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Für Asylbewerber-Wohnheime sollte eine Brandmeldeanlage mit Alarmübertragung zur Feuerwehr, ein lauter Innenalarm und Rauchmelder in jedem Beherbergungsraum vorgesehen werden.

Absicherung in Flüchtlingsunterkünften

Schwelende Gefahren erkennen

Der nahende Winter wird die Unterbringung von Flüchtlingen noch schwieriger machen. Bei aller lobenswerten Improvisation sollten dabei grundlegende Sicherheitsaspekte nicht außer Acht gelassen werden – sonst kann bereits eine vergessene Zigarette folgenschwer enden.

Yes, we camp – diese Anspielung auf Barack Obamas Slogan wurde ursprünglich nach einer Erdbebenkatastrophe geprägt. Im Herbst 2015 ist sie aber wieder aktuell: Mehr als 40.000 Flüchtlinge leben hierzulande nach wie vor in Zelten – trotz des herannahenden Winters. Inwieweit dies eine Dauerlösung sein soll, darüber gehen die Meinungen offensichtlich auseinander. Während Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz gegenüber „Spiegel Online“ „hoffentlich winterfeste“ Zelte für ausreichend hält, ist diese Art der Unterbringung für das Münchner Sozialreferat ein absolutes „No-Go“, wie ein Sprecher betonte.

Fest steht: Die vielerorts ohnehin ungeordnete Unterbringungssituation der Flüchtlinge dürfte sich bald weiter verschärfen. Getreu dem Wahlspruch der Kanzlerin „Wir schaffen das“ wird also allerorten organisiert – und vor allem improvisiert. Aufgelassene Kasernen werden zu Flüchtlingsheimen, aber auch Schnellbauhütten, Leichtbau- oder sogar Traglufthallen. Den Verantwortlichen scheint jede Lösung recht, Hauptsache ein mehr oder weniger festes Dach über jedem Flüchtlingskopf.

Wo lauert die Gefahr?

Ausgerechnet jetzt nach dem Brandschutz zu rufen, mag so manchem wieder einmal typisch deutsch erscheinen. Betrachtet man aber die Situation in vielen Flüchtlingsheimen, wird schnell klar, wie entscheidend dieses Thema ist. Da stehen Stockbetten auf engstem Raum. Um wenigstens ein wenig Privatsphäre zu schaffen, werden Decken aufgespannt, gespendete Kleidung hängt am Bettpfosten. Strom gibt es nur an wenigen überlasteten Steckdosen.

„Um hier eine lebensbedrohliche Notsituation auszulösen, braucht es keinen Großbrand“, warnt Bernd Volkmann, General Manager Deutschland beim Brandschutz- und Sicherheitsspezialisten Tyco Integrated Fire & Security. „Die meisten Menschen sterben bei einem Brandfall nicht am Feuer selbst, sondern an den giftigen Brandgasen. So entsteht, zum Beispiel wenn PVC brennt, gasförmiges Chlorwasserstoff. Ein vergleichsweise kleines Feuer kann also weitreichende Folgen haben, vor allem nachts, wenn alle schlafen und ein Feuer nicht sofort entdeckt wird.“

Was ist erforderlich und machbar?

Der im wahrsten Sinne des Wortes schwelenden Gefahr ist man sich bei den Brandschutz- Profis längst bewusst. Bereits im Oktober 2014 hat der Arbeitskreis vorbeugender Brand- und Gefahrenschutz im Deutschen Feuerwehr Verband eine Bewertung zur vorübergehenden Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern vorgenommen und entsprechende Empfehlungen gegeben. Für Wohngebäude wurde zum Beispiel eine Maximalbelegung von sechs Personen pro Nutzungseinheit festgelegt. Mindestens neun Quadratmeter sollen jedem Erwachsenen und sechs Quadratmeter jedem Kind zur Verfügung stehen. Zudem wird die Ausstattung mit Rauchmeldern empfohlen und ein Abschluss zum Treppenhaus im Untergeschoss mit einer Brandschutztür der Klasse T30RS.

Für Asylbewerber-Wohnheime fordern die Experten eine Brandmeldeanlage nach DIN 14675, Schutzkategorie 3, mit Alarmübertragung zur Feuerwehr, sowie einen lauten Innenalarm. Außerdem Rauchmelder in jedem Beherbergungsraum. Bei der Unterbringung von Flüchtlingen in Hallen empfiehlt die Feuerwehr neben einer Notbeleuchtung die Anlage von Flucht- und Rettungswegen sowie eines Sammelplatzes und eine spezielle Brandwache. Die Betten müssen nach Brandschutzgesichtspunkten aufgestellt und die Aufsichtspersonen entsprechend eingewiesen werden.

Auch auf der politischen Ebene nimmt man das Thema ernst. So kann in den Empfehlungen zum Umgang mit der brandschutztechnischen Bewertung, herausgegeben Ende März vom Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr in Nordrhein-Westfalen, nachgelesen werden, dass man sich dort nicht allein mit Maximalbelegungen und Brandschutztüren in Wohngebäuden zufrieden geben will. Vielmehr denkt man über eine Nutzungsänderung in ein Wohnheim oder eine soziale Einrichtung nach. In Wohnheimen empfiehlt das Ministerium eine Betrachtung der Situation als Einzelfall, statt pauschal eine Brandmeldeanlage zu installieren, wie es die Feuerwehr empfiehlt. Die Nutzung eines Hotels als Unterkunft, bei der die Feuerwehr die Betriebsstättenverordnung als ausreichend ansieht, bewertet das Ministerium als genehmigungspflichtige Nutzungsänderung zum Sonderbau.

Kühler Kopf trotz heißer Nadel

Trotzdem wird vieles zurzeit mit heißer Nadel gestrickt. Aber es ist wichtig, dass lebensrettende brandschutztechnische Maßnahmen darüber nicht vernachlässigt werden. Brandschutz ist Ländersache, was die Situation noch komplexer macht – die Vorschriftenund Empfehlungslage ist nicht immer eindeutig. Die Vorschriften können zwischen Nord und Süd ebenso variieren wie die Art der Unterbringung. Natürlich ist auch die Bausubstanz ein entscheidender Faktor. Entsprechend der jeweiligen länderspezifischen Vorschriften müssen notwendige ergänzende Brandschutzmaßnahmen in jedem Einzelfall festgelegt werden.

„Mindestens ebenso wichtig wie baurechtliche Aspekte und Haftungsfragen ist jedoch der gesunde Menschenverstand“, empfiehlt Ines Pettigrew, Director Marketing & Business Development bei Tyco Integrated Fire & Security Deutschland. „Eine Begehung mit einem erfahrenen Fachmann bringt meist sehr schnell Klarheit darüber, was in puncto Brandschutz vor Ort erforderlich und machbar ist. Das Problem sollte man aber nicht vor sich herschieben, sondern sofort erfahrene Dienstleister und Technologieanbieter von Sicherheitssystemen einbinden.“

Gefährliche Alarmmüdigkeit

Ein wirksames Brandschutzkonzept beginnt immer bei der Branderkennung. Zuverlässige Detektion ist dabei ebenso wichtig wie die Vermeidung von Fehlalarmen, denn diese führen schnell zu einer gefährlichen Alarmmüdigkeit.

Die installierten Brandmelder sollten daher mit einem Mehrkriterien-Analyseverfahren arbeiten. Moderne Geräte erkennen auch Schwelbrände durch eine Kombination aus hochsensiblen optischen Rauch-Detektoren mit Kohlenmonoxid- und Wärmesensoren. Bei der Auswertung der Signale haben sich digital adressierbare Brandmeldesysteme bewährt, die heute über einen benutzerfreundlichen Farb - Touchscreen verfügen und, zum Beispiel wie bei Tyco, auf das robuste MZX-Ringbusprotokoll setzen. Sie eignen sich für kleinere Anlagen ebenso wie für größere Installationen.

Der richtige Feuerlöscher

Auch wenn ein Entstehungsbrand rechtzeitig erkannt und die Feuerwehr benachrichtigt wird: Die erste Verteidigungslinie bleibt der bewährte Feuerlöscher. Aber auch hier gilt es, auf Qualität zu achten, sonst riskiert man Ausfälle und hohe Folgekosten. Viele preiswerte Geräte sind Dauerdrucklöscher, bei denen sich Löschmittel und Treibgas zusammen in einem Behälter befinden. Das Löschmittel steht also permanent unter Druck. Bereits geringe Undichtigkeiten reichen aus, um das Treibgas unbemerkt entweichen zu lassen. Die Folge: Der Löscher versagt im Ernstfall.

Bei einem Aufladelöscher befinden sich Löschmittel und Treibgas in zwei getrennten Behältern. Erst unmittelbar vor dem Einsatz wird eine Verbindung hergestellt und das Löschmittel unter Druck gesetzt und durchmengt – ein weitaus zuverlässigeres, effektiveres und wartungsfreundlicheres System. „Viele denken erstmal nur an kleine Handfeuerlöscher“, ergänzt Bernd Volkmann, „dabei gibt es auch größere Systeme, zum Beispiel in Form von fahrbaren Löschcontainern, die weitaus mehr Reserven bieten, aber dennoch durch jede Tür passen.“

Die Flüchtlingskrise ist ohne Zweifel eine der größten humanitären Herausforderungen der Nachkriegszeit in Deutschland. Wir müssen ihr begegnen – möglichst unbürokratisch, aber dennoch nicht leichtsinnig. Betreiber, Genehmiger von Gebäuden, Fachplaner und Errichter sind hier gleichermaßen in der Pflicht.

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