Risikomanager müssen den Faktor Klima künftig stärker beachten. Denn Großschadensereignisse wie Naturkatastrophen haben in den letzten Jahren weltweit deutlich zugenommen, auch in Deutschland. Anhaltende Dürreperioden, Starkregen und Hochwasser stellen die Menschen, Politiker und Unternehmen vor große Herausforderungen, denn die Häufigkeit solcher Ereignisse wird wegen des stattfindenden Klimawandels potenziell eher zunehmen.
Modelle zur Risikobewertung beziehen Faktor Klima ein
Ein großes Problem, was der Klimawandel und seine Folgen mit sich bringen, besteht für die Menschen, Unternehmen und Versicherer in der Unsicherheit, wann und wo kritische Ereignisse stattfinden könnten. Normalerweise stützen sich Modelle zur Risikobewertung seitens der Unternehmen oder Versicherer auf Daten und statistische Eintrittswahrscheinlichkeiten für bestimmte Szenarien, die sich bis zu einem gewissen Grad vorhersehen lassen. Dies gilt etwa für Risiken in Hochwasserzonen oder von Erdbeben gefährdete Regionen.
Doch der Klimawandel führt verstärkt zu Wetterereignissen, die sich nur schwer prognostizieren und damit hinsichtlich ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkungen auf Unternehmensprozesse nur unscharf erfassen lassen. Ein Beispiel hierfür sind Starkregenereignisse, die in den letzten Jahren vermehrt und größtenteils lokal begrenzt auftreten. Diese sind aufgrund verschiedener meteorologischer Faktoren für ein einzelnes Gebiet nur schwer und wenn mitunter sehr kurzer Vorwarnzeit vorherzusagen. Das bedeutet für eine Risikoanalyse, dass die „klassischen“ Kriterien wie Eintrittswahrscheinlichkeit kaum noch quantifizierbar sind. Das Gleiche gilt für Wetterphänomene wie Stürme oder Tornados.
Auch Ereignisse wie längere Dürreperioden sind wegen der Vielzahl an klimatischen und meteorologischen Faktoren schwieriger zu prognostizieren. Hiervon betroffen sind viele Sektoren, von der Bauwirtschaft über die Energieversorger bis hin zu Transport und Verkehr. Und ausgerechnet im Zuge des Ausbaus regenerativer Energien, der den Klimawandel eindämmen und das Risiko von Extremwetterereignissen reduzieren soll, tauchen Probleme auf. Photovoltaikanlagen etwa unterliegen verschiedenen klimatischen Einflüssen und sind allen Wetterereignissen ausgesetzt, die den Ertrag der Anlagen beeinträchtigen können. Photovoltaik-Anlagen können durch Hagel zerstört werden, was dann zwangsläufig mindestens zu lokalen zu Versorgungsschwankungen im Netz führen kann.
Risikomanagement muss auf Konsequenzen hinweisen
Für Unternehmen bedeuten diese Entwicklungen große Herausforderungen, wenn es um das Business Continuity Management (BCM) als Ganzes und die Business Impact Analyse (BIA) im Besonderen geht. Im Rahmen einer Risikomatrix zu in der BIA identifizierten Szenarien ist die Eintrittswahrscheinlichkeit ein wichtiger Faktor. Für unkalkulierbare Ereignisse wie Starkregen, die lokal und regional unabhängig quasi überall auftreten können, müssten Unternehmen streng genommen von einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit ausgehen und ihre Prozesse danach bewerten. Eine Maßnahme könnte etwas sein, Standorte und Prozesse nach Möglichkeit stärker zu dezentralisieren, um lokale Ereignisse besser abzufangen und Redundanzen zu schaffen. Allerdings sind solche Maßnahmen häufig mit einem hohen logistischen und finanziellen Aufwand verbunden. In der Bewertung von Extremereignissen könnte es daher künftig eher geboten scheinen, von einem möglichen Totalverlust auszugehen, um die eigenen Prozesse entsprechend abzusichern. Unternehmen müssen künftig lernen, solche unkalkulierbaren Faktoren dennoch in ihre Risikomatrix und ihr BCM einzubeziehen, auch wenn solche Szenarien auf den ersten Blick unwahrscheinlich erscheinen. Doch die Zunahme weltweiter Wetterextreme zeigt, dass insgesamt das Risiko eines Totalverlusts im Schadensfall keines ist, das man vernachlässigen kann. Hier sind die Sicherheitsbeauftragten gefragt, solche Risiken mitzudenken und Entscheidungsträger nachdrücklich auf die möglichen Konsequenzen hinzuweisen.