Exklusive Informationen aus erster Hand zu den aktuellen Sicherheitsthemen: Über 100 Sicherheitsexperten aus Politik, Wirtschaft und Behörden trafen sich zur 10. BVSW Wintertagung im Arabella Alpenhotel am Spitzingsee.
Nach einem Jahr Pause wieder Spitzingsee
Krieg in der Ukraine, steigende Energiepreise, Cyberattacken auf Unternehmen und Kritische Infrastrukturen sowie die noch immer präsente Coronapandemie: Die Themenpalette der diesjährigen BVSW Wintertagung bot Einblicke in alle derzeitigen Entwicklungen, die Auswirkungen auf die Sicherheitslage deutscher Unternehmen haben. „Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse freuen wir uns, dass es uns gelungen ist, so viele hochrangige Experten zusammenzubringen, die unsere Gäste mit exklusiven Informationen versorgen konnten“, so BVSW-Geschäftsführerin Caroline Eder. „Nach einem Jahr Pause war es ganz besonders wichtig, sich wieder persönlich zu treffen und auszutauschen. Die überwältigend positive Resonanz unserer Teilnehmer bestätigt, wie erfolgreich die Tagung gelaufen ist.“
Zum Einstieg in die Veranstaltung präsentierte Dr. med. Michael Weinlich die Faktenlage zur Coronapandemie. Der Arzt und Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Med Con Team hatte seit dem ersten Ausbruch des Coronavirus in Europa vielen Unternehmen bei der Bewältigung der Krise zur Seite gestanden. Das wirksamste Mittel zur Eindämmung von Covid-19 war laut seinen Ausführungen bislang die Impfung, während andere Maßnahmen, wie beispielsweise Ausgangsbeschränkungen, einen deutlich geringeren Effekt erzielt hätten.
10. BVSW Wintertagung mit breiter Themenpalette
Die Pandemie hatte auch Auswirkungen auf die Kriminalitätsbelastung in Bayern, wie Landespolizeipräsident a.D. Prof. Dr. Wilhelm Schmidbauer im anschließenden Vortrag darlegte. So sei die Kriminalitätsrate in Bayern so niedrig wie seit 20 Jahren nicht mehr, allerdings hätte sich eine deutliche Verlagerung krimineller Aktivitäten in den digitalen Raum beobachten lassen. Besonders stark zugenommen hätten dabei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, zu denen auch die Kinderpornografie gehöre. Hier sei es für die Polizei schwer zu ermitteln, ob es sich um einen aktuellen Missbrauch handle, bei dem unmittelbar eingegriffen werden müsse. Prof. Dr. Schmidbauer forderte in diesem Zusammenhang weitere Befugnisse für die Behörden, insbesondere die Herausgabe der IP-Adresse durch die Provider. Ohne dieses Mittel bleibe eine wirksame Verbrechensbekämpfung im Internet schwierig.
Der zweite Kongresstag startete mit Dr. Benedikt Franke, der Einblicke in die diesjährige Münchner Sicherheitskonferenz bot. So war 2022 die erste Sicherheitskonferenz ohne russische Delegation, gleichzeitig präsentierten sich die europäischen Staaten beeindruckend geschlossen hinsichtlich ihrer Haltung gegenüber Russland. Laut Dr. Franke hätte Russland beispielsweise nicht damit gerechnet, von Swift ausgeschlossen zu werden.
Vor welchen Herausforderungen und Risiken die deutsche Außen-, Außenwirtschafts- und Sicherheitspolitik steht, erklärte Prof. Dr. Günther Schmid. Die größte Hypothek für die neue Berliner Regierungskoalition sieht der Professor (em.) für internationale Politik und Sicherheit in dem Verlust nahezu jeglicher Bedrohungswahrnehmung seit dem Ende des Ost-/West-Konflikts. Der sich abzeichnende Wettbewerb der Herrschaftsordnungen („Jalta“ contra „Helsinki“) und der sich intensivierende Wettlauf der Systeme werde auf den zentralen Konkurrenzfeldern der Geopolitik, Geoökonomie und Geotechnopolitik ausgetragen und entschieden.
Kommunizieren in der Krise
Dass Unternehmen Krisen besser überstehen, wenn sie darauf vorbereitet sind, zeigten Ursula Kafka und Susanne Sothmann in ihrem Vortrag über Krisenkommunikation. Die beiden Geschäftsführerinnen der PR-Agentur Kafka Communications erklärten, wie Unternehmen im Fall einer Cyberattacke mit ihren Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern kommunizieren, damit das Unternehmensimage keinen Schaden davonträgt.
Zum Abschluss des zweiten Kongresstages war Prof. Klaus Josef Lutz geladen. Der Vorstandsvorsitzende der Baywa AG und Honorarprofessor an der TU München referierte über die Top-Lehren aus der Coronapandemie und wie aus der Krise eine Chance werden kann. Zentraler Punkt ist für ihn in diesem Zusammenhang eine schnellere Digitalisierung und eine gute Zusammenarbeit von Wirtschaft und Behörden. Im Anschluss an den Vortrag fand eine Diskussionsrunde statt, an der Prof. Lutz und Dr. Michael Weinlich teilnahmen, ebenso wie der Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands für den Schutz kritischer Infrastrukturen, Holger Berens, und der Geschäftsführer Area Süd Securitas GmbH, Werner Landstorfer.
Der Abschlusstag der Wintertagung startete mit dem Thema Cybersicherheit. Hans-Wilhelm Dünn, Präsident bei Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V., gab Einblick in die wichtigsten digitalen Bedrohungen für die deutsche Wirtschaft. Dabei liegen Ransomware-Attacken an erster Stelle. Vermehrt ließen sich aber auch Angriffe auf die Kritischen Infrastrukturen beobachten, und es sei nicht auszuschließen, dass diese in Zusammenhang mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine stünden.
Wie Reagieren bei Ransomware-Angriff?
Auch an dieses Thema schloss eine Diskussionsrunde an. Neben Dünn ergänzten die Runde Hans-Christian Witthauer Vizepräsident der Zentralen Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (Zitis), Kriminaloberrat Dieter Hausberger vom Bayerischen Landeskriminalamt sowie Oliver Schneider, Geschäftsführer der Riskworker GmbH. Moderator war Michael Emmer, Vorstand der Spacenet AG. Bei der Frage, ob bei Ransomware Lösegeld gezahlt werden soll und ob Cyberversicherungen Lösegeldzahlungen als Teil ihrer Policen anbieten dürften, gingen die Meinungen auseinander: Dünn plädierte dafür, von einer Zahlung abzusehen und Lösegeldzahlungen bei den Policen gesetzlich auszuschließen. Schneider hingegen hielt Lösegeldzahlungen für eine Option - vorausgesetzt, dass der Kontakt zu den Erpressern von einem Verhandlungsprofi gehalten wird. Auch ein Verbot der Übernahme von Lösegeldforderungen durch Versicherungen erachtete Schneider als wirkungslos, da jeder Kunde auf dem internationalen Versicherungsmarkt die für ihn passende Police finden würde. In einer Frage jedoch herrschte bei allen Panelteilnehmern Einigkeit: Im Falle einer Cyberattacke sollten sich Betroffene an die Polizei wenden. Nur so könnten Spuren gesichert und Vorfälle aufgeklärt werden.
Den krönenden Abschluss der Wintertagung setzte Prof. Dr. Dr. Bruno Ehrmaier. Der Professor für Umweltingenieurwesen, Elektrotechnik und Erneuerbare Energien an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf zeigte, wie sich der gesamte Energiebedarf Deutschlands über erneuerbare Energien decken ließe. Die aktuelle Situation zeige, wie dringend das Thema sei. Laut Ehrmaier seien die Industriestaaten beim Import von fossilen Energien wie Erdgas aus dem Osten in ein Abhängigkeitsverhältnis gelangt, das die Sicherheit der Energieversorgung aufs Höchste gefährde.
Nächster Sicherheitsgipfel bereits terminiert
„Neben den spannenden Vorträgen bot die BVSW Wintertagung wieder reichlich Gelegenheit zum Netzwerken“, so Eder. „Für unser Team ist nach der Wintertagung gleich vor der Wintertagung. Die Planungen für das nächste Jahr laufen bereits.“
Die 11. BVSW Wintertagung findet nächstes Jahr vom 8. bis 10.März 2023 statt.