Nach zehn Jahren und den Zwischenstationen Potsdam (2014 bis 2019) und Kassel (2021 und 2022) begrüßten die VfS-Geschäftsführer Wilfried Joswig (rechts) und Prof. Dr. Clemens Gause Ende April  etwa 300 Teilnehmer zum VfS-Kongress zahlreiche in Leipzig.
Foto: Andreas Albrecht
Nach zehn Jahren und den Zwischenstationen Potsdam (2014 bis 2019) und Kassel (2021 und 2022) fand der VfS-Kongress 2023 wieder in Leipzig statt.

Veranstaltungen

VfS-Kongress 2023: Krisen als Chance?

Leipzig war Ende April 2023 nach zehn Jahren wieder Veranstaltungsort des VfS-Kongresses. Zentrales Thema waren die zahlreichen, aktuellen Krisen sowie die Frage, wie Unternehmen ihre Resilienz verbessern können.

Die VfS-Geschäftsführer Wilfried Joswig und Prof. Dr. Clemens Gause begrüßten in Leipzig insgesamt etwa 300 Besucher – überwiegend Anwender, aber auch Errichter, Systemintegratoren, Berater und Planer – und Aussteller, die eine breite Palette an sicherheitstechnischen Neuerungen präsentierten. Die Rückkehr zu alter Wirkungsstätte nahm Wilfried Joswig zum Anlass, zu Beginn des Kongresses auf die Geschichte des Verbands für Sicherheitstechnik (VfS) zurückzublicken. Man sei damals, im Gründungsjahr des Verbands 1994, angetreten, um Betreibern in der Sicherheitswirtschaft herstellerunabhängige, und möglichst produktneutrale Informationen und Hilfestellungen zu geben, so Joswig. Ein Versprechen, das bis heute gehalten hat, denn der VfS sieht sich nach wie vor als ein Verband „im Interesse der Nutzer“.

Image
Nico Lehner. Projektmanager & Head of Sales, erläuterte VfS-Geschäftsführer Wilfried Joswig am Ausstellerstand der Arrowtec GmbH die Drohnentechnologie des Start-ups und die Mehrwerte der Lösung speziell für Sicherheitsdienste.
Foto: Andreas Albrecht
Nico Lehner. Projektmanager & Head of Sales, erläuterte VfS-Geschäftsführer Wilfried Joswig am Ausstellerstand der Arrowtec GmbH die Drohnentechnologie des Start-ups und die Mehrwerte der Lösung speziell für Sicherheitsdienste.

Resilienz und Krisenmanagement verbessern

Zentrales und übergeordnetes Thema des VfS-Kongresses waren in diesem Jahr die zahlreichen Krisen und Katastrophen, wie der Krieg in der Ukraine, zunehmende Cyberangriffe auf Kritische Infrastrukturen und die Gefahr eines lang andauernden und flächendeckenden Blackouts sowie die Frage, wie Unternehmen einerseits ihre Krisen-Resilienz erhöhen können, aber auch, welche Chancen sich ihnen bieten. Albrecht Broemme vom Zukunftsforum Öffentliche Sicherheit (ZOES) und Ehrenpräsident des Technischen Hilfswerks (THW), in Berlin, attestierte in seiner Keynote in diesem Zusammenhang der Politik eine „Katastrophendemenz“. Das schnelle Vergessen mache es schwer, die Resilienz zu verbessern, so Broemme. „ Eine Milliarde Euro für den Katastrophenschutz geht nicht, sagen die Politiker. Aber 35 Milliarden für die Folgeschäden der verheerenden Überflutungen im Ahrtal 2021, das ging schon.“

Dabei lasse sich mit ausreichenden Mitteln und moderner Technik manche Katastrophe durchaus verhindern, erklärte Sabine Lackner, Vizepräsidentin des THW, in Bonn. Sie verwies dabei unter anderem auf das Forschungsprojekt „Spell“, das sich zum Ziel gesetzt hat, auf Basis KI-basierter Datenanalyse in Krisensituationen wie Naturkatastrophen oder flächendeckenden Stromausfällen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, Nothilfe und Versorgung für die Bevölkerung schneller und situationsgerecht einzuleiten. Diese Aufgabe werde vor allem deshalb immer dringender, weil „Krisenlagen nicht mehr nacheinander, sondern geballt und innerhalb kürzester Zeit auftreten“, betonte Lachkner. Der Einsatz Künstlicher Intelligenz könne dabei sehr hilfreich sein. So würden mit der Technologie etwa Datenanalysen in Echtzeit, automatische Entscheidungsprozesse und Simulationsprozesse ermöglicht, um im Ernstfall Zeit zu gewinnen.

Als ähnlich hilfreich bewertete Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft in Berlin, den Einsatz KI-basierter Videotechnik zu Verhinderung von Straftaten. Der Polizei würde damit theoretisch die Möglichkeit gegeben, Gefahrensituationen  bereits im Vorfeld zu erkennen und Eskalationen zu verhindern. Obwohl diese Technik eine viel geringere „Eingriffstiefe“ in Datenschutz und Persönlichkeitsrechte habe, weil die Kameras nicht fortlaufend aufzeichnen würden, sondern erst, wenn Situationen gefährlich würden, gab sich Wendt  skeptisch, was die zukünftige Verwendung dieser Technik betrifft. Er glaube nicht, so Wendt, dass das im Herbst 2023 endende Pilotprojekt in Mannheim, wo derzeit algorithmenbasierte Videoüberwachung im öffentlichen Raum zur Bekämpfung von Straßenkriminalität erprobt wird, eine Fortsetzung finde. Zu groß seien die Vorbehalte gegenüber der Technik. Es sei leider die Ausnahme, dass Politiker diese unvoreingenommen bewerten würden, was nach Wendts Überzeugung auch am negativ konnotierten Begriff „Videoüberwachung“ liege, den er nicht benutze. Er spreche lieber von „Videobeweis“.

Drei Jahre VfS-/ZOES-Morgenlage

Es ist eine einmalige Veranstaltung, die seit drei Jahren jeden Montag stattfindet: Die vom VfS und ZOES initiierte Morgenlage.
Artikel lesen
Image
Auf großes Interesse stieß unter anderem der Vortrag von Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft in Berlin, der den Einsatz KI-basierter Videotechnik im innerstädtischen Raum thematisierte.
Foto: Andreas Albrecht
Auf großes Interesse stieß unter anderem der Vortrag von Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft in Berlin, der den Einsatz KI-basierter Videotechnik im innerstädtischen Raum thematisierte.

Gute Stimmung an den Ausstellerständen

Während des zweitägigen Kongresses gab es noch eine ganze Reihe weiterer interessanter Vorträge. So informierte die Besucher etwa Björn Hawlitschka von der Sicherheits- und Wirtschaftsberatung Maconia GmbH über die aktuelle Lage und die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine. Der Rechtsanwalt Henry Bauer bewertete die Drohnenabwehr im urbanen Raum aus juristischer Perspektive, und der Berater für Terrorismusbekämpfung, Yan St-Pierre, analysierte die Dynamiken von Klimaaktivisten. In den bewusst langen Pausen zwischen den Vorträgen hatten die Teilnehmer zudem ausreichend Zeit, sich an den Ausstellerständen im Foyer über neuste sicherheitstechnische Lösungen zu informieren. Die Mehrheit der Hersteller war vor allem mit der Qualität der Gespräche sehr zufrieden, waren doch große Endkunden, wie beispielsweis Airbus, vor Ort.

Doch auch diejenigen Aussteller, die sich mehr Frequenz an ihren Ständen gewünscht hätten, bereuten ihr Kommen keineswegs. Der VfS-Kongress – so der Tenor – sei wie ein Familientreffen der Branche, und allein durch die Gespräche untereinander, in den Pausen und während der Abendveranstaltungen,  habe sich die Teilnahme schon gelohnt. Rückblickend wirkt es fast surreal – und da wären wir wieder bei der „Katastrophendemenz“ – dass es solche Veranstaltungen während Corona zwei Jahre lang fast nicht gegeben hat.

Andreas Albrecht

VfS mit neuem Vorstandvorsitzenden Marks

Im Rahmen seiner Mitgliederversammlung wählte der Verband für Sicherheitstechnik (VfS) e.V. Jörg Marks zum neuen Vorstandsvorsitzenden.
Artikel lesen
Auf der begleitenden Ausstellung konnten sich die Teilnehmer des VfS-Kongresses umfassend über sicherheitstechnische Produkte und Lösungen informieren.
Foto: Andreas Albrecht

Verbände

VfS-Kongress: Zivil- und Katastrophenschutz im Fokus

Corona, Flut und Krieg: Die Krisen in der Welt häufen sich. Beim VfS-Kongress 2022 in Kassel wurden Stimmen laut, die ein Umdenken im Zivil- und Katastrophenschutz fordern. 

Wie lange kann man im Krisenfall noch Bargeld abheben? Das Projekt Basic untersuchte die Resilienz der Bargeldversorgung.
Foto: otakesang - stock.adobe.com

Sicherheitskonzepte

Wie resilient ist die Bargeldversorgung im Krisenfall?

Nach drei Jahren geht das Projekt „Basic“ zu Ende, in dem die Resilienz der Bargeldversorgung, besonders in Not- und Krisenfällen, untersucht  und ein Sicherheitskonzept entwickelt wurde.

Die sich biegenden, aber nicht brechenden Gräser stehen als Zeichen für Resilienz: Auch Unternehmen kann es gelingen, Krisen zu überstehen. 
Foto: Petair - stock.adobe.com

Interviews

Resilienz: Wie Unternehmen Krisen adäquat bewältigen können

Unternehmen können lernen, sich über ihr Krisenmanagement eine Resilienz aufzubauen, die sie Krisen besser meistern lässt. 

Marco Felsberger,  Dozent am FH Campus Wien, an der TH Deggendorf sowie an der IBS Akademie, erläutert, wie Unternehmen ihre Resilienz stärken können und somit Krisen besser meistern. 
Foto: Interfoto Wien

Verbände

Resilienz erhöhen, um besser durch die Krise zu kommen

Ob bei unvorhersehbaren Krisen oder Stress am Arbeitsplatz – Resilienz ist spätestens seit der Pandemie in aller Munde. Ein Experte gibt Tipps.