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Verbände 14. September 2022

Sicherheitsgewerbegesetz: Mehr Qualität in der Sicherheit?

Das Sicherheitsgewerbegesetz soll für mehr Qualität in der Sicherheitsbranche sorgen, allerdings lässt die Umsetzung noch auf sich warten.

Das Sicherheitsgewerbegesetz soll für mehr Qualität in der Sicherheitsbranche sorgen.
Das Sicherheitsgewerbegesetz soll für mehr Qualität in der Sicherheitsbranche sorgen.

Seit mehr als zwei Jahren ist das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat für die Sicherheitsbranche zuständig; seitdem wird an einem Sicherheitsgewerbegesetz gearbeitet, das als Rechtsgrundlage für die Branche dienen soll, um für mehr Qualität zu sorgen. Ein zentraler Punkt ist die Vergabepraxis bei öffentlichen Aufträgen. PROTECTOR sprach darüber mit Ernst Steuger, Geschäftsführer bei der Nürnberger Wach- und Schließgesellschaft mbH und BVSW Vorstand.

Sorgt das Sicherheitsgewerbegesetz für mehr Qualität in der Sicherheitsbranche?

Herr Steuger, wie ist aktuell die Vergabesituation bei öffentlichen Aufträgen?

Ernst Steuger: Bei rund 90% der Ausschreibungen entscheidet zu 100% der Preis. Dabei werden bei Ausschreibungen auch immer wieder Angebote eingereicht, die keinen Bezug zum Lohn in dem Bundesland haben, in dem die Dienstleistung ausgeführt werden soll. Beispielsweise gibt es in Bayern eine Stundenzulage von 1,5 EUR für die Arbeit in Asylunterkünften. Ein Unternehmen aus Hessen kann diese Stundenzulage aber umgehen, wenn es keine Betriebsstätte in Bayern unterhält.

Wo sehen Sie die Nachteile dieser Praxis?

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Ernst Steuger: Ein solches Vorgehen geht zu Lasten des eingesetzten Personals und schadet damit langfristig der Qualität der erbrachten Dienstleistung. Um wieder auf das Beispiel der Asylunterkunft zukommen: Hier sind erweiterte Kenntnisse beim Bewachungspersonal erforderlich, wie beispielsweise interkulturelle Kompetenzen oder auch Schulungen im Bereich Deeskalation. Das muss bei der Entlohnung entsprechend berücksichtigt werden.

Was müsste sich aus Ihrer Sicht verbessern?

Ernst Steuger: Ein Ansatzpunkt könnte sein, den Lohn bei Ausschreibungen verbindlich vorzugeben. Damit könnten auch Anbieter aus dem europäischen Ausland ihre Angebote kalkulieren. Auch die Einbindung von Subunternehmern sollte genauer geregelt werden. Sobald ein Auftragnehmer einen Subunternehmer beauftragt, sollte er das seinem Kunden melden und gleichzeitig dafür Sorge tragen, dass der Subunternehmer die vereinbarten Qualitätskriterien einhält.

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Was könnte öffentliche Auftraggeber dazu bewegen, nicht nur auf den Preis zu schauen?

Ernst Steuger: Das neue Sicherheitsgewerbegesetz sollte festlegen, dass der Auftraggeber die Angebote nach dem Bestbieterprinzip bewerten und auswählen muss, damit sich der Fokus mehr auf die Qualität richtet. Das erscheint auf den ersten Blick aufwendiger, hilft aber dabei, unseriöse Anbieter auszubremsen und den Partner herauszufiltern, mit dem sich auf Dauer vertrauensvoll zusammenarbeiten lässt.  Standardisierte Kriterien zur Messung der Qualität gibt es bereits, wie die DIN 77200/1. Diese Norm regelt die Mindestanforderungen an Sicherheitsdienstleister und deren Niederlassungen als Auftragnehmer (AN) von Sicherungsdienstleistungen (SDL) in Bezug auf Organisation, Prozesse und Personal. Im Teil 2 wird sogar explizit auf den Bereich Flüchtlingsunterkünfte eingegangen.

Erweiterte Sachkundeprüfung gefordert

Welche Punkte gehören für den BVSW dringend in das neue Sicherheitsgewerbegesetz?

Ernst Steuger: Ein ganz wichtiger Punkt ist die Qualifikation für Gewerbetreibende. Wer derzeit die Sachkundeprüfung nach §34a absolviert, hat die Möglichkeit, sich mit einem Bewachungsunternehmen selbständig zu machen und sich damit auch an öffentlichen Ausschreibungen zu beteiligen. Wer allerdings ein funktionierendes Einsatzkonzept für Großveranstaltungen planen möchte, braucht eine gewisse Erfahrung. Deshalb fordert der BVSW für eine Selbständigkeit eine erweiterte Sachkundeprüfung, die zusätzlich Kenntnisse in Recht, Betriebswirtschaftslehre und Personalführung vermittelt, sowie mindestens zwei Jahre relevante Berufserfahrung.

Ein weiterer Punkt ist die Übernahme einer höherwertigen Zuverlässigkeitsprüfung bei einem Wechsel ins Bewachergewerbe. Das heißt, wer bereits eine Zuverlässigkeitsprüfung für eine Tätigkeit am Flughafen durchlaufen hat, sollte bei einem Wechsel, zum Beispiel in den Bewacherbereich, nicht nochmals eine Zuverlässigkeitsprüfung durchlaufen müssen, wenn die vorangegangene Prüfung höherwertig ist.

Wie ist der derzeitige Stand beim Sicherheitsgewerbegesetz?

Ernst Steuger: Nach mehreren Workshops wird jetzt der Referentenentwurf fertiggestellt. Sobald er vorliegt, haben die Verbände nochmals die Gelegenheit, ihn gegenzulesen. Wir rechnen ungefähr bis zum Ende des Sommers mit dem Entwurf.

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