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Komplexes Zusammenspiel

Ein abgestimmtes Brandschutzkonzept ist gerade in Krankenhäusern von höchster Bedeutung. Nicht selten allerdings gibt es Probleme mit mangelhaft ausgeführten Installationen, die im Brandfall zur ernsthaften Gefahr für die Belegschaft und Patienten werden können. Pflegeeinrichtungen müssen deshalb für einen ordnungsgemäß ausgeführten Brandschutz Sorge tragen.

Offene Gänge und eindeutig gekennzeichnete Fluchtwege erleichtern die Orientierung.
Offene Gänge und eindeutig gekennzeichnete Fluchtwege erleichtern die Orientierung.

In Deutschland gibt es etwa 2.000 Krankenhäuser mit zusammen mehr als 500.000 Betten. Die Bandbreite reicht von Allgemein- und Tageskliniken über Belegkrankenhäuser bis hin zu Universitätskliniken mit Maximal-versorgung. Alle diese Einrichtungen weisen unterschiedliche Baustile und Funktionen auf, da nicht jedes Krankenhaus alle Leistungen anbietet.

Individuelle Konzepte

Besonders anspruchsvoll in der brandschutztechnischen Planung sind komplexe, aus mehreren Gebäuden bestehende Einrichtungen, die eine Maximalversorgung anbieten. Dabei greift ein Brandschutzkonzept gerade bei größeren Kliniken selten für die komplette Anlage. Vielmehr werden individuelle Brandschutzvorkehrungen für einzelne Neubauten und Sanierungsprojekte erarbeitet. Hierbei werden unterschiedliche Funktionen innerhalb einer Klinik berücksichtigt: Ein Operationssaal etwa stellt andere Anforderungen an den Brandschutz als das Patientenzimmer, und Küche, Wäscherei, Verwaltung und Labore haben ebenfalls ein eigenes Brandschutzprofil.

Wie andernorts auch, gliedert sich der Brandschutz im Krankenhaus in einen vorbeugenden und abwehrenden Brandschutz. Bei der Planung des Brandschutzkonzepts gibt es letztlich keine allgemeinen Lösungen, denn beinahe jede Klinik weist bauliche Besonderheiten auf, die im Detail berücksichtigt werden müssen. Dabei spielen Größe, Architektur und medizinische Schwerpunkte der jeweiligen Klinik eine wichtige Rolle. Daher muss jedes Brandschutzkonzept an die individuell zu ermittelnden Risiken, die sich einerseits durch unterschiedliche betriebliche Nutzungen und andererseits durch bauliche Besonderheiten der Gebäude ergeben, angepasst werden.

Beispiel Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim

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Die Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim GmbH sind einer der führenden Anbieter in der Gesundheitsversorgung der Region Stuttgart. Mit 1.528 Betten und rund 4.400 Mitarbeitern bilden die Kliniken die größte Einheit innerhalb der Regionalen Kliniken Holding RKH GmbH mit insgesamt 2.600 Planbetten und etwa 7.800 Mitarbeitern an neun Standorten in den Landkreisen Karlsruhe, Enzkreis und Ludwigsburg.

Das Klinikum Ludwigsburg besteht aus einem Zentralgebäude mit zwei Bettenhochhäusern über einem flächigen Untersuchungs- und Behandlungsbau aus den 1970er Jahren sowie Erweiterungsbauten aus den folgenden Jahrzehnten. Im Zuge von notwendig gewordenen Maßnahmen zur Anpassung der Gebäude an heutige Anforderungen beauftragten die Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim GmbH die HWP Planungsgesellschaft mbH mit Sanierung, Umbau und Erweiterung der bestehenden zentralen Operationsabteilung. Planerisch lag von Anfang an ein besonderes Augenmerk auf der nahtlosen und hindernisfreien Integration aller notwendigen Brandschutzmaßnahmen in das Gesamtkonzept.

Ganzheitliches Brandschutzkonzept

Bauherr, Nutzer und Planer standen vor der Herausforderung, mit der Modernisierung der zentralen OP-Abteilung am Klinikum Ludwigsburg einen Bestandsbau mit etwa 40 auf 75 Metern Grundfläche in eine moderne, zukunftsweisende medizinische Arbeitswelt zu verwandeln. Bewältigt wurde diese Herausforderung, indem alle neu herzustellenden baulichen brandschutztechnischen Abtrennungen und Abschnittsbildungen zusammen mit allen erstmals herzustellenden Sichtbezügen nach außen konsequent in Gebäudequerrichtung ausgeführt wurden. Der Belastbarkeit der Bausubstanz wie der hohen Installations- und Nutzungsdichte der Abteilung wurde dabei durch die Vermeidung von maximalen Abmessungen bei der Festlegung der brandschutztechnischen Abschnitte Rechnung getragen.

„Die maßgebende Ausgangssituation für die brandschutztechnische Planung ist der fix definierte Bestand in Kombination mit den medizinischen Anforderungen, etwa der hochspezialisierten Nutzung der Operationsbereiche oder generellen Anforderungen an den Arbeitsablauf auf Pflegestationen“, so Benjamin Ebbecke, Dipl.-Ing. Architekt, Prokurist und Partner bei der HWP Planungsgesellschaft mbH. Durch schutzzielorientierte Planung im Hinblick auf diese Belange konnte der Brandschutz sichergestellt werden, ohne in den Vordergrund zu treten und die alltägliche Nutzung zu beeinflussen. Beispielsweise wird der wichtige Außenraumbezug bewusst nicht durch Brandabschnittstrennungen gestört. „Im Vergleich hierzu hätte das Umsetzen der Anforderungen gemäß Brandenburgischer Krankenhaus- und Pflegeheim-Bauverordnung (2006), die stark auf die bauliche Trennung einzelner Räume setzt, zu einer stärkeren Zergliederung geführt“, erläutert Ebbecke.

Ganzheitlicher Ansatz

Der Weg, der am Klinikum Ludwigsburg gewählt wurde, folgte eher den, hinsichtlich des Einbeziehens moderner, ganzheitlicher Ansätze des Gesundheitswesens, fortschrittlicheren Hinweisen des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg über den baulichen Brandschutz in Krankenhäusern und baulichen Anlagen entsprechender Zweckbestimmung (2007). Grundlegende Konzepte wie Rauchabschnitte, Pflege-/Großraumbereiche und Brandschutzbereiche sind hier sinnvoll in eine Vorlage für Krankenhausbauten integriert, die sowohl auf Neu- als auch auf Bestandsbauten angewendet werden kann.

„In Bereichen mit hoher Brandbelastung und zum Personenschutz wurden stationäre Wassernebel-Löschanlagen installiert, beispielsweise in den Technikräumen und Archiven“, erläutert Konstantinos Aminidis, Beauftragter für Arbeitssicherheit und Brandschutz in den Kliniken des Landkreises Ludwigsburg. Die Feuerlöschanlagen mit offenen Düsen erzeugen Sprühnebel und verwenden ausschließlich das Löschmittel Wasser. Die Auslösung erfolgt manuell oder automatisch. Die OPBereiche und diejenigen technischen Einrichtungen, die eine frühe Branderkennung erfordern, werden mittels Rauchansaugsystemen (RAS) überwacht.

Auf alles vorbereitet

Da ein Brand unmittelbar ernsthafte Auswirkungen auf den laufenden Klinikbetrieb haben kann, muss ein Krankenhaus sich mittels einer Notfallplanung vorbereiten, im Ereignisfall sofort den Betrieb völlig umstellen zu können. Neben der Brandbekämpfung gehört dazu vor allem die Räumung gefährdeter Bereiche, bis hin zur Evakuierung der Patienten samt Transport und weiterer Unterbringung in einem intakten Bereich mit gleichwertiger Versorgungsmöglichkeit.

Gemäß Kap. III.5.2 (Hinweise des Wirtschaftsministeriums über den baulichen Brandschutz in Krankenhäusern) wurden geeignete Alarmierungsanlagen installiert, durch die das Personal alarmiert wird. Alarmierungs- und Evakuierungspläne wurden für alle Bereiche erstellt. Bei der Erstellung eines solchen Plans sind die Voraussetzungen zu prüfen: Sind die Pflegebereiche in Brandabschnitte unterteilt, und ist jeder Brandabschnitt mit einem anderen Brandabschnitt und einem Treppenraum unmittelbar verbunden? Ist sichergestellt, dass die Patienten in benachbarten Brandabschnitten vorübergehend aufgenommen werden können? Gerade intensivmedizinisch betreute Personen bedürfen hier der besonderen Beachtung, vor allem, wenn keine hauseigene Werkfeuerwehr zur Verfügung steht.

Daher sollte auch der organisatorische Brandschutz bei der Konzeption eine wichtige Rolle spielen. Hier sind alle Maßnahmen integriert, mit denen das richtige Verhalten im Brandfall unterstützt und erleichtert wird. Dies umfasst etwa Übungen sowie die Ausbildung und Schulung des Personals – die Mitarbeiter in Ludwigsburg werden vor Ort jährlich gezielt geschult –, die korrekte Beschilderung und Ausstattung des Gebäudes mit Löschmitteln für unterwiesene Mitarbeiter sowie das Überprüfen des Einhaltens der Brandschutzregeln. Gerade Übungen sind wichtige Elemente des Brandschutzes, wie auch die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) verpflichtend vorsieht. Der vorbeugende Brandschutz im Krankenhaus ist im Alltag daher vor allem eine organisatorische Herausforderung.

Bei einer realen Evakuierung greift dann der Evakuierungsplan, der allerdings kein „Drehbuch“ ist. Er regelt checklistenartig die Strukturen und Aufgaben und steht der für die Gefahrenabwehr zuständigen Behörde und der Krankenhauseinsatzleitung als Führungsmittel zur Verfügung.

Brandschutz muss gelebt werden

Ein abgestimmter baulicher wie technischer Brandschutz sind Grundvoraussetzung für die Sicherheit von Patienten und Angestellten in klinischen Einrichtungen. Gleichzeitig ist es gerade bei solchen komplexen Organisationsformen wichtig, dass die Belegschaft jederzeit weiß, was präventiv und schlimmstenfalls im Ereignisfall zu tun ist. Gerade beim Brandschutz können Nachlässigkeiten wie festgekeilte Brandschutztüren, im Rettungsweg abgestellte Gegenstände und unerlaubtes Rauchen durch Patienten und Besucher erheblich zur Gefährdung beitragen. Deswegen ist die regelmäßige, gründliche Unterweisung des Personals sowie die Einhaltung aller relevanten Bestimmungen in einem Betrieb, in dem Personen von der Hilfe Dritter abhängig sind, unerlässlich.

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