90 waren sie bereits Standard in vielen Anwendungen. Damit einher ging die Entwicklung immer neuer digitaler Videoformate, die Speicherplatz schonten und eine lange Aufzeichnung gewährleisteten. 1995 wurde der neue Videostandard MPEG-2 veröffentlicht, der digitale Video- und Audiodaten in Fernsehqualität lieferte. Ihm folgten 1998 der Standard MPEG-4, der gegenüber MPEG-2 deutlich stärkere Video-Kompression bot.

Digitalisierte Bilder und softwarebasiertes Management

Die zweite Hälfte der 90er stand dann vollends im Zeichen der der Digitalisierung und Vernetzung. 1996 markiert einen wahren Meilenstein, der den Videoüberwachungsmarkt rückblickend betrachtet grundlegend verändert hat. In diesem Jahr stellte Axis Communications seine erste Netzwerkkamera Neteye 200 vor, die vollkommen digital arbeitete und Bilder über das IP-Netz übertrug. Die Qualität der Bilder und auch die Bildfrequenz waren zugegebenermaßen anfangs noch recht bescheiden und wurden von vielen zunächst belächelt, doch weitere bessere Modelle folgten und zahlreiche andere Anbieter widmeten sich bald schon der neuen Technologie, so dass sich IP-Kameras seit ihrer Markteinführung fast überall durchgesetzt haben.

In der Folge kam etwa ab 1997 erste digitale Videomanagementsoftware auf den Markt. Diese ermöglichte die effiziente Verwaltung von Überwachungskameras auf PC-Basis. Somit wandelte sich auch die Peripherie und die ganze Art der Verwaltung immer weiter in Richtung IT. Statt auf einzelnen lokalen Recordern wurde immer häufiger auf PCs und Servern aufgezeichnet und eine Vielzahl von Kameras über eine grafische Software-Oberfläche verwaltet. Der Übergang von analoger zur Netzwerktechnik geschah aber keineswegs abrupt, sondern verlief eher gleichmäßig und ist auch bis heute nicht vollständig abgeschlossen. Über viele Jahre herrschte – und herrscht – eine parallele Existenz von IP- und Analogtechnik, von Servern und Recordern, von Bedienplätzen und Clients. Hinzu kamen Brückentechniken und Migrationskonzepten, die den Übergang erleichtern sollten. Dazu zählten vor allem Video-Encoder und Video-Server, mit denen sich analoge Bestandskameras in digitale Netze integrieren ließen. Schon in der PROTECTOR-Ausgabe 7-8/1999 widmete sich ein ausführlicher Fachartikel dem Konzept und den Anwendungsgebieten der Geräte. Ebenfalls nützlich zur Digitalisierung waren und sind Hybridrecorder, die analoge und digitale verarbeiten konnten sowie PCI-Steckkarten für den Computer, mit denen sich mehrere über Koaxialkabel übertragene Videosignale umwandeln und digital speichern ließen.

Umwälzung in der Monitortechnik und Trends zur Funkvernetzung

Während sich die Kameratechnik und die nachgelagerten Speichersysteme relativ schnell weiterentwickelten, schien die Anzeigeseite deutlich hinterher zu hinken. Ab dem Jahr 2000 setzten sich in der Computertechnik Flachbildschirme auf LCD-Basis ziemlich schnell durch und lösten die klobigen Röhrenmonitore ab. Im CCTV-Segment verlief diese Umstellung jedoch bedeutend langsamer, da die frühen LCD-Geräte nicht an die sehr hohe Bildqualität der Röhren herankamen. Dennoch siegte ab Mitte der 2000er Jahre langsam aber sicher die Ergonomie, und Flachbildschirme wurden – nicht zuletzt auch durch das nun bessere Angebot an professionellen Modellen – auch in Sicherheitsanwendungen immer häufiger. Die Röhre hatte nun in allen Bereichen so gut wie ausgedient.

Die 2000er brachten ebenso zahlreiche technische Weiterentwicklungen. So wurde 2002 das Videoformat H.264 vorgestellt. Es ist eine Verbesserung von MPEG-4 und trägt daher die offizielle Terminologie MPEG-4 Teil 10. Es zeichnet sich durch noch stärkere Kompression aus und ermöglicht auch eine bandbreitenschonende Übertragung von Megapixelauflösungen. Das war eine ideale Voraussetzung für die schon wenige Jahre später verstärkt aufkommenden Megapixel-und HD-Kameras. Eine weitere Ergänzung der Kamerapaletten waren die drahtlos über W-LAN kommunizierenden Kameras. Exemplarisch seien hier die sehr kompakten Axis-Modelle 206W und 206M genannt, die etwa in der PROTECTOR-Ausgabe 7-8/2004 vorgestellt wurden. Die 206W nutzte lokales W-LAN-Funknetz für die sichere Bildübertragung und die 206M war damals die kleinste verfügbare Megapixelkamera.

Der Trend zu immer mehr Leistung und Funktionalität bei kompakten Abmessungen hielt also an. In diesen Zusammenhang wurde auch immer mehr Intelligenz in die Kameras ausgelagert. Schon 2005 kamen erste Modelle mit eigenständiger On-Board-Videoanalyse auf den Markt. Auch die Video-Software wurde immer smarter und spielte eine zunehmend wichtige Rolle. Der PROTECTOR griff diese Themen immer häufiger in praxisbezogenen Fachartikeln auf; beispielsweise im Oktoberheft 2004 unter der Überschrift „Die Software macht den Unterschied“. Dies machte klar, in welche Richtung die Entwicklung gehen würde.

Proprietäre Vielfalt und die Geburt von Video-Standards

Seit der zweiten Hälfte der 2000er Jahre standen die Zeichen endgültig auf digital, vernetzt und smart. Auch Mobilität spielte eine immer größere Rolle. Nicht nur die mobile Überwachung im ÖPNV wurde immer beliebter und brachte spezielle Kamera- und Aufzeichnungslösungen hervor, auch PDAs und erste Smartphones wurde im Zusammenspiel mit den neuen UMTS-Mobilfunknetzen für Videoanwendungen genutzt. Dieser Trend hält bis heute an – dabei werden die Funknetze immer leistungsfähiger und die Apps immer intuitiver und praktischer.

Die Schattenseite der Vielfalt an neuen Geräten und Konzepten war die fehlende Kompatibilität und Interoperabilität. Anders als zu Zeiten des analogen PAL-Standards war bei IP-Kameras kaum etwas genormt und auch in Sachen Videoformate schwor jeder Hersteller auf sein eigenes Patentrezept. Dies mussten Anbieter von Videomanagementsoftware aufwendig durch Einzelintegration ausgleichen. 2008 wurde dann ein anderer Weg beschritten: In diesem Jahr wurde der Grundstein für das Open Network Video Interface Forum (Onvif) gelegt, das die Einführung eines gemeinsamen Videostandards für Sicherheitsanwendungen zum Ziel hatte. Axis, Bosch und Sony scharten bald Hunderte weitere Anbieter um sich und verwirklichten das Vorhaben. Bis heute wird der Standard kontinuierlich weiterentwickelt und ergänzt. In Amerika verfolgte man mit (PSIA) Physical Security Interoperability Alliance derweil einen ganz ähnlichen Ansatz. In Sachen Auflösung etablierten sich nun zusehends auch in der Videoüberwachung die aus der Fernsehbranche stammenden HD-Formate 720p und 1080p. Die Kameras wurden dementsprechend angepasst – einstige Standard-Auflösungen wie D1, 4CIF oder VGA gehörten schon bald der Vergangenheit an.

Datenflut durch Megapixel und Effizienz durch neue Formate

Ebenfalls zum Standard – und zwar in der Stromversorgung – hat sich Power over Ethernet (PoE) entwickelt. So gut wie jede Netzwerkkamera kann heute auf diese Weise gespeist werden, was eine aufwendige separate Stromverkabelung unnötig macht. Zum Alltag gehört seit wenigen Jahren auch ein weiterer Standard: das aus der Broadcast-Technik kommende HD-SDI-Format, welches digitale HD-Bilder über herkömmliche Koaxialkabel übertragen kann. Es erfreut sich vor allem als Brückentechnik beim Übergang von einer analogen Altanlage zu einem hochauflösendem Digitalsystem einiger Beliebtheit. Zu den jüngsten Trends in der Überwachungstechnik zählen schließlich auch Spezialkameras wie etwas neue Hemispheric-, Panorama-, Fisheye- oder Multisensormodelle, die einen 180- oder sogar 360-Grad-Rundumblick ermöglichen. Schon im Mai-Heft 2009 befasste sich der PROTECTOR mit den Vorteilen und Einsatzgebieten dieser Kameras.

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Die Auflösungsspirale drehte sich währenddessen unaufhörlich weiter. So hielten 2K, 4K und teilweise sogar 8K als Nachfolger des Full-HD-Standards Einzug. Damit einher gingen Weiterentwicklungen bei der Kompression, welche die immer größeren Datenmengen im Zaum halten sollen. Im Januar 2013 wurde der Entwurf zu H.265/HEVC als Nachfolger von H.264 verabschiedet. Und auch dessen Nachfolger steht schon in den Startlöchern. Ein erster Entwurf zu H.266 wurde im April 2018 vorgestellt. Die Finalisierung des Standards wurde im Juli 2020 bekannt gegeben. Die Bitrate soll für UHD-Videos bei gleicher Qualität um 50 Prozent gegenüber HEVC reduziert werden können, es werden Auflösungen bis 16K und 360-Grad Videos unterstützt.

Videodaten im Fokus: Datenschutz und Cybersicherheit

Einfluss auf die Handhabung von Videotechnik hatte auch die seit dem 25. Mai 2018 geltende Europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO, GDPR). Diese zwei Jahre zuvor verabschiedete Gesetzesgrundlage ersetzte die aus dem Jahr 1995 stammende Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr. Für den Einsatz von Videotechnik, bei der prinzipiell personenbezogene Daten erhoben werden können, bedeutete dies strengere Regeln hinsichtlich Speicherung und Handhabung von Videodaten, auch die Herausgabe an betroffene Personen musste in einem Prozess geregelt werden. Die Anbieter von Videoüberwachungstechnik stellten sich jedoch rechtzeitig darauf ein und passten ihre Systeme entsprechend gesetzeskonform an.

Neben dem Datenschutz gewann in den letzten auch die Datensicherheit immens an Bedeutung. Die extreme Zunahme an Hackerangriffen und das Auftauchen diverser Hintertüren in Videokameras sorgten dafür, dass Themen wie Cyber-Security und Security by Design seitdem sehr viel weiter oben auf der Agenda stehen. Die IT-Sicherheit mitzudenken ist heute eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung von Videolösungen und -komponenten. Denn nichts wäre fataler als ein Sicherheitssystem, das selbst zur Sicherheitslücke und damit zum Risiko wird.

Intelligenz und Effizienz: Cloud-Systeme und Video as a Service

Videoanalyse und intelligente Algorithmen begleiten die Branche schon länger, doch hat die Entwicklung in diesem Bereich in den letzten fünf Jahren enorm an Fahrt aufgenommen. Die Schlagworte Smart Surveillance, Machine Learning, Deep Learning, und KI-Analyse werden heute fast schon inflationär benutzt. Doch auch wenn einiges dem Marketing geschuldet ist, kann man nicht leugnen, dass die Videotechnik dank Künstlicher Intelligenz große Sprünge gemacht hat und heute eine leistungsfähige Videoanalyse möglich ist, von der man vor zehn Jahren noch träumte.

Damit einher geht ein weiterer Trend: Cloud Video und Video Surveillance as a Service. Der Ansatz ist, die vor Ort benötigte Hard- und Software so weit wie möglich zu reduzieren und damit die Kosten und den Aufwand für Wartung und Instandhaltung. Speicherung, Verwaltung und Analyse der Bilder werden auf Cloud-Infrastrukturen verlegt, die flexibel nutzbar und stets hochverfügbar sind. Das vereinfacht Prozesse und senkt Investitionskosten. Und auch wenn sich dieses Modell natürlich nicht für jede Anwendung eignet, so ist es dennoch eine spannende und sinnvolle Ergänzung für die Videolandschaft.

Nicht nur wegen der beiden zuletzt genannten Trends bleibt die Entwicklung der Videotechnik auch in Zukunft spannend. Wir werden sie im PROTECTOR wie gewohnt redaktionell begleiten und freuen uns schon auf die nächsten Jahrzehnte der Videoberichterstattung.

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