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Sensible Trennung von Polizei und Privaten

Rund 100 Teilnehmer folgten am 16. und 17. Oktober 2012 der Einladung zu den 1. Gemeinsamen Bayerischen Sicherheitstagen, die BVSW und BDSW ausgesprochen hatten. Auf der Agenda standen aktuelle Herausforderungen für private Sicherheitsdienste: Mindestlohn, Qualität, Zertifizierung, Demografie und Abgrenzung zum Polizeidienst.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann.

Nach der Begrüßung durch Gerhard Ameis, stellvertretender Vorsitzender der Landesgruppe Bayern des BDSW (Bundesverband der Sicherheitswirt-schaft), der das Potential der deutschlandweit rund 179.000 Sicherheitsmitarbeiter herausstellte, definierte Heinrich Weiss, Geschäftsführer des BVSW (Bayerischer Verband für Sicherheit in der Wirtschaft), Sicherheit als „das Erdöl Europas“. In einem Land, das sich nicht auf Bodenschätze berufen könne, sei Sicherheit ein wichtiges Wirtschaftsgut.

Dass Sicherheit ein Standortfaktor ist, stellte auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann dar: „Unternehmen investieren nur dort, wo sie einen sicheren Standort finden.“ Obwohl der Personalstand der Polizei in Bayern im kommenden Jahr der höchste der Geschichte sein wird, hob Herrmann die Bedeutung der privaten Sicherheitsdienstleister bei Oktoberfest, U-Bahn und im Stadion hervor und bedankte sich für die gute Zusammenarbeit. Auch Landespolizeipräsident Waldemar Kindler betonte, dass die Zusammenarbeit mit privaten Dienstleistern eine Partnerschaft sei: „Hier gibt es keinen Gegensatz, sondern einen gemeinsamen Auftrag.“

Grenzen der Kompetenz

Der Einsatz von privaten Sicherheitsdienstleistern im öffentlichen Raum ist dennoch ein sensibles Thema, wie auch auf den Bayerischen Sicherheitstagen deutlich wurde. Zwar sind die Einsatzmöglichkeiten privater Dienstleister durchaus gesetzlich begrenzt (beispielsweise bei der Luftsicherheitskontrolle und neuerdings bei der Einlasskontrolle in Gerichten oder bei der Verteidigung von Schiffen gegen Piraten), aber eine eindeutige Trennung von polizeilichem und privatwirtschaftlichem Sicherheitsauftrag wird gerade seitens der Behörden immer wieder betont.

Münchens Polizeipräsident Prof. Dr. Wilhelm Schmidbauer erinnerte deshalb an die klar definierte Trennlinie: „Was der private Auftraggeber beispielsweise auf dem Oktoberfest darf, darf auch der private Sicherheitsdienstleister – und nicht mehr. Mit dem Hausrecht erhalten die Mitarbeiter jedoch sogar mehr Rechte als die Polizei, hier können Verweise ohne Begründung ausgesprochen werden.“ Dies könnten auch die Mitarbeiter der City-Streife, die bei Nacht in der Altstadt von Landshut dafür sorgen, dass Vandalismus und Gewalt bereits in der Phase vor der Tat unterbunden werden. Nikolaus Pfeiffer, Sicherheitsberater bei LWS Security, gab einen Einblick in die Tätigkeit, die seine Mitarbeiter im Auftrag des Amts für Marketing und Tourismus ausüben.

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Reiner Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft im DBB (DPolG), stellte die Befürchtungen seiner Kollegen ganz klar dar: „Politiker erweitern die Einsatzgebiete privater Sicherheitsdienstleister, während bei der Polizei Stellen gestrichen werden.“ Dies führe dazu, dass sich irgendwann nur noch große, reiche Gemeinden den Einsatz von Sicherheitspersonal leisten könnten, mutmaßte Wendt, der als Polizeibeamter in Nordrhein-Westfalen aktiv war. „Und die Personen, die sich freiwillig dazu bereit erklären, kostenlos für Sicherheit in ihrer Stadt zu sorgen, wenn man sie bei der nächsten Wahl dafür berücksichtigt, die möchte keiner haben.“ Kritisch sah Wendt auch das Ansprechen von Personen durch Sicherheitsdienste: „Jemanden aufzufordern, stehen zu bleiben, ist ein Eingriff in die Grundrechte eines Bürgers.“ Dies sei nicht ohne Grund der Polizei vorbehalten. „Die Maxime der Polizei ist eine Werteorientierung, das Grundgesetz und die Bürgerrechte, und nicht die Gewinnmaximierung und die Bilanz des Unternehmens“, gab er zu bedenken.

Qualität und Zertifizierung

Als ehemaliger Präsident eines Bundespolizeipräsidiums konnte Udo Hansen diese Kritikpunkte gut nachvollziehen: „Private sind natürlich kostengünstiger als Beamte. Dennoch gibt es – wie bei der Luftsicherheit – standardisierte und sich ständige wiederholende Tätigkeiten, für die gut ausgebildete Beamte langfristig nicht herangezogen werden können.“

Manfred Buhl, Vizepräsident des BDSW, forderte dazu eine Professionalisierung der Sicherheitsberufe: „Für die Zusammenarbeit mit der Polizei bei kritischen Infrastrukturen, im öffentlichen Personenverkehr oder bei Veranstaltungen ist eine Zertifizierung denkbar.“ Buhl sprach sich für eine verbesserte Ausstattung und Qualifikation der Führungs- und Einsatzkräfte, Zuverlässigkeitsprüfungen und eine Neuregelung des § 32 der Gewerbeordnung aus. Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. (vbw), warnte allerdings auch vor dem Wunsch des Staates, Unternehmer spielen zu wollen.

Sicherheitsdienstleister als Partner

Der Sicherheitschef der Flughafen München GmbH, Gerhard Wirth, zeigte die Anforderungen an die Qualität privater Sicherheitsdienste aus der Unternehmenssicht auf. Er beschrieb die Zusammenarbeit mit Luftsicherheitsfachkräften bei der Fluggastabfertigung und stellte die CAP vor, ein Tochterunternehmen der Flughafen München GmbH, die vor Ort für die Sicherheit sorgt. Er erläuterte, dass mehrere Ebenen die Rechtebasis eines Flughafens bilden – allen voran die EU. „Der Luftsicherheitsplan gilt für den Sicherheitsdienstleister ebenso wie für den Flughafenbetreiber“, erläuterte Wirth. „Wenn das Gesamtkonzept nicht stimmt, kann auch ein deutscher Flughafen den 'EU-Unclean-Status' bekommen, also den Status eines Nicht-EU-Flughafens. Durch Kontrollen wird die Qualität deshalb fortlaufend überprüft.“

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