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Bargeldobergrenze zur Bekämpfung der Geldwäsche?

Manche Experten halten eine Bargeldobergrenze von 10.000 EUR zur Bekämpfung der Geldwäsche für unverhältnismäßig.

Die EU führt eine Bargeldobergrenze ein, um die Geldwäsche zu bekämpfen.
Die EU führt eine Bargeldobergrenze ein, um die Geldwäsche zu bekämpfen.

Im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung hat die EU-Kommission am 20. Juli 2021 ein umfangreiches Regelwerk zur Neuregulierung der Geldwäscheprävention in der Europäischen Union mit einer Bargeldobergrenze vorgelegt: Wesentliche Neuregelungsaspekte sind die Schaffung einer neuen europäischen Behörde für die Geldwäschebekämpfung (Amla) ab 2024, welche die nationalen Aufsichtsbehörden koordinieren und kontrollieren soll, sowie die Einführung einer europäischen Bargeldtransaktionsobergrenze in Höhe von 10.000 EUR.

Initiative zur Bekämpfung der Geldwäsche begrüßenswert

Weshalb die europäische Initiative grundsätzlich begrüßenswert ist, die Einführung einer Bargeldobergrenze jedoch nicht der richtige Ansatz zur Bekämpfung von Geldwäsche ist, erklärt die Expertin für Geldwäscheprävention, Christina Reinhardt, Juristin, Gründerin und Geschäftsführerin von Pequris, einem Unternehmen, das sich auf Geldwäscheprävention spezialisiert hat.

Zunächst empfehle es sich, sich dem Thema aus grundsätzlicher Sicht zu nähern, so Reinhardt. Eine gesetzliche Limitierung von Bargeldzahlungen greife in die Freiheiten und Rechte der Bürger ein und bedürfe daher einer besonders genauen Prüfung im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme. Aus geldwäschepräventiver Sicht lässt sich die vorgesehene Limitierung von Bargeldzahlungen nicht im erforderlichen Maße rechtfertigen.

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Die Bargeldobergrenze setze in bargeldintensiven Sektoren sogar konkrete Anreize, diese Schwelle gezielt zu unterlaufen. Dies erfolge entweder durch die bewusste Stückelung der Bargeldzahlungen unterhalb des Limits („structuring”) oder durch den Einsatz von mehreren Strohmännern („smurfing”).”

Geldwäsche betreffe in der heutigen Zeit nicht mehr vorwiegend Barzahlungen, so Reinhardt weiter. Gerade wenn es um größere Summen gehe, sei Bargeld nicht unbedingt das Mittel der Wahl für Geldwäscher. Ein Großteil der Geldwäscheaktivitäten erfolgt unbar - beispielsweise unter Zuhilfenahme von Strohmännern, ausländischen Briefkastenfirmen in Steueroasen mit unzureichender Finanzaufsicht oder komplexen Firmenkonstruktionen und -verflechtungen, hinter denen sich nicht selten zwielichtige Investoren verbergen. Eine Überprüfung der Eigentumsverhältnisse oder der Mittelherkunft ist hier kaum noch möglich.

Bargeldobergrenze als schwaches Argument

So zeigen beispielsweise der Wirecard- oder Danske-Bank-Skandal, wie schwer solchen internationalen Verflechtungen, die mit krimineller Absicht aufgesetzt werden, beizukommen ist. Die Verhinderung von Geldwäsche als Rechtfertigung für die Einführung von Bargeldobergrenzen heranzuziehen, beurteilt Reinhardt aus geldwäschepräventiver Sicht als eher schwach: Eine gesetzliche Limitierung von Bargeldzahlungen rechtfertige nicht den Eingriff in die Freiheiten und Rechte von Bürgern. Bevor man dies tue, sollten zunächst die bestehenden Instrumente zur Verhinderung von Geldwäsche effektiv genutzt werden. Dies könne nur durch die Stärkung der Aufsichtsbehörden und ihrer Zusammenarbeit mit den Verpflichteten erreicht werden. Hier weist die europäische Initiative zur Schaffung einer Aufsichtsbehörde in die richtige Richtung.

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