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Produkte 7. September 2021

Schutz vor LKW- und Frachtdiebstahl

LKW- und Frachtdiebstähle verursachen jährlich Schäden in Milliardenhöhe. Behörden und Verbände empfehlen dagegen verschiedene Schutzmaßnahmen.

Die Logistikbranche hat jährlich Schäden in Milliardenhöhe durch LKW- und Frachtdiebstahl zu verkraften. Schutzkonzepte sollen Abhilfe schaffen. 
Die Logistikbranche hat jährlich Schäden in Milliardenhöhe durch LKW- und Frachtdiebstahl zu verkraften. Schutzkonzepte sollen Abhilfe schaffen. 

Das Bundeskriminalamt (BKA) hat vor Kurzem das Bundeslagebild KFZ-Kriminalität veröffentlicht, in dem die Schäden durch LKW- und Frachtdiebstahl erfasst werden.

Lagebild listet LKW- und Frachtdiebstahl

Nach dem Bundeslagebild KFZ-Kriminalität 2020 sind in diesem Jahr nur noch 637 LKW dauerhaft abhanden gekommen. Die rückläufige Entwicklung der letzten Jahre hat sich fortgesetzt (seit 2016 um fast 60 %). Das BKA weist darauf hin, dass sich osteuropäische Tätergruppierungen teilweise auf hochpreisige Parallelsysteme (GPS-Einheiten und Displays) aus landwirtschaftlichen Maschinen spezialisiert haben. Entwendung und Transport dieser Fahrzeuge und Fahrzeugweile über die Grenze sind professionell organisiert. Durch eine dreitätige Großaktion an der gesamten polnischen Grenze, über den die Arbeitsgruppe Cargo im LKA Sachsen-Anhalt im Februar 2019 berichtete, wurden grenzüberschreitend aktive polnische Banden erheblich verunsichert. Die Tätigkeit der Projektgruppe auf Autobahnen und Bundesstraßen in diesem Bundesland konnte innerhalb von nur neun Monaten die Fallzahlen des „Planenschlitzens“ um 75 % reduzieren.

Tapa, die internationale Organisation für den Schutz von Transportgütern, hat im April die Statistik über die Frachtdiebstahlskriminalität 2020 im EMEA-Raum bekannt gegeben. Registriert wurden von danach von den 56 EMEA-Staaten 2020 insgesamt 6.463 Frachtdiebstähle, in Deutschland 1.727, coronabedingt 40 % weniger als 2019. Die Diebstähle ereigneten sich zumeist auf nicht klassifizierten Parkplätzen. Die höchsten Verluste wurden durch den Diebstahl von elektronischen Geräten, von Kosmetik- und Hygiene-Artikeln sowie von Pharmazeutika registriert. Ladungsdiebstähle verursachten jährlich etwa 1,5 Mrd. EUR Schaden, schätzte Christian Zahel vom LKA Niedersachsen in einem Interview mit dem Weserkurier im Juli 2019. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) e.V.. Nach seinen Berechnungen, die der Verband 2018 in der Leipziger Internet Zeitung vorstellte, werden jährlich Ladungen von nahezu 26.000 LKW gestohlen und dadurch Schäden in Höhe von 1,3 Mrd. EUR verursacht. Hinzu kommen nach dieser Berechnung noch rund 900 Mio. EUR Kosten für Lieferverzögerungen in Form von Konventionalstrafen, Reparaturen und Produktionsausfälle bei den Abnehmern. Völlig abweichend davon sind die Ergebnisse einer Erhebung durch Tapa 2020. Der Organisation wurden für 666 Frachtdiebstähle – also etwas mehr als einem Drittel der über 1.700 Fälle – ein Gesamtschaden von nur 12 Mio. EUR gemeldet.

Der häufigste Modus Operandi beim Frachtdiebstahl ist das Aufschlitzen der Planen auf dem beladenen LKW oder Anhänger. Die Täter, oft osteuropäische Banden, gehen arbeitsteilig vor. Erst wird der Parkplatz nach Anwesenheit von Polizei überprüft. Dann rücken andere Bandenmitglieder mit einem Transportfahrzeug an, schlitzen die Plane auf, um zu prüfen, ob Waren geladen sind, für die sie Abnehmer finden. Dann wird die Hintertür des LKW aufgebrochen und das Diebesgut umgeladen. In einer einzigen Nacht wurden im November 2018 in einer Autobahn-Rastanlage die Planen von mehr als 100 LKW-Anhängern und Sattelschleppern aufgeschlitzt.

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Diebstahlsschutz für LKW

Die naheliegendste Möglichkeit zum Schutz des Trucks vor Diebstahl besteht darin, ihn nicht auf unbewachten Parkplätzen abzustellen. Der Ausbau von gesicherten LKW-Stellplätzen wird vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) seit 2008 mit mehr als 1,2 Mrd. EUR gefördert. Dazu hat der Bundesverkehrsminister zu Beginn des Jahres 2020 einen 5-Punkte-Plan vorgelegt:

  • Neue LKW-Parkmöglichkeiten auf den Rastanlagen des Bundes schaffen,
  • verstärkter Einsatz telematischer Parkverfahren (digital gesteuertes Kolonnen- und Kompaktparken). Dadurch kann der Parkraum um bis zu 50 % gesteigert werden.
  • Einsatz von Parkleitsystemen. Die Bundesanstalt für Straßenwesen ist beauftragt, ein Konzept für ein solches bundeseinheitliches LKW-Parkleitsystem auf Autobahnen zu erstellen. Dazu sollen alle digital verfügbaren Informationen von Rastanlagen, Autohöfen und anderen Betreibern verwendet werden.
  • Optimierte Nutzung des vorhandenen LKW-Parkraumes,
  • Prüfung neuer Parkraummodelle in Autobahnnähe. Es soll eine Förderrichtlinie für LKW-Stellplätze im Nachbereich von Autobahnen erlassen werden.

Darüber hinaus bezuschusst das Bundesamt für den Güterverkehr (BAG) Parkplatzgebühren auf gesicherten LKW-Parkplätzen, wenn sie eingefriedet sind, die Zufahrt kontrolliert, videoüberwacht und der Parkplatz gleichmäßig ausgeleuchtet ist.

Selbstverständlich sollte beim Verlassen des LKW die Wegfahrsperre aktiviert und die Kraftstoffleitung unterbrochen werden. Besondere Bedeutung kommt einem versteckt angebrachten GPS-Sensor zu. Das System ermittelt die Position des gestohlenen Trucks und übermittelt sie unbemerkt an die zuständige Leitstelle. Auch fahrbare Bau- und Landwirtschaftsmaschinen können so geortet werden.

Schutz der Fracht während des Transports

Beladene LKW sollten auf jeden Fall auf bewachten Parkplätzen geparkt werden. Die Vereinigung deutscher Autohöfe e.V. (Veda) hat für die Sicherheit der Gütertransporte in Deutschland eine Strategie entwickelt: (Zu wenige) Premium-Rastplätze an den Autobahnen bieten erhöhte Sicherheit durch gute Ausleuchtung des gesamten Parkbereichs, ununterbrochene Videoüberwachung, deren Aufzeichnung sieben Tage gespeichert wird, Einzäunung des Parkgeländes mit Zufahrtskontrolle und Dokumentation der Ankunfts- und Abfahrtszeiten. Eine unkonventionelle Sicherungsmethode hat nach einem Bericht in der FAZ m 18. Mai das Unternehmen Truck Norris gegen das „Planenschlitzen entwickelt. Zwei hochempfindliche Richtmikrophone werden rechts und links vom Führerhaus des geparkten LKW installiert. In die Mikrophone integrierte Mikro-Computer empfangen die von den Planenschlitzern verursachten Geräusche. Typische Störgeräusche werden ausgefiltert. Der Mikro-Computer ist mit einer Zentraleinheit im Führerhaus verbunden, die Hupe und Fahrzeugbeleuchtung aktiviert.

Schutz vor Diebstahl in Logistikzentren

Das Logistikzentrum, in dem die LKWs beladen und entladen werden, bedarf einer Reihe von Schutzmaßnahmen organisatorischer und technischer Art, die alle ineinandergreifen müssen, um eine optimales Sicherheitssystem zu bilden. Der Be- und Entladungsbereich und die Lagerräume dürfen nur für Berechtigte zugänglich sein. Kern der Sicherheitsvorkehrungen ist eine ausnahmslose, intelligente Zutritts- und Zufahrtskontrolle sowie Ausgangs- und Ausfahrtskontrolle. Das digitale Kontrollsystem sollte in einer Datenbank alle zugangsberechtigten Personen des eigenen Unternehmens und der Lieferanten sowie die zum Unternehmen gehörenden Fahrzeuge und der am Güterverkehr teilnehmenden Lieferanten, Speditionen und Warenadressaten enthalten. Das Werksgelände einschließlich der Be- und Entladezonen und Lagerräumen muss videoüberwacht werden. Zum Leistungsspektrum der Videoüberwachung mit hoher Auflösung und Infrarotbeleuchtung gehören die Kennzeichenerkennung und die Alarmierung bei vordefinierten Manipulationen. Selbstanmeldung der einfahrenden Fahrzeuge ist ebenso Bestandteil des Kontrollsystems wie die Dokumentation des gesamten Lieferverkehrs. Ein intelligentes Zufahrtskonzept ermöglicht mittels RFID-Technologie und GPS-Ortung das Tracking auf dem Transportweg zum Logistikzentrum. Das Bündel der Sicherheitsmaßnahmen für das Logistikzentrum umfasst ferner einen wirksamen mechanischen und elektronischen Perimeterschutz, eine ausreichende Beleuchtung des gesamten Verkehrsbereichs und für die Warenlager Einbruchmeldeanlagen sowie ein umfassendes Brandschutzsystem mit Rauch- und Wärmeabzugsanlagen, Brandmeldeanlagen mit Mehrfachsensoren und Thermalkameras sowie eine auf die Raumgröße und die Art der gelagerten Waren abgestellte Löschtechnik.

Problematik in der Politik angekommen
Wie auf der Hamburger Tagung „Bekämpfung des Ladungsdiebstahls auf der Straße“ von ASW Norddeutschland und Logistik-Initiative Hamburg angekündigt, hat die Verkehrsministerkonferenz im Oktober 2018 in Hamburg einen wichtigen Beschluss in Sachen Ladungsdiebstahl im Straßengüterverkehr gefasst.

Der BHE hat 2019 einen Leitfaden „mehr Sicherheit für Logistikunternehmen“ herausgegeben. Ein von dem Hersteller Geutebrück entwickelte Vehicle Access Manger umfasst Video-Analysetools, die den einfahrenden Fahrzeugen mit der automatischen Kennzeichenerfassung eine maximale Aufenthaltszeit zuweisen und bei Überschreitung dieser Zeit Alarm auslösen. Für den Lagerbereich muss ein effizientes Schlüsselmanagement eingerichtet werden. Dazu gehört ein elektronischer Schlüsselschrank. Die Zuverlässigkeit aller am Warenverkehr beteiligten Personen muss überprüft werden, denn 70 % der Angriffe auf die Lieferkette sind auf Insiderwissen zurückzuführen. Für eine Komplizenschaft werden Fahrern von Kriminellen oft hohe Geldbeträge angeboten. Wichtig ist, dass alle Sicherheitsvorkehrungen in dem digitalen Sicherheitssystem miteinander verknüpft sind und der Sicherheitsverantwortliche stets einen vollen Überblick über den Logistikbereich und die Einhaltung der vielfältigen Sicherheitsvorschriften hat.

Reinhard Rupprecht, MinDir a.D.

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