„Service-Champions“ im Mittelstand haben sich in allen Prozessen der Kundenzentrierung verschrieben, was für hohe und krisenfeste Umsatzanteile sorgt. 
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„Service-Champions“ im Mittelstand haben sich in allen Prozessen der Kundenzentrierung verschrieben, was für hohe und krisenfeste Umsatzanteile sorgt. 

Märkte

Kundenzentrierung im Mittelstand für hohen Umsatzanteil

Dr. Peter Fey und Tan Kalaycioglu von W&P über kundenzentriertes Handeln, das dem Mittelstand zu einem hohen und krisenfesten Umsatzanteil verhilft.

Eine Service-Studie von Dr. Wieselhuber & Partner (W&P) bestätigt: „Service-Champions“ im Mittelstand erreichen einen hohen und relativ krisenfesten Umsatz- und Ertragsanteil durch ihre Kundenzentrierung. Das ist gerade in unsicheren Zeiten, wie wir sie heute erleben, ein nicht zu vernachlässigender Vorteil – auch für Anbieter sicherheitstechnischer Lösungen. Was unterscheidet jedoch die Unternehmen, die Service eher reaktiv betreiben, von den Champions, die den Service als einen zentralen Kundenbindungs- und Ertragsmotor erkannt haben? Das zentrale Merkmal erfolgreicher Servicegeschäfte ist ihre Versessenheit auf kundenzentriertes Handeln über alle organisatorischen Ebenen und Funktionen hinweg.

Kundenzentrierung in allen Prozessen beim Mittelstand

Service Champions haben ihre gesamte Unternehmens-DNA durch eine konsequente Kundenzentrierung in allen Schlüsselelementen zielorientiert transformiert. Um dies zu erreichen, werden die folgenden fünf Ebenen von Best-Practice-Unternehmen aktiv gestaltet:

  1. Service Strategie & Customer Journey – „Wie interagiere ich kundenorientiert, relevant und konsistent auf strategischer und operativer Ebene?“Top-Service-Unternehmen ermöglichen ihren Kunden eine detaillierte und gleichzeitig nutzenrelevante Transparenz der Service-Interaktion in Echtzeit. Sie nutzen dabei gemeinsam mit ihren Kunden virtuelle kundenspezifische Service-Räume („Service-Experience-Räume“). Diese werden sowohl für das strategische Management des Service-Geschäftes (zum Beispiel das grundsätzliche Management der installierten Basis, die Ausgestaltung der Service-Verträge und das allgemeine Preismodell), als auch für das transparente operative Management einzelner Service-Aufträge (zum Beispiel Informationen über den Service-Fortschritt, Tracking und Tracing) genutzt. Die gängigen digitalen Kommunikationskanäle (Web, Video, Chat, App) sind in diesen Räumen integriert. Digitale Tools wie RPA (Robotic Process Automation), mit denen beispielsweise Service-Bots programmiert werden können, KI und Data Analytics dienen dazu, um dem Kunden maßgeschneiderte und für sein Anliegen relevante Information, Erkenntnisse sowie Empfehlungen zur Verfügung zu stellen und ein Überfluten mit den gerade in der Sicherheitstechnik täglich beziehungsweise stündlich gewonnen digitalen Informationen und Reports zu vermeiden. So lassen sich zum Beispiel ohne eine performante KI-Unterstützung die servicerelevanten Informationen nicht immer trennscharf von der kontinuierlichen Datenflut der verschiedensten sicherheitstechnischen Sensoren herauslösen. Die Frage „Was sind Standardinformationen und wo könnte sich ein Servicefall anbahnen?“ kann insbesondere in größeren Anlagen zu einer Herausforderung werden, die es mit leistungsfähigen Tools zu managen gilt.
  2. Service-Portfolio – „Welches Leistungsportfolio hilft meinen Kunden, deren Geschäftsziele und Resultate optimal zu erreichen?“Servicemarktführer bieten Lösungen aus einer Hand mit einem breiten modularen Portfolio von Dienstleistungsprodukten und Service-Verträgen an. Sie reichen von einfachen Wartungs- und Instandhaltungsbausteinen bis hin zu prädiktiver Wartung und Empfehlungen zur Optimierung der sicherheitstechnischen Anlagen. Die Leistungen der Service-Champions beinhalten häufig auch Total Care-Verträge mit nutzenbezogenen digitalen Mehrwertdiensten. Gerade in der serviceorientierten Sicherheitstechnik sind die Top-Unternehmen mehr noch als in anderen Branchen in der Lage, umfassende Lifecycle-Services, Verfügbarkeitsverträge bis hin zu Pay-Per-Use-Modelle profitabel anzubieten und damit die installierte Produktbasis ihrer Kunden über den gesamten Lebenszyklus hin optimal zu betreuen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Transformation vom Produkt - über den klassischen Dienstleistungs- zum umfänglichen Lösungsanbieter (Solution Provider), der sich im dauerhaften, engen Kontakt mit seinen Kunden befindet. Wurden von der Branche früher die Anlagen konzipiert, montiert und im Bedarfsfall sporadisch repariert und auch routinemäßig gewartet, geht der Weg heute in Richtung zum Beispiel Cloud-basierter Security-as-a-Service-Modelle. SaaS-Lösungen sind damit das Paradebeispiel für einen umfassenden Lifecycle-Service in der Sicherheitstechnik.
  3. Operative Exzellenz - „Wie vermarkte und erbringe ich einen effizienten, performanten und skalierbaren Service?“Bei Vermarktung und Vertrieb wenden Marktführer einen beratenden Verkaufsansatz an („Consultative Solution Selling“) und integrieren ihre Servicebereitstellung direkt in den Betrieb ihrer Kunden (siehe SaaS). Die Vertriebsorganisation entwickelt sich weg vom Produktvertrieb hin zum eigenständigen beratenden Service-Vertrieb. Am deutlichsten wird dies, wenn es den Unternehmen gelingt, statt der häufig preissensiblen Produktargumentation (Wieviel darf eine Kamera, ein Lesegerät kosten?) den Nutzen der installierten Software in den Mittelpunkt der Argumentation während des Verkaufsgesprächs zu stellen. Diese Sicht zieht vor allem dann, wenn die Software neben ihrer Kernfunktionalität, der sicherheitstechnischen Aufgabe, noch weiter Funktionalitäten beinhaltet, die zum Beispiel die Produktivität der Abläufe beim Kunden steigern können. Bei Vermarktung und Vertrieb wenden Marktführer einen beratenden Verkaufsansatz an („Consultative Solution Selling“) und integrieren ihre Servicebereitstellung direkt in den Betrieb ihrer Kunden (siehe SaaS). Die Vertriebsorganisation entwickelt sich weg vom Produktvertrieb hin zum eigenständigen beratenden Service-Vertrieb. Am deutlichsten wird dies, wenn es den Unternehmen gelingt, statt der häufig preissensiblen Produktargumentation (Wieviel darf eine Kamera, ein Lesegerät kosten?) den Nutzen der installierten Software in den Mittelpunkt der Argumentation während des Verkaufsgesprächs zu stellen. Diese Sicht zieht vor allem dann, wenn die Software neben ihrer Kernfunktionalität, der sicherheitstechnischen Aufgabe, noch weiter Funktionalitäten beinhaltet, die zum Beispiel die Produktivität der Abläufe beim Kunden steigern können. Bei dieser Art des Verkaufens kann sich die Branche ein Beispiel an den etablierten IT-Unternehmen nehmen: Natürlich benötigen diese Unternehmen auch eine Hardware-Basis, um ihre Services anzubieten, aber im Kern ihrer Verkaufspraktiken steht die Dienstleistung gekoppelt mit diversen Software-Paketen. Damit rückt die preisfixierte Argumentation mit der Hardware zwangsläufig in den Hintergrund. Der Vertrieb sollte daher in der Lage sein, digitale Services und die damit verbundenen Software-Lösungen beziehungsweise Lizenzen zu vermarkten und die entsprechende Software-Distributions-Kette für Software-Updates und -Upgrades effektiv zu managen. Interessant wird das für die Unternehmen dann, wenn es ihnen gelingt, preislich attraktive Subscriptions-Modelle als Ertrags-Booster bei den Kunden zu platzieren, wie dies in der IT-Branche ebenfalls Standard ist. Zu den eher klassischen Leistungen in der Sicherheitstechnik zählen die bereits von vielen der Top-Unternehmen mit einer hohen Kundenorientierung erbrachten 24x7-Services gekoppelt an schnelle Reaktionszeiten. Voraussetzung für eine entsprechend effiziente Leistung ist jedoch eine hohe Standardisierung der Prozesse im Fieldservice sowie der technischen Support-Prozesse, um hierüber eine skalierbare Leistungserstellung sicherzustellen.
  4. Digitalisierung & Transparenz - „Welche Werkzeuge optimieren die Leistungserbringung und generieren neue Leistungsmodelle?“In der digitalen Kundeninteraktion nutzen Best-Practice-Unternehmen eine „Service-Cloud“ mit einer Vielzahl an KI-unterstützten digitalen Werkzeugen (siehe auch weiter oben). Diese reichen von KI-basierten Fehlerbäumen und Lösungsvorschlägen bis hin zu einem transparenten und prädiktiven Lifecycle-Management, welches Asset Management-Lösungen mit relevanten Service Data Analytics kombiniert. Im Fieldservice werden über APIs (Application Programming Interface) angebundene spezialisierte Service-Lösungen und eine smarte Feldtechnikeranbindung genutzt, wobei Feldtechniker durch digitalisierte interaktive Bereitstellung von Prozesswissen durch Spezialisten in zentralen Büros unterstützt werden. So wird es zum Beispiel immer gebräuchlicher, statt investitionsintensive VR-Brillen sehr viel niederschwellige Geräte, wie zum Beispiel Smart Phones und Tablets als interaktives Tool zur Unterstützung der Servicetechniker vor Ort einzusetzen. Die hierbei eingesetzten Software-Tools gestatten es, dem Feldtechniker konkrete Anweisungen, wie beispielsweise Zeichnungen auf dem Display des Feldtechniker, welche ihm spezifische Hilfestellungen remote geben, zu platzieren. Hierdurch können gerade in Zeiten chronischer Personalknappheit auch nicht so versierte Feldtechniker ohne Einbußen an der Qualität hinnehmen zu müssen, eingesetzt werden. Einige Branchenführer vermarkten darüber hinaus auch proaktiv digitale Retrofitting-Angebote für die installierte Produktbasis, um den Rollout neuer digitaler Service-Plattformen Hand-in-Hand zu forcieren. Auf diesen Plattformen können die Kunden komfortabel alles aus einer Hand beziehen: Von neuen digitalen Services (zum Beispiel E-Tutorials, Zustandsmonitoring bei digitalen Twins oder spezifisch KI-Analysen) bis zu klassischen Services in höherwertiger selbstadministrierter Form (zum Beispiel automatische Ersatzteil-Identifikation mit Sofortbestellung). Ein weiteres Beispiel, dass die heutigen Möglichkeiten insbesondere bei wartungskritischen Anlagen aufzeigt, ist der Einsatz von RFID-Technologien: Mit Hilfe dieser lassen sich kritische Komponenten einer Anlage markieren und in Kombination mit einer Cloud-Lösung alle relevanten Produkt- und Servicedaten dezentral für die Servicetechniker bereitstellen, wobei die Datenhaltung zentral und vor allen Dingen hoch konsistent erfolgt. Gleichzeitig kann mit Hilfe derartiger Tools die Wartungshistorie lückenlos hinterlegt werden, um damit papierlos und zeitnah der bei wartungskritischen Produkten, zum Beispiel in Anlagen der Kritischen Infrastruktur, der erforderlichen Dokumentationspflicht nachzukommen.
  5. Organisation & Kultur - „Wie entwickle ich eine Service-Kultur mit starker Kundenzentrierung, einem Service-Wertesystem und entsprechend wertgetriebenem Handeln?“Bei allen Service-Champions stellt der Service einen eigenständigen Geschäftsbereich mit eigenen Querschnittsfunktionen dar, der direkt an die Geschäftsführung berichtet. Eine Kultur der Kundenzentrierung im Service wird nachhaltig durch das Vorleben dieser Werte durch das Top Management, einer transparenten und stringenten Unternehmenskommunikation sowie dem Fördern und Fordern durch angemessene Mitarbeiter-Incentives basierend auf Kundenzufriedenheit und Profitabilität. Ein hohes Kundenvertrauen und eine ausgeprägte Kundenbindung entwickelten sich folgerichtig über Jahre, wenn die Kunden eine offene Service-Kultur erleben, welche die entscheidenden Momente des Kundennutzens transparent und professionell vorbereitet managt. Diese reichen von vom Erstkontakt, der Kaufentscheidung über situationsspezifische Problemlösungen bis hin zum Wiederkauf. In diesem Zusammenhang wird auch vom Service als „… in between Sales“ gesprochen. Zugegebener Maßen ist nicht jeder Servicetechniker ist auch gleichzeitig ein guter Verkäufer, daher etablieren die Top-Servicedienstleister in der Regel einen vom Produktverkauf unabhängigen eigenständigen Servicevertrieb. Natürlich ist es nicht das Ziel, diesen bei dem Kunden in Konkurrenz zum klassischen Vertrieb zu positionieren. Vielmehr soll über ihn versucht werden, die noch nicht erschlossene „Installed Base“ und in besonders weit gedachten Fällen auch Fremdanlagen servicetechnisch zu erschließen.Gerade in der Sicherheitstechnik ist besonders bei kritischen Servicefällen wie zum Beispiel dem Totalausfall eines Sicherheitssystems, eine proaktive professionelle Kommunikation zum Kunden in Kombination mit vollkommener Transparenz über den Fortschritt der Problemlösung von äußerster Wichtigkeit. Eine derartige professionelle Service-Kultur ermöglicht auch unter schwierigsten Umständen, das heißt im Schadensfall, hervorragende Chancen für den Aufbau einer starken Kundenbindung. Der manchmal erforderliche kulturelle Schwenk ist dabei mit Sicherheit eine der anspruchsvollsten Aufgaben auf dem Weg zum Top-Serviceanbieter.

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Fazit: Kundenzentriertes Handeln ist kein philosophischer Denkansatz, sondern kann und muss messbar, quantitativ und auf allen Ebenen des Service-Geschäftes professionell in den dafür bereitgestellten Prozessen und Systemen umgesetzt werden. Gerade im Mittelstand herrscht in diesem Bezug in vielfältiger Weise noch Nachholbedarf: Aber es lohnt sich, sich dieser Aufgabe zu stellen. Denn die Transformation der gesamten Unternehmens-DNA hin zu einem kundenzentrierten Service-Champion sichert gerade in den aktuellen Krisenzeiten einen hohen und krisenfesten Umsatzanteil mit sehr attraktiven Margen.

Dr. Peter Fey, Mitglied der Geschäftsleitung und Branchenexperte für die Sicherheitstechnik, sowie Tan Kalaycioglu, Senior Manager und Service-Experte, beide Dr. Wieselhuber & Partner

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