Weit entfernt von der nächsten Siedlung und kein Personal vor Ort – viele energietechnische Anlagen sind „lohnende“ Ziele für Angreifer. Typische Beispiele sind Solarparks, Transformator-stationen oder Hochspannungs-trassen. Gerade, wenn es nicht um klassische Hochsicherheits-objekte geht, werden wirksame Sicherheitsmaßnahmen meist erst nach Schadensfällen ergriffen.
In Brandenburg gab es allein 2012 mehr als 60 Angriffe auf Solarparks. Bei bandenmäßig organisierten Diebstählen wurden in Einzelfällen bis zu 450 Module entwendet. Für den Abtransport waren mehrere Kleintransporter nötig, Videoaufnahmen zeigen bis zu zwölf Täter. 2013 gelang es der eigens gebildeten „Soko Sonne“, einen Teil der Diebstähle in grenzüberschreitender Zusammenarbeit mit der polnischen Polizei aufzuklären. Ähnliche Erfahrungen gibt es im gesamten Bundesgebiet.
Nicht nur Zäune
Angesichts der Größe der Areale ist eine Prävention nicht alleine über den Perimeterschutz zu leisten. Bereits 2007 hat das bayerische Landeskriminalamt in seinen Sicherungsempfehlungen für Photovoltaikanlagen einen ganzen Maßnahmenkatalog zusammengestellt:
- schwer lösbare Befestigung von Anlagenteilen (zum Beispiel mechanisch kodierte Schrauben, Einwegantriebe etc.)
- Wechselrichter und Anlagentechnik in geschlossenen Gebäuden mit mechanischer Sicherung von Türen, Fenstern, Lichtschächten etc.
- massive Einfahrtstore und Barrieren schon an den Zufahrtswegen, um den einfachen Abtransport zu erschweren
- Überwachungsanlagen (Einbruchmeldeanlage für Technikräume, gegebenenfalls Videoüberwachung)
- individuelle, schwer entfernbare Kennzeichnung der Module/Anlagenteile, um Diebesgut eindeutig identifizieren zu können.
Für den Perimeter gilt: Einfache Maschendraht- oder Wildzäune haben praktisch keine Schutzwirkung. Auch die Versicherer schreiben als Geländesicherung mittlerweile stabile Gittermattenzäune mit Übersteigschutz vor. Um diese Anforderung bei Perimeterstrecken von mehreren Kilometern wirtschaftlich erfüllen zu können, werden bei Solarparks häufig Zaunanlagen mit drei Meter breiten Gittermatten eingesetzt, wie etwa das System Nylofor 3D Pro XL von Betafence. Durch die größeren Pfostenabstände lassen sich bis zu 20 Prozent Material und Montageaufwand für die Pfosten einsparen. In den meisten Fällen ist die Zaunanlage in zwei oder 2,20 Metern Höhe ausgeführt, mit verlängerten Pfosten und zwei Reihen Stacheldraht als Übersteigschutz.
Schutz gegen Sabotage
Wenn es um gewaltsame Sabotage geht, lohnt sich ein Blick auf Erfahrungen im Ausland. In Kalifornien wurde 2013 eine Transformatorenstation Ziel einer Schusswaffenattacke. Das Ergebnis: 17 zerstörte Transformatoren und ein Schaden von 15 Millionen Dollar. Der Angriff führte dazu, dass die zuständige Aufsichtsbehörde Mindeststandards für die Perimetersicherung von größeren Transformatorstationen einführte.
Neben einem äußeren Ordnungszaun soll der sicherheitskritische Teil des Geländes durch eine Hochsicherheitszaunanlage mit hohem Widerstandswert gesichert werden, um bei Angriffen Zeit für Interventionsmaßnahmen zu gewinnen. In einer Überwachungszone werden Bewegungen per Mikrowellen-, Infrarot- oder Bodentrittschallsensoren detektiert. Im Alarmfall kann das Sicherheitspersonal Ereignisse per aufgeschalteter Videoüberwachung verifizieren und Angreifer mit PTZ-Kameras verfolgen. Nachdem bei dem Angriff 2013 ein Fiberglaskabel durchtrennt und damit das Alarmszenario sabotiert wurde, setzt man heute zwischen Objekt und Sicherheitszentrale auf eine redundante Kommunikation über mehrere Kanäle.
Sowohl das Ausmaß des Schadens wie auch die Sicherheitsmaßnahmen bestätigen, welche Dimension die Gefährdung von energietechnischen Anlagen haben kann. Egal ob Transformatorenstation, Kraftwerk oder Solarpark – es gilt, das Bedrohungspotenzial im konkreten Fall zu analysieren und eine angemessene Sicherung mit organisatorischen und technischen Mitteln zu realisieren.
Für Abschreckung und Intervention macht es einen erheblichen Unterschied, ob der Angreifer nur wenige Sekunden oder etliche Minuten aufgehalten wird. Eine ganze Reihe von Faktoren bestimmen den Widerstandswert der mechanischen Perimetersicherung:
Zaunhöhe
Zauntyp (Geflecht, punktgeschweißt, Gittermatte)
Drahtstärke
- Maschung (Maschenweite, Maschenrichtung)
- Angriffspunkte zum Übersteigen (Querdrähte, Profilierungen)
- Befestigung (durchgehende Abdeckleisten, abrisssichere Muttern)
- Übersteigschutz (wie zum Beispiel Ausleger)
Unterkriechschutz
Am häufigsten ausgeschrieben werden Doppelstab-Gittermattenzäune. Allerdings gibt es hier beträchtliche Unterschiede: Eine leichte Ausführung mit 6/5/6 Millimeter Drahtstärke und Klemmbefestigung ist erheblich schneller überwunden als Matten mit 8/6/8 Millimeter Drahtstärke, durchgehender Abdeckleiste und abrisssicheren Muttern.
Alternative zum Doppelstab
Nur unwesentlich teurer, dafür aber stabiler und schwerer zu überwinden sind Flachstabgittermatten. Hier dienen nicht zwei horizontale Drähte, sondern ein starkes Flacheisen als Querverstrebung. Es ist mit einem normalen Bolzenschneider praktisch nicht zu durchtrennen und bietet auf der Abwehrseite keinen Angriffspunkt für Übersteigversuche. Außerdem lassen sich Flachstabmatten in rationeller Endlosmontage mit flexiblen Hochsicherheitszaun mit besonders enger Maschung und Spezialpfosten.
Pfostenabständen optimal an das Gelände anpassen. Für die wirtschaftliche Absicherung von großen Arealen eignen sich profilierte Zaunsysteme. Sie haben meist eine geringere Drahtstärke und nur einseitige Querverstrebungen, bieten durch die Profilierung aber ausreichende Stabilität. Besonders wirtschaftlich sind Systeme mit drei Meter breiten Gitter- matten, die durch den größeren Pfosten- abstand rund 15 bis 20 Prozent Material- und Montageaufwand einsparen.
Hochsicherheitszäune
Eine nachhaltige Verzögerung von Überwindungsversuchen erreichen nur Zäune mit speziell konstruierten Sicherheitsmerkmalen. Ein Beispiel ist das System Securifor von Betafence. Die geringe Maschenweite von nur 76,2 mal 12,7 Millimeter verhindert sowohl das Überklettern wie auch das Ansetzen von Werkzeugen zum Durchtrennen. Bis zu 18 Minuten hält das System Überwindungsversuchen Stand. Der Zaun ist durch die horizontale Anordnung der Maschen sehr transparent und eignet sich auch für die Kombination mit Videoüberwachung. Aufgrund der deutlich höheren Kosten werden solche Zaunsysteme jedoch meist nur bei kürzeren Perimeterabschnitten mit besonderem Bedrohungspotenzial eingesetzt.
Jochen Krings, Fachautor und Kommunikationsberater für den Bereich Sicherheit und Bau