Direkt zum Inhalt

Spezialisten gefragt

Die Zusammenarbeit von Staat und Wirtschaft zum Schutz der Güterverkehrs- und Logistikwirtschaft stand im Fokus des ersten Teils dieser Artikelserie. Teil 2 widmet sich der Frage, ob und wie die Sicherheitswirtschaft wesentlich zur Logistiksicherheit beitragen kann.

Auch das Gütertransport- und Lieferkettensystem zählt zu den kritischen Infrastrukturen.
Auch das Gütertransport- und Lieferkettensystem zählt zu den kritischen Infrastrukturen.

In der Sicherheitsstrategie des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) wird die Sicherheitswirtschaft nicht erwähnt. Das ist bedauerlich, denn Sicherheits-unternehmen können vielfältige Aufgaben der Logistiksicherheit sowohl als Sicherheitsdienstleister wie als Entwickler, Hersteller und Betreiber spezieller Sicherheitstechnik wahrnehmen.

Sie können für die physische Sicherheit der Güter im Verkehr durch Sicherung der Verpackung und Versendung Sorge tragen, durch Sicherung des Güterumschlags, insbesondere beim Wechsel zwischen Verkehrsträgern und Transportsystemen, sowie beim Ausladen der Fracht am Bestimmungsort.

Sicherheitsunternehmen entwickeln die Sicherheitstechnik, die speziell zum Schutz der Lieferketten und des Güterverkehrs erforderlich ist: Videoüberwachungstechnik einschließlich intelligenter Bildanalyse, mechanische und elektronische Zutrittskontrolltechnik und sicheres Identity- und Access-Management sind hier zu nennen.

Auch RFID-Technologie, Detektionstechnik zur Überprüfung von Transportgütern nach gefährlichen Gegenständen und Explosivstoffen, Branddetektions-, -melde und -löschtechnik sind weitere Gewerke der Sicherheitstechnik, die speziell für den sicheren Güterverkehr entwickelt werden.

Technik als wesentliches Element

Anzeige

Videoüberwachung ist für die Prozessoptimierung in der Logistik besonders wichtig. Das Bildmaterial ist manipulationssicher und kann zur Klärung von Unregelmäßigkeiten eingesetzt werden, insbesondere durch Verknüpfung von Videodaten mit Prozessdaten. Auch großflächige Lagerbereiche lassen sich durch Videoüberwachung sichern. Eine neuartige HD-Kameratechnologie beispielsweise kombiniert Gesamtübersichten mit höchster Detailauflösung in jeder Entfernung.

Ebenso bedeutsam für die Sicherung der Lieferkette ist die weltweite Überwachung von Fahrzeugen und Frachtcontainern durch GPS-gestützte Tracking & Tracing-Systeme. GPS-Technologie, Videoüberwachung und Sensorik lassen sich dabei kombinieren. Ein Alarm wird in der Einsatzzentrale ausgelöst, wenn Fahrzeuge oder speziell ausgerüstete Container einen vordefinierten Bewegungsbereich verlassen oder beim Abtransport gestohlener Container ein integrierter Vibrationssender beziehungsweise beim Öffnen eines Containers eine entsprechende Sensorik anspricht.

Spezialisiertes Fachwissen Sicherheitsdienstleister können diese Technik bedienen und damit Lagerbereiche, Umschlagsplätze und Zutrittskontrollen absichern. Sie können außerdem kritische Transporte begleiten. Notwendig für einen wirkungsvollen Einsatz von Sicherheitsunternehmen zur Logistiksicherheit ist, dass sie sich für ein solches Kundensegment spezialisieren und das erforderliche Know-how erwerben.

Das ist insbesondere Voraussetzung für eine fachkundige Beratung von Unternehmen, deren Logistik der Sicherung bedarf. Deren Geschäftsprozesse und Betriebsabläufe müssen gründlich analysiert werden, um eine Risikoanalyse zu erarbeiten und ebenso effiziente wie kostengünstige Sicherungslösungen zu entwickeln. So beraten zum Beispiel regelmäßig private Sicherheitsdienstleister Hafenunternehmen hinsichtlich der spezifischen Sicherheitsanforderungen, erarbeiten Risikoanalysen und Sicherheitskonzepte und übernehmen die personellen und technischen Sicherungsaufgaben in den Hafenanlagen.

Sicherheitsunternehmen können nach § 31 Gewerbeordnung auch den Schutz unter deutscher Flagge fahrender Schiffe gegen Piratenangriffe übernehmen. Voraussetzung ist ihre Zulassung durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. In dem Zulassungsverfahren müssen sie darlegen, dass sie bestimmte Anforderungen an die betriebliche Organisation und Verfahrensabläufe erfüllen, und sicherstellen, dass nur geeignetes und zuverlässiges Personal eingesetzt wird.

Allerdings widmen sich bisher fast ausschließlich ausländische Sicherheitsunternehmen dieser gefahrenträchtigen Schutzaufgabe.

Sicherheitsunternehmen können auch die technischen Anlagen gesicherter LKW-Parkplätze an Autobahnen einschließlich der damit verbundenen Kontroll- und Interventionsdienste übernehmen. Besonders geeignet dazu sind Sicherheitsunternehmen, die an allen wichtigen Knotenpunkten der Lieferkette vertreten sind. Ein bundesweit vertretenes Sicherheitsunternehmen ist in der Lage, ein bundesweites Netz gesicherter LKW-Parkplätze flächendeckend mit gleich hoher Qualität zu betreuen. Ein weltweit operierender Konzern kann die Lieferketten global aus einer Hand unter Erfüllung gleich hoher Qualitätsansprüche absichern.

Kritische Infrastrukturen

Das Gütertransport- und Lieferkettensystem einer Volkswirtschaft bildet eine kritische Infrastruktur. Für die Sicherheitsdienstleistung in diesem System hat die Innenministerkonferenz (IMK) schon 2009 bei der Überarbeitung des Programms „Innere Sicherheit“ eine Zertifizierung als Zulassungsvoraussetzung verlangt, damit nur fachlich qualifizierte, mit den erforderlichen personellen, technischen und finanziellen Ressourcen ausgestattete und zuverlässige Unternehmen diese anspruchsvollen Aufgaben wahrnehmen.

Die Zulassungskriterien sind von Fachgremien der IMK unter Mitwirkung des Bundesverbands der Sicherheitswirtschaft (BDSW) entwickelt worden. Noch wehrt sich die an der Verfahrensgestaltung beteiligte wirtschaftsministerielle Seite gegen eine gesetzliche Verankerung der Zertifizierung – in der Gewerbeordnung oder einem spezifischen Gesetz der privaten Sicherheit – ohne die die Zertifizierungsvoraussetzung bei der Vergabe von Aufträgen nicht durchgesetzt werden kann.

Angesichts der Bedeutung des Schutzes kritischer Infrastrukturen, gerade auch in der Logistiksicherheit, ist eine beschleunigte Einführung des von der IMK geforderten Zertifizierungsverfahrens dringend geboten. Aus Sicht der Sicherheitswirtschaft ist das eine der prioritären Aufgaben der neuen Bundesregierung.

Manfred Buhl, CEO Securitas Deutschland Holding GmbH, Vizepräsident des BDSW

Passend zu diesem Artikel